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Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

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Nüsse eingetragen auf den Winter, wie meiner Frau-Schwiegermutter ihr Eichhörnlein, das sie euch geschenkt hat? Man denkt doch am längsten dran, was einem in der Jugend begegnet ist."

Das geht natürlich zu, sagt der Hausfreund, man hat am längsten Zeit daran zu denken.

Der lieb Gott het zum Spötlig gseit:
"Ruum ab! sie hen jez alli g'ha."
Druf het e chüele Bergluft gweiht,
und 's het scho chleini Rife g'ha
Und d'Blättli werde gel und roth
und fallen eis im andere no
und was vom Boden obsi chunnt,
muß au zum Bode nidsi go.
Der lieb Gott het zum Winter gseit:
"Deck weidli zu, was übrig ist."
Druf het der Winter Flocke gstreut -

"Hausfreund," sagt der Adjunkt, "ihr seid ein wenig heiser. Wenn ich die Wahl hätte ein eigenes Kühlein oder ein eigener Kirschbaum, oder Nußbaum, lieber ein Baum."

Der Hausfreund sagt: "Adjunkt ihr seyd ein schlauer Gesell. Ihr denkt, wenn ich einen eigenen Baum hätte, so hätt' ich auch einen eigenen Garten, oder Acker, wo der Baum darauf steht. Eine eigene Hausthür wäre auch nicht zu verachten, aber mit einem eigenen Kühlein auf seinen vier Beinen könntet ihr übel dran seyn."

"Das ists eben", sagt der Adjunkt, "so ein Baum frißt keinen Klee und keinen Haber. Nein er trinkt still wie ein Mutterkind den nährenden Saft der Erde, und saugt reines warmes Leben aus dem Sonnenschein, und frisches aus der Luft, und schüttelt die Haare im Sturm. Auch könnte mir das Kühlein zeitlich sterben. Aber so ein Baum wartet auf Kinder und Kindeskinder mit seinen Blüthen, mit seinen Vogelnestern und mit seinem Segen. Die Bäume wären die glücklichsten Geschöpfe, meynt der Adjunkt, wenn sie wüßten, wie frey und lustig sie wohnen, wie schön sie sind im Frühling und in ihrem Christkindleinsstaat im Sommer, und alles stehen bleibt und sie betrachtet und Gott dankt, oder wenn der Wanderer ausruht in ihrem Schatten, und ein Pfeiflein Taback

Nüsse eingetragen auf den Winter, wie meiner Frau-Schwiegermutter ihr Eichhörnlein, das sie euch geschenkt hat? Man denkt doch am längsten dran, was einem in der Jugend begegnet ist.“

Das geht natürlich zu, sagt der Hausfreund, man hat am längsten Zeit daran zu denken.

Der lieb Gott het zum Spötlig gseit:
„Ruum ab! sie hen jez alli g’ha.“
Druf het e chüele Bergluft gweiht,
und ’s het scho chleini Rife g’ha
Und d’Blättli werde gel und roth
und fallen eis im andere no
und was vom Boden obsi chunnt,
muß au zum Bode nidsi go.
Der lieb Gott het zum Winter gseit:
„Deck weidli zu, was übrig ist.“
Druf het der Winter Flocke gstreut –

„Hausfreund,“ sagt der Adjunkt, „ihr seid ein wenig heiser. Wenn ich die Wahl hätte ein eigenes Kühlein oder ein eigener Kirschbaum, oder Nußbaum, lieber ein Baum.“

Der Hausfreund sagt: „Adjunkt ihr seyd ein schlauer Gesell. Ihr denkt, wenn ich einen eigenen Baum hätte, so hätt’ ich auch einen eigenen Garten, oder Acker, wo der Baum darauf steht. Eine eigene Hausthür wäre auch nicht zu verachten, aber mit einem eigenen Kühlein auf seinen vier Beinen könntet ihr übel dran seyn.“

„Das ists eben“, sagt der Adjunkt, „so ein Baum frißt keinen Klee und keinen Haber. Nein er trinkt still wie ein Mutterkind den nährenden Saft der Erde, und saugt reines warmes Leben aus dem Sonnenschein, und frisches aus der Luft, und schüttelt die Haare im Sturm. Auch könnte mir das Kühlein zeitlich sterben. Aber so ein Baum wartet auf Kinder und Kindeskinder mit seinen Blüthen, mit seinen Vogelnestern und mit seinem Segen. Die Bäume wären die glücklichsten Geschöpfe, meynt der Adjunkt, wenn sie wüßten, wie frey und lustig sie wohnen, wie schön sie sind im Frühling und in ihrem Christkindleinsstaat im Sommer, und alles stehen bleibt und sie betrachtet und Gott dankt, oder wenn der Wanderer ausruht in ihrem Schatten, und ein Pfeiflein Taback

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[290/0298] Nüsse eingetragen auf den Winter, wie meiner Frau-Schwiegermutter ihr Eichhörnlein, das sie euch geschenkt hat? Man denkt doch am längsten dran, was einem in der Jugend begegnet ist.“ Das geht natürlich zu, sagt der Hausfreund, man hat am längsten Zeit daran zu denken. Der lieb Gott het zum Spötlig gseit: „Ruum ab! sie hen jez alli g’ha.“ Druf het e chüele Bergluft gweiht, und ’s het scho chleini Rife g’ha Und d’Blättli werde gel und roth und fallen eis im andere no und was vom Boden obsi chunnt, muß au zum Bode nidsi go. Der lieb Gott het zum Winter gseit: „Deck weidli zu, was übrig ist.“ Druf het der Winter Flocke gstreut – „Hausfreund,“ sagt der Adjunkt, „ihr seid ein wenig heiser. Wenn ich die Wahl hätte ein eigenes Kühlein oder ein eigener Kirschbaum, oder Nußbaum, lieber ein Baum.“ Der Hausfreund sagt: „Adjunkt ihr seyd ein schlauer Gesell. Ihr denkt, wenn ich einen eigenen Baum hätte, so hätt’ ich auch einen eigenen Garten, oder Acker, wo der Baum darauf steht. Eine eigene Hausthür wäre auch nicht zu verachten, aber mit einem eigenen Kühlein auf seinen vier Beinen könntet ihr übel dran seyn.“ „Das ists eben“, sagt der Adjunkt, „so ein Baum frißt keinen Klee und keinen Haber. Nein er trinkt still wie ein Mutterkind den nährenden Saft der Erde, und saugt reines warmes Leben aus dem Sonnenschein, und frisches aus der Luft, und schüttelt die Haare im Sturm. Auch könnte mir das Kühlein zeitlich sterben. Aber so ein Baum wartet auf Kinder und Kindeskinder mit seinen Blüthen, mit seinen Vogelnestern und mit seinem Segen. Die Bäume wären die glücklichsten Geschöpfe, meynt der Adjunkt, wenn sie wüßten, wie frey und lustig sie wohnen, wie schön sie sind im Frühling und in ihrem Christkindleinsstaat im Sommer, und alles stehen bleibt und sie betrachtet und Gott dankt, oder wenn der Wanderer ausruht in ihrem Schatten, und ein Pfeiflein Taback

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Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/298>, abgerufen am 22.11.2024.