Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

beträgt, da die Sonne selbst 21 Millionen weit entfernt ist.

Auch ist das Licht des Abendsterns nicht immer gleich. Oft strahlt er im schönsten Glanze, oft wieder blasser, und scheint sogar kleiner zu seyn. Aber die Sternkundiger haben schon lange durch ihre Ferngläser die Ursache davon entdeckt. Die Venus hat nämlich, von der Erde aus betrachtet, ihr zu- und abnehmendes Licht wie der Mond, und dieß ist sehr begreiflich. Denn da sie eine große Kugel ist, und also nur die eine Hälfte derselben von der Sonne erleuchtet seyn kann, während es auf der andern Nacht und stockfinster ist, so kann es oft geschehen, daß sich nur die Hälfte, ja weniger, von ihrer erleuchteten Seite gegen die Erde kehrt.

Aber was noch viel merkwürdigeres haben die Sternkundiger durch die Hülfe der stärksten Ferngläser in dem Abendstern entdeckt. Er ist nähmlich so wenig als unsere Erde eine ganz glatte Kugel, und hat eben so wie sie seine Berge und Thäler, und ob er gleich etwas kleiner als sie ist, so hat er doch Berge, welche den höchsten Berg unsers Weltkörpers um das vier- bis fünffache an Höhe übertreffen, welches die Astronomen aus dem Schatten derselben mit Genauigkeit zu berechnen wissen.

O das muß ein wundersames Vergnügen seyn, mit einem solchen Fernrohre in der finstern Erden-Nacht 6 Millionen Meilen weit in eine fremde erleuchtete Welt hineinzuschauen, wenn man bedenkt, wie viel Vergnügen es schon macht, wenn wir von einem erstiegenen Berg nur in ein Thal hinüber schauen können, welches unsre Augen noch nie gesehen

beträgt, da die Sonne selbst 21 Millionen weit entfernt ist.

Auch ist das Licht des Abendsterns nicht immer gleich. Oft strahlt er im schönsten Glanze, oft wieder blasser, und scheint sogar kleiner zu seyn. Aber die Sternkundiger haben schon lange durch ihre Ferngläser die Ursache davon entdeckt. Die Venus hat nämlich, von der Erde aus betrachtet, ihr zu- und abnehmendes Licht wie der Mond, und dieß ist sehr begreiflich. Denn da sie eine große Kugel ist, und also nur die eine Hälfte derselben von der Sonne erleuchtet seyn kann, während es auf der andern Nacht und stockfinster ist, so kann es oft geschehen, daß sich nur die Hälfte, ja weniger, von ihrer erleuchteten Seite gegen die Erde kehrt.

Aber was noch viel merkwürdigeres haben die Sternkundiger durch die Hülfe der stärksten Ferngläser in dem Abendstern entdeckt. Er ist nähmlich so wenig als unsere Erde eine ganz glatte Kugel, und hat eben so wie sie seine Berge und Thäler, und ob er gleich etwas kleiner als sie ist, so hat er doch Berge, welche den höchsten Berg unsers Weltkörpers um das vier- bis fünffache an Höhe übertreffen, welches die Astronomen aus dem Schatten derselben mit Genauigkeit zu berechnen wissen.

O das muß ein wundersames Vergnügen seyn, mit einem solchen Fernrohre in der finstern Erden-Nacht 6 Millionen Meilen weit in eine fremde erleuchtete Welt hineinzuschauen, wenn man bedenkt, wie viel Vergnügen es schon macht, wenn wir von einem erstiegenen Berg nur in ein Thal hinüber schauen können, welches unsre Augen noch nie gesehen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0106" n="98"/>
beträgt, da die Sonne selbst 21 Millionen weit entfernt ist.</p>
        <p>Auch ist das Licht des Abendsterns nicht immer gleich. Oft strahlt er im schönsten Glanze, oft wieder blasser, und scheint sogar kleiner zu seyn. Aber die Sternkundiger haben schon lange durch ihre Ferngläser die Ursache davon entdeckt. Die Venus hat nämlich, von der Erde aus betrachtet, ihr zu- und abnehmendes Licht wie der Mond, und dieß ist sehr begreiflich. Denn da sie eine große Kugel ist, und also nur die eine Hälfte derselben von der Sonne erleuchtet seyn kann, während es auf der andern Nacht und stockfinster ist, so kann es oft geschehen, daß sich nur die Hälfte, ja weniger, von ihrer erleuchteten Seite gegen die Erde kehrt.</p>
        <p>Aber was noch viel merkwürdigeres haben die Sternkundiger durch die Hülfe der stärksten Ferngläser in dem Abendstern entdeckt. Er ist nähmlich so wenig als unsere Erde eine ganz glatte Kugel, und hat eben so wie sie seine Berge und Thäler, und ob er gleich etwas kleiner als sie ist, so hat er doch Berge, welche den höchsten Berg unsers Weltkörpers um das vier- bis fünffache an Höhe übertreffen, welches die Astronomen aus dem Schatten derselben mit Genauigkeit zu berechnen wissen.</p>
        <p>O das muß ein wundersames Vergnügen seyn, mit einem solchen Fernrohre in der finstern Erden-Nacht 6 Millionen Meilen weit in eine fremde erleuchtete Welt hineinzuschauen, wenn man bedenkt, wie viel Vergnügen es schon macht, wenn wir von einem erstiegenen Berg nur in ein Thal hinüber schauen können, welches unsre Augen noch nie gesehen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0106] beträgt, da die Sonne selbst 21 Millionen weit entfernt ist. Auch ist das Licht des Abendsterns nicht immer gleich. Oft strahlt er im schönsten Glanze, oft wieder blasser, und scheint sogar kleiner zu seyn. Aber die Sternkundiger haben schon lange durch ihre Ferngläser die Ursache davon entdeckt. Die Venus hat nämlich, von der Erde aus betrachtet, ihr zu- und abnehmendes Licht wie der Mond, und dieß ist sehr begreiflich. Denn da sie eine große Kugel ist, und also nur die eine Hälfte derselben von der Sonne erleuchtet seyn kann, während es auf der andern Nacht und stockfinster ist, so kann es oft geschehen, daß sich nur die Hälfte, ja weniger, von ihrer erleuchteten Seite gegen die Erde kehrt. Aber was noch viel merkwürdigeres haben die Sternkundiger durch die Hülfe der stärksten Ferngläser in dem Abendstern entdeckt. Er ist nähmlich so wenig als unsere Erde eine ganz glatte Kugel, und hat eben so wie sie seine Berge und Thäler, und ob er gleich etwas kleiner als sie ist, so hat er doch Berge, welche den höchsten Berg unsers Weltkörpers um das vier- bis fünffache an Höhe übertreffen, welches die Astronomen aus dem Schatten derselben mit Genauigkeit zu berechnen wissen. O das muß ein wundersames Vergnügen seyn, mit einem solchen Fernrohre in der finstern Erden-Nacht 6 Millionen Meilen weit in eine fremde erleuchtete Welt hineinzuschauen, wenn man bedenkt, wie viel Vergnügen es schon macht, wenn wir von einem erstiegenen Berg nur in ein Thal hinüber schauen können, welches unsre Augen noch nie gesehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-12-03T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-12-03T13:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-12-03T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/106
Zitationshilfe: Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/106>, abgerufen am 27.12.2024.