Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.denn man sieht doch, wohin das Amüsement-Princip denn man ſieht doch, wohin das Amüſement-Princip <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0044" n="XXIV"/> denn man ſieht doch, wohin das Amüſement-Princip<lb/> führt, aber das Sach-Verhältniß iſt dieß. <hi rendition="#g">Eine<lb/> Dichtung, die ſich für eine dramatiſche<lb/> giebt, muß darſtellbar ſeyn</hi>, jedoch nur des-<lb/> halb, weil, was der <hi rendition="#g">Künſtler</hi> nicht <hi rendition="#g">darzuſtellen<lb/> vermag</hi>, von dem <hi rendition="#g">Dichter</hi> ſelbſt <hi rendition="#g">nicht darge-<lb/> ſtellt wurde</hi>, ſondern <hi rendition="#g">Embryo</hi> und <hi rendition="#g">Gedanken-<lb/> Schemen</hi> blieb. Darſtellbar iſt nun nur das <hi rendition="#g">Han-<lb/> deln</hi>, nicht das <hi rendition="#g">Denken</hi> und <hi rendition="#g">Empfinden</hi>; Gedanken<lb/> und Empfindungen gehören alſo nicht <hi rendition="#g">an</hi> ſich, ſon-<lb/> dern immer nur ſo weit, als ſie ſich unmittelbar<lb/> zur Handlung umbilden, in’s Drama hinein; dage-<lb/> gen ſind aber auch Handlungen keine Handlungen,<lb/> wenigſtens keine dramatiſche, wenn ſie ſich ohne die<lb/> ſie vorbereitenden Gedanken und die ſie begleitenden<lb/> Empfindungen, in nackter Abgeriſſenheit, wie Natur-<lb/> Vorfälle, hinſtellen, ſonſt wäre ein ſtillſchweigend<lb/> gezogener Degen der Höhepunct aller Action. Auch<lb/> iſt nicht zu überſehen, daß die <hi rendition="#g">Kluft</hi> zwiſchen Han-<lb/> deln und Leiden <hi rendition="#g">keineswegs ſo groß iſt</hi>, als<lb/> die <hi rendition="#g">Sprache</hi> ſie macht, denn alles Handeln löſ’t<lb/> ſich dem Schickſal, d. h. dem Welt-Willen gegen-<lb/> über, in ein Leiden auf, und gerade dies wird in<lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [XXIV/0044]
denn man ſieht doch, wohin das Amüſement-Princip
führt, aber das Sach-Verhältniß iſt dieß. Eine
Dichtung, die ſich für eine dramatiſche
giebt, muß darſtellbar ſeyn, jedoch nur des-
halb, weil, was der Künſtler nicht darzuſtellen
vermag, von dem Dichter ſelbſt nicht darge-
ſtellt wurde, ſondern Embryo und Gedanken-
Schemen blieb. Darſtellbar iſt nun nur das Han-
deln, nicht das Denken und Empfinden; Gedanken
und Empfindungen gehören alſo nicht an ſich, ſon-
dern immer nur ſo weit, als ſie ſich unmittelbar
zur Handlung umbilden, in’s Drama hinein; dage-
gen ſind aber auch Handlungen keine Handlungen,
wenigſtens keine dramatiſche, wenn ſie ſich ohne die
ſie vorbereitenden Gedanken und die ſie begleitenden
Empfindungen, in nackter Abgeriſſenheit, wie Natur-
Vorfälle, hinſtellen, ſonſt wäre ein ſtillſchweigend
gezogener Degen der Höhepunct aller Action. Auch
iſt nicht zu überſehen, daß die Kluft zwiſchen Han-
deln und Leiden keineswegs ſo groß iſt, als
die Sprache ſie macht, denn alles Handeln löſ’t
ſich dem Schickſal, d. h. dem Welt-Willen gegen-
über, in ein Leiden auf, und gerade dies wird in
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