Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844. Mutter. (zu Meister Anton) Vergebe Dir Gott dies Wort! Meister Anton. Du hast recht, es war ein nichtswürdiger Gedanke! Mutter. Gegen Deinen Sohn, das muß ich Dir sagen, bist Du nur ein halber Vater. Meister Anton. Frau, wir wollen heute nicht darüber sprechen! Mutter. Er ist anders, als Du, muß er darum gleich schlecht seyn? Meister Anton. Wo bleibt er denn jetzt? Die Mittagsglocke hat längst geschlagen, ich wette, daß das Essen draußen verkocht und verbrät, weil Klara heimliche Ordre hat, den Tisch nicht zu decken, bevor er da ist. Mutter. Wo sollt' er bleiben? Höchstens wird er Kegel schieben, und da muß er ja die entfernteste Bahn aufsuchen, damit Du ihn nicht entdeckst. Dann ist Mutter. (zu Meiſter Anton) Vergebe Dir Gott dies Wort! Meiſter Anton. Du haſt recht, es war ein nichtswürdiger Gedanke! Mutter. Gegen Deinen Sohn, das muß ich Dir ſagen, biſt Du nur ein halber Vater. Meiſter Anton. Frau, wir wollen heute nicht darüber ſprechen! Mutter. Er iſt anders, als Du, muß er darum gleich ſchlecht ſeyn? Meiſter Anton. Wo bleibt er denn jetzt? Die Mittagsglocke hat längſt geſchlagen, ich wette, daß das Eſſen draußen verkocht und verbrät, weil Klara heimliche Ordre hat, den Tiſch nicht zu decken, bevor er da iſt. Mutter. Wo ſollt’ er bleiben? Höchſtens wird er Kegel ſchieben, und da muß er ja die entfernteſte Bahn aufſuchen, damit Du ihn nicht entdeckſt. Dann iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0116" n="48"/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <stage>(zu Meiſter Anton)</stage> <p>Vergebe Dir Gott dies Wort!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Du haſt recht, es war ein nichtswürdiger Gedanke!</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Gegen Deinen Sohn, das muß ich Dir ſagen,<lb/> biſt Du nur ein halber Vater.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Frau, wir wollen heute nicht darüber ſprechen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Er iſt anders, als Du, muß er darum gleich<lb/> ſchlecht ſeyn?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANTON"> <speaker><hi rendition="#g">Meiſter Anton</hi>.</speaker><lb/> <p>Wo bleibt er denn jetzt? Die Mittagsglocke hat<lb/> längſt geſchlagen, ich wette, daß das Eſſen draußen<lb/> verkocht und verbrät, weil Klara heimliche Ordre hat,<lb/> den Tiſch nicht zu decken, bevor er da iſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#MUTTER"> <speaker><hi rendition="#g">Mutter</hi>.</speaker><lb/> <p>Wo ſollt’ er bleiben? Höchſtens wird er Kegel<lb/> ſchieben, und da muß er ja die entfernteſte Bahn<lb/> aufſuchen, damit Du ihn nicht entdeckſt. Dann iſt<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0116]
Mutter.
(zu Meiſter Anton) Vergebe Dir Gott dies Wort!
Meiſter Anton.
Du haſt recht, es war ein nichtswürdiger Gedanke!
Mutter.
Gegen Deinen Sohn, das muß ich Dir ſagen,
biſt Du nur ein halber Vater.
Meiſter Anton.
Frau, wir wollen heute nicht darüber ſprechen!
Mutter.
Er iſt anders, als Du, muß er darum gleich
ſchlecht ſeyn?
Meiſter Anton.
Wo bleibt er denn jetzt? Die Mittagsglocke hat
längſt geſchlagen, ich wette, daß das Eſſen draußen
verkocht und verbrät, weil Klara heimliche Ordre hat,
den Tiſch nicht zu decken, bevor er da iſt.
Mutter.
Wo ſollt’ er bleiben? Höchſtens wird er Kegel
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Zitationshilfe: | Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/116>, abgerufen am 28.07.2024. |