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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 28, 18. Februar 1801.

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[Spaltenumbruch] berief sich der Herr von Bernstorff, der würdig ist,
die Ehre seines Namens zu behaupten, in einer Note
voller Achtung, aber voller Entschlossenheit, auf die
von allen Publicisten anerkannten und durch das Völ-
kerrecht geheiligten Grundsätze. Vergebens stellte er
dem Cabinett von St. James vor, daß die kriegfüh-
renden Mächte kein Recht haben, die Schiffe der neu-
tralen Mächte zu visitiren, wenn sie unter Convoy
gehen; das Cabinett von St. James antwortete nur
durch Drohungen: sein Ambassadeur, Lord Whitworth,
sparte keine Beleidigung und die Brittischen Kanonen,
die schon gegen die Forts von Copenhagen gerichtet
waren, schwiegen nur in der Ostsee, um nicht den Hof
von St. Petersburg zu alarmiren, dessen Gesinnungen
damals noch unbekannt waren."

"Allein Rußland konnte es nicht mit Gleichgültig-
keit ansehen, daß befreundete Flaggen auf Meeren be-
leidigt würden, die seinem Schutze anvertrauet sind,
und die die ersten Flotten Peters des Großen getra-
gen haben. Rußland ist dazu gemacht, um im Norden
die Stelle einzunehmen, welche Frankreich im Süden
einnehmen wird. Rußland muß daselbst die Seele
aller edelmüthigen Unternehmungen seyn, und wird un-
fehlbar künftig seine große Bestimmung erfüllen. Der
Charakter seines Kaysers ist Bürge dafür."

"Paul I. ist derjenige Souverain, welcher in den
jetzigen Zeiten beständig den Grundsätzen einer groß-
müthigen und uneigennützigen Politik gefolgt ist. Alles
ist in seinem Betragen bieder und edel gewesen. Als
er sich gegen Frankreich bewass[n]ete, stand selbiges un-
ter einem unterdrückenden und verachteten Gouverne-
ment. Der Held, der selbiges jetzt mit Ruhm erfüllt
und mit seinem Genie beschützt, war aus selbigem ent-
fernt; aber nach seiner Zurückkunft änderten sich die
Sachen, und Gerechtigkeit und Würde leiten die
Schritte des Rußischen Souverains."

"Holland ward von den vereinigten Armeen von
England und Rußland angegriffen. Wären bey dieser
Expedition bloß Russen gebraucht worden, so würde
der Sieg zwischen Widersacher, die würdig waren, sich
mit einander zu messen, lange zweifelhaft geblieben
seyn. 1500 Russen waren in Holland zu Gefangnen
gemacht. Der erste Consul wollte sie gegen eben so
viele in England befindliche gefangene Franzosen aus-
wechseln. Das hieß Tapferkeit gegen Tapferkeit aus-
wechseln. England verwarf diesen Vorschlag, und der
erste Consul sah bloß, wie Paul I, auf Ehre und schickt
ihm seine Braven zurück, um Jhm ein Zeugniß seiner
vorzüglichen Hochachtung zu geben."

"Alle Aufopferungen Rußlands erforderten wenig-
stens eine Entschädigung. Maltha sollte dazu die-
nen. Maltha ist erobert und die Engländer verlangen
dem Besitz desselben. So gehorchen also den Englän-
dern das Mittelländische Meer und der Ocean zugleich,
und hätte das Eis der Ostsee ihre Flotten nicht aufge-
halten, so würde jetzt der Sund, so wie die Straße
von Gibraltar, von ihnen nach Willkühr offen oder
geschloffen seyn."

"Nie wurden die Seemächte durch eine größere Ge-
fahr zu einer gemeinschaftlichen Vertheidigung einge-
laden, als jetzt. Die 3 Nordischen Staaten, welche
die bewaffnete Neutralität unterzeichneten, haben da-
durch einen Beweis ihres Muths und ihrer Weisheit
abgelegt. Diese bewaffnete Neutralität ist keine feind-
[Spaltenumbruch] liche Herausforderung. Jhr Zweck ist Vertheidigung
und nicht Angriff."

"England antwortet durch eine Kriegs-Declaration
auf diese gar nicht kriegerische Maaßregeln, welche auf
Neutralen genommen haben; es legt Embargo auf
die Schiffe zweyer Mächte, die nie dazu Anlaß gege-
ben haben. Schon haben die Admirals Nelson und
Parker Befehl, der Rache ihres Gouvernements zu
dienen. Schon wird eine geheime Expedition gegen
die Dänischen Colonien ausgerüstet."

"Europa hat keinen Augenblick Zeit zu verliehren.
Es muß die beyden großen Lehrmeister der Nationen,
das Jnteresse und die Erfahrung, um Rath fragen.
Sie werden ihm sagen, daß es sich conförderiren muß,
um seine noch übrige Handlung und See-Unabhängig-
keit zu vertheidigen."

"Die Souverainetät der Meere ist nur ein Traum
des Stolzes und Wahnsinnes. Das Meer gehört
allen, da es ohne die Arbeit des Menschen für alle
groß genug ist. Es ist nur ein Weg der Communica-
tion zwischen den verschiedenen Theilen der Welt.
Das sind die Grundsätze des Rechts der Natur."

"Die Völker des festen Landes haben ihre Gränzen,
die sie nicht ohne Gefahr überschreiten können. Gehen
sie darüber weg, so schwächen sie sich. Die Natur,
welche stärker als ihr Ehrgeiz ist, führt sie, nach allen
ihren Bemühungen, zwischen die Flüsse, Meere und
Gebürge wieder zurück, die sie ihnen zu Gränzen hat
anweisen wollen. Auch können sie nicht kämpfen, ohne
sich gegenseitig zu erschöpfe[n]; und ihre Siege entkräf-
ten sie eben so gut, wie ihre Niederlagen. Unglück
und Vortheile befehlen auf beyden Seiten früh oder
spät den Landmächten, nach ihrem Streite sich wieder
zu nähern; oder ein Jnseln bewohnendes Volk fühlt
kein solches Bedürfniß; es bereichert sich durch den
Verlust aller übrigen, gründet den Flor seines Handels
auf dem Ruin des fremden Commerzes, und wünscht
sich zu seiner Ruhe, mitten im allgemeinen Umsturz,
Glück."

"Man sagt zuweilen, daß Engländ in einem er-
schöpften Zustande sey: aber diese Jnsulaner haben un-
erschöpfliche Quellen in ihren Orientalischen Besitzun-
gen, und die Ressourcen und Subsidien, die sie aus
diesem unermeßlichen Eigenthum ziehen, sind so ansehn-
lich, daß die Englisch-Ostindische Compagnie nicht hin-
reichend ist, sie in England einzuführen. Man muß sie
also früher oder später in diesem Centro ihrer Reich-
thümer und ihrer wahren Macht zu schwächen suchen."

"Dieser große Zweck könnte erreicht werden, wenn
einst Aegypten allen Europäischen Völkern den Han-
delsweg der alten Welt wieder eröffnete. Dann wür-
den die Reichthümer Jndiens ihr gemeinschaftlicher
Antheil seyn; aber England widersetzt sich diesem
großen Project und sucht noch einen neuern Zuwachs
in der Eroberung Aegyptens. Sollte die Expedition
von Sir Abercromby einen glücklichen Fortgang ha-
ben, so würden Handlung und Gewässer auf immer
Sclaven seyn."

"Europa ist also bey dem Aufenthalt der Franzo-
sen in Aegypten intereßirt. Jndessen kann der Engli-
schen Macht durch eine Maaßregel Einhalt gethan
werden, die darin besteht, daß man die Engländer, die
alles ausschließendes Weise verkaufen wollen, diese Ge-
legenheit auf einige Zeit abschneidet. Mögen sie alle

[Spaltenumbruch] berief ſich der Herr von Bernſtorff, der wuͤrdig iſt,
die Ehre ſeines Namens zu behaupten, in einer Note
voller Achtung, aber voller Entſchloſſenheit, auf die
von allen Publiciſten anerkannten und durch das Voͤl-
kerrecht geheiligten Grundſaͤtze. Vergebens ſtellte er
dem Cabinett von St. James vor, daß die kriegfuͤh-
renden Maͤchte kein Recht haben, die Schiffe der neu-
tralen Maͤchte zu viſitiren, wenn ſie unter Convoy
gehen; das Cabinett von St. James antwortete nur
durch Drohungen: ſein Ambaſſadeur, Lord Whitworth,
ſparte keine Beleidigung und die Brittiſchen Kanonen,
die ſchon gegen die Forts von Copenhagen gerichtet
waren, ſchwiegen nur in der Oſtſee, um nicht den Hof
von St. Petersburg zu alarmiren, deſſen Geſinnungen
damals noch unbekannt waren.”

“Allein Rußland konnte es nicht mit Gleichguͤltig-
keit anſehen, daß befreundete Flaggen auf Meeren be-
leidigt wuͤrden, die ſeinem Schutze anvertrauet ſind,
und die die erſten Flotten Peters des Großen getra-
gen haben. Rußland iſt dazu gemacht, um im Norden
die Stelle einzunehmen, welche Frankreich im Suͤden
einnehmen wird. Rußland muß daſelbſt die Seele
aller edelmuͤthigen Unternehmungen ſeyn, und wird un-
fehlbar kuͤnftig ſeine große Beſtimmung erfuͤllen. Der
Charakter ſeines Kayſers iſt Buͤrge dafuͤr.”

Paul I. iſt derjenige Souverain, welcher in den
jetzigen Zeiten beſtaͤndig den Grundſaͤtzen einer groß-
muͤthigen und uneigennuͤtzigen Politik gefolgt iſt. Alles
iſt in ſeinem Betragen bieder und edel geweſen. Als
er ſich gegen Frankreich bewaſſ[n]ete, ſtand ſelbiges un-
ter einem unterdruͤckenden und verachteten Gouverne-
ment. Der Held, der ſelbiges jetzt mit Ruhm erfuͤllt
und mit ſeinem Genie beſchuͤtzt, war aus ſelbigem ent-
fernt; aber nach ſeiner Zuruͤckkunft aͤnderten ſich die
Sachen, und Gerechtigkeit und Wuͤrde leiten die
Schritte des Rußiſchen Souverains.”

Holland ward von den vereinigten Armeen von
England und Rußland angegriffen. Waͤren bey dieſer
Expedition bloß Ruſſen gebraucht worden, ſo wuͤrde
der Sieg zwiſchen Widerſacher, die wuͤrdig waren, ſich
mit einander zu meſſen, lange zweifelhaft geblieben
ſeyn. 1500 Ruſſen waren in Holland zu Gefangnen
gemacht. Der erſte Conſul wollte ſie gegen eben ſo
viele in England befindliche gefangene Franzoſen aus-
wechſeln. Das hieß Tapferkeit gegen Tapferkeit aus-
wechſeln. England verwarf dieſen Vorſchlag, und der
erſte Conſul ſah bloß, wie Paul I, auf Ehre und ſchickt
ihm ſeine Braven zuruͤck, um Jhm ein Zeugniß ſeiner
vorzuͤglichen Hochachtung zu geben.”

“Alle Aufopferungen Rußlands erforderten wenig-
ſtens eine Entſchaͤdigung. Maltha ſollte dazu die-
nen. Maltha iſt erobert und die Englaͤnder verlangen
dem Beſitz deſſelben. So gehorchen alſo den Englaͤn-
dern das Mittellaͤndiſche Meer und der Ocean zugleich,
und haͤtte das Eis der Oſtſee ihre Flotten nicht aufge-
halten, ſo wuͤrde jetzt der Sund, ſo wie die Straße
von Gibraltar, von ihnen nach Willkuͤhr offen oder
geſchloffen ſeyn.”

“Nie wurden die Seemaͤchte durch eine groͤßere Ge-
fahr zu einer gemeinſchaftlichen Vertheidigung einge-
laden, als jetzt. Die 3 Nordiſchen Staaten, welche
die bewaffnete Neutralitaͤt unterzeichneten, haben da-
durch einen Beweis ihres Muths und ihrer Weisheit
abgelegt. Dieſe bewaffnete Neutralitaͤt iſt keine feind-
[Spaltenumbruch] liche Herausforderung. Jhr Zweck iſt Vertheidigung
und nicht Angriff.”

“England antwortet durch eine Kriegs-Declaration
auf dieſe gar nicht kriegeriſche Maaßregeln, welche auf
Neutralen genommen haben; es legt Embargo auf
die Schiffe zweyer Maͤchte, die nie dazu Anlaß gege-
ben haben. Schon haben die Admirals Nelſon und
Parker Befehl, der Rache ihres Gouvernements zu
dienen. Schon wird eine geheime Expedition gegen
die Daͤniſchen Colonien ausgeruͤſtet.”

“Europa hat keinen Augenblick Zeit zu verliehren.
Es muß die beyden großen Lehrmeiſter der Nationen,
das Jntereſſe und die Erfahrung, um Rath fragen.
Sie werden ihm ſagen, daß es ſich confoͤrderiren muß,
um ſeine noch uͤbrige Handlung und See-Unabhaͤngig-
keit zu vertheidigen.”

“Die Souverainetaͤt der Meere iſt nur ein Traum
des Stolzes und Wahnſinnes. Das Meer gehoͤrt
allen, da es ohne die Arbeit des Menſchen fuͤr alle
groß genug iſt. Es iſt nur ein Weg der Communica-
tion zwiſchen den verſchiedenen Theilen der Welt.
Das ſind die Grundſaͤtze des Rechts der Natur.”

“Die Voͤlker des feſten Landes haben ihre Graͤnzen,
die ſie nicht ohne Gefahr uͤberſchreiten koͤnnen. Gehen
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ten ſie eben ſo gut, wie ihre Niederlagen. Ungluͤck
und Vortheile befehlen auf beyden Seiten fruͤh oder
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kein ſolches Beduͤrfniß; es bereichert ſich durch den
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auf dem Ruin des fremden Commerzes, und wuͤnſcht
ſich zu ſeiner Ruhe, mitten im allgemeinen Umſturz,
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“Man ſagt zuweilen, daß Englaͤnd in einem er-
ſchoͤpften Zuſtande ſey: aber dieſe Jnſulaner haben un-
erſchoͤpfliche Quellen in ihren Orientaliſchen Beſitzun-
gen, und die Reſſourcen und Subſidien, die ſie aus
dieſem unermeßlichen Eigenthum ziehen, ſind ſo anſehn-
lich, daß die Engliſch-Oſtindiſche Compagnie nicht hin-
reichend iſt, ſie in England einzufuͤhren. Man muß ſie
alſo fruͤher oder ſpaͤter in dieſem Centro ihrer Reich-
thuͤmer und ihrer wahren Macht zu ſchwaͤchen ſuchen.”

“Dieſer große Zweck koͤnnte erreicht werden, wenn
einſt Aegypten allen Europaͤiſchen Voͤlkern den Han-
delsweg der alten Welt wieder eroͤffnete. Dann wuͤr-
den die Reichthuͤmer Jndiens ihr gemeinſchaftlicher
Antheil ſeyn; aber England widerſetzt ſich dieſem
großen Project und ſucht noch einen neuern Zuwachs
in der Eroberung Aegyptens. Sollte die Expedition
von Sir Abercromby einen gluͤcklichen Fortgang ha-
ben, ſo wuͤrden Handlung und Gewaͤſſer auf immer
Sclaven ſeyn.”

“Europa iſt alſo bey dem Aufenthalt der Franzo-
ſen in Aegypten intereßirt. Jndeſſen kann der Engli-
ſchen Macht durch eine Maaßregel Einhalt gethan
werden, die darin beſteht, daß man die Englaͤnder, die
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[[2]/0002] berief ſich der Herr von Bernſtorff, der wuͤrdig iſt, die Ehre ſeines Namens zu behaupten, in einer Note voller Achtung, aber voller Entſchloſſenheit, auf die von allen Publiciſten anerkannten und durch das Voͤl- kerrecht geheiligten Grundſaͤtze. Vergebens ſtellte er dem Cabinett von St. James vor, daß die kriegfuͤh- renden Maͤchte kein Recht haben, die Schiffe der neu- tralen Maͤchte zu viſitiren, wenn ſie unter Convoy gehen; das Cabinett von St. James antwortete nur durch Drohungen: ſein Ambaſſadeur, Lord Whitworth, ſparte keine Beleidigung und die Brittiſchen Kanonen, die ſchon gegen die Forts von Copenhagen gerichtet waren, ſchwiegen nur in der Oſtſee, um nicht den Hof von St. Petersburg zu alarmiren, deſſen Geſinnungen damals noch unbekannt waren.” “Allein Rußland konnte es nicht mit Gleichguͤltig- keit anſehen, daß befreundete Flaggen auf Meeren be- leidigt wuͤrden, die ſeinem Schutze anvertrauet ſind, und die die erſten Flotten Peters des Großen getra- gen haben. Rußland iſt dazu gemacht, um im Norden die Stelle einzunehmen, welche Frankreich im Suͤden einnehmen wird. Rußland muß daſelbſt die Seele aller edelmuͤthigen Unternehmungen ſeyn, und wird un- fehlbar kuͤnftig ſeine große Beſtimmung erfuͤllen. Der Charakter ſeines Kayſers iſt Buͤrge dafuͤr.” “Paul I. iſt derjenige Souverain, welcher in den jetzigen Zeiten beſtaͤndig den Grundſaͤtzen einer groß- muͤthigen und uneigennuͤtzigen Politik gefolgt iſt. Alles iſt in ſeinem Betragen bieder und edel geweſen. Als er ſich gegen Frankreich bewaſſnete, ſtand ſelbiges un- ter einem unterdruͤckenden und verachteten Gouverne- ment. Der Held, der ſelbiges jetzt mit Ruhm erfuͤllt und mit ſeinem Genie beſchuͤtzt, war aus ſelbigem ent- fernt; aber nach ſeiner Zuruͤckkunft aͤnderten ſich die Sachen, und Gerechtigkeit und Wuͤrde leiten die Schritte des Rußiſchen Souverains.” “Holland ward von den vereinigten Armeen von England und Rußland angegriffen. Waͤren bey dieſer Expedition bloß Ruſſen gebraucht worden, ſo wuͤrde der Sieg zwiſchen Widerſacher, die wuͤrdig waren, ſich mit einander zu meſſen, lange zweifelhaft geblieben ſeyn. 1500 Ruſſen waren in Holland zu Gefangnen gemacht. Der erſte Conſul wollte ſie gegen eben ſo viele in England befindliche gefangene Franzoſen aus- wechſeln. Das hieß Tapferkeit gegen Tapferkeit aus- wechſeln. England verwarf dieſen Vorſchlag, und der erſte Conſul ſah bloß, wie Paul I, auf Ehre und ſchickt ihm ſeine Braven zuruͤck, um Jhm ein Zeugniß ſeiner vorzuͤglichen Hochachtung zu geben.” “Alle Aufopferungen Rußlands erforderten wenig- ſtens eine Entſchaͤdigung. Maltha ſollte dazu die- nen. Maltha iſt erobert und die Englaͤnder verlangen dem Beſitz deſſelben. So gehorchen alſo den Englaͤn- dern das Mittellaͤndiſche Meer und der Ocean zugleich, und haͤtte das Eis der Oſtſee ihre Flotten nicht aufge- halten, ſo wuͤrde jetzt der Sund, ſo wie die Straße von Gibraltar, von ihnen nach Willkuͤhr offen oder geſchloffen ſeyn.” “Nie wurden die Seemaͤchte durch eine groͤßere Ge- fahr zu einer gemeinſchaftlichen Vertheidigung einge- laden, als jetzt. Die 3 Nordiſchen Staaten, welche die bewaffnete Neutralitaͤt unterzeichneten, haben da- durch einen Beweis ihres Muths und ihrer Weisheit abgelegt. Dieſe bewaffnete Neutralitaͤt iſt keine feind- liche Herausforderung. Jhr Zweck iſt Vertheidigung und nicht Angriff.” “England antwortet durch eine Kriegs-Declaration auf dieſe gar nicht kriegeriſche Maaßregeln, welche auf Neutralen genommen haben; es legt Embargo auf die Schiffe zweyer Maͤchte, die nie dazu Anlaß gege- ben haben. Schon haben die Admirals Nelſon und Parker Befehl, der Rache ihres Gouvernements zu dienen. Schon wird eine geheime Expedition gegen die Daͤniſchen Colonien ausgeruͤſtet.” “Europa hat keinen Augenblick Zeit zu verliehren. Es muß die beyden großen Lehrmeiſter der Nationen, das Jntereſſe und die Erfahrung, um Rath fragen. Sie werden ihm ſagen, daß es ſich confoͤrderiren muß, um ſeine noch uͤbrige Handlung und See-Unabhaͤngig- keit zu vertheidigen.” “Die Souverainetaͤt der Meere iſt nur ein Traum des Stolzes und Wahnſinnes. Das Meer gehoͤrt allen, da es ohne die Arbeit des Menſchen fuͤr alle groß genug iſt. Es iſt nur ein Weg der Communica- tion zwiſchen den verſchiedenen Theilen der Welt. Das ſind die Grundſaͤtze des Rechts der Natur.” “Die Voͤlker des feſten Landes haben ihre Graͤnzen, die ſie nicht ohne Gefahr uͤberſchreiten koͤnnen. Gehen ſie daruͤber weg, ſo ſchwaͤchen ſie ſich. Die Natur, welche ſtaͤrker als ihr Ehrgeiz iſt, fuͤhrt ſie, nach allen ihren Bemuͤhungen, zwiſchen die Fluͤſſe, Meere und Gebuͤrge wieder zuruͤck, die ſie ihnen zu Graͤnzen hat anweiſen wollen. Auch koͤnnen ſie nicht kaͤmpfen, ohne ſich gegenſeitig zu erſchoͤpfen; und ihre Siege entkraͤf- ten ſie eben ſo gut, wie ihre Niederlagen. Ungluͤck und Vortheile befehlen auf beyden Seiten fruͤh oder ſpaͤt den Landmaͤchten, nach ihrem Streite ſich wieder zu naͤhern; oder ein Jnſeln bewohnendes Volk fuͤhlt kein ſolches Beduͤrfniß; es bereichert ſich durch den Verluſt aller uͤbrigen, gruͤndet den Flor ſeines Handels auf dem Ruin des fremden Commerzes, und wuͤnſcht ſich zu ſeiner Ruhe, mitten im allgemeinen Umſturz, Gluͤck.” “Man ſagt zuweilen, daß Englaͤnd in einem er- ſchoͤpften Zuſtande ſey: aber dieſe Jnſulaner haben un- erſchoͤpfliche Quellen in ihren Orientaliſchen Beſitzun- gen, und die Reſſourcen und Subſidien, die ſie aus dieſem unermeßlichen Eigenthum ziehen, ſind ſo anſehn- lich, daß die Engliſch-Oſtindiſche Compagnie nicht hin- reichend iſt, ſie in England einzufuͤhren. 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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten, Nr. 28, 18. Februar 1801, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_281802_1801/2>, abgerufen am 24.11.2024.