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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 120, Hamburg, 29. Juli 1789.

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[Spaltenumbruch] chen guter Art mit mehrerer Zuversicht in die Hände
geben würde, als diese Briefe an Lina. Nicht etwa
aufblähendes Wissen wird hier beabsichtiget; der End-
zweck ist groß und ädel: durch die Erwerbung deutlicher
und richtiger Begriffe von allen das Leben und den
Menschen betreffenden Dingen, und durch die Kennt-
niß des wahren Werths der Dinge eine weise Heiterkeit
und vernünftige Ruhe des Geistes zu begründen. So
wird die Sammlung ein kleines reizendes Elementar-
werk der ausgesuchtesten Kenntnisse, die eine weibliche
Seele schmücken können, mit der anständigsten ädelsten
Moral innigst verwebt. Recensent kannte die Frau von
la Roche zwar schon aus ihrer Sternheim und
Rosalie,
über deren Abfassung sie (S. 68) sich so
naiv erklärt; aber er erlaubt es sich, zu sagen, daß sie
durch die Briefe an Lina ihr Verdienst um Teutsche
Mädchen um vieles vergrößert habe. Die Anlage ist so
gemacht, daß die Briefe ohngefähr binnen dem Lauf
eines Jahrs geschrieben werden, und so führt selbst der
Wechsel der Zeiten und Vorfälle unvermerkt und ganz
natürlich auf Kenntnisse und sittliche Winke, die in
einer systematischen oder in jeder andern Ordnung viel-
leicht nur die halbe Wirkung gehabt haben würden.
Anfangs ist das Jnteresse nur schwach, aber dieses
wächst gegen das Ende, und wird in der Folge (dürften
wir doch sagen: in den folgenden Bänden!) noch mehr
zunehmen. Recht sehr müssen wir es loben, daß jede
Gelegenheit benutzt ist, die sich darbietet, auch die
kleinen Schatten in dem Character der Lina Derbach
zu bemerken: wir dachten, wenn wir die Frau von la
Roche
mit den gewöhnlichen Moralisten verglichen,
wir dachten hier an Lichtwehrs Rehe. Wir empfehlen
in dieser Hinsicht den 20sten Brief, S. 153. Sagen
wollen wir es auch, daß wir ganz der Meynung des
Bruders der Lina sind, oder vielmehr es schon waren,
ehe wir noch seine Aeußerung, S. 126. gelesen hatten:
Lina müsse alles durch das Weiberaug der holden
Lehrerinn sehen. Jmmer trifft sie den Ton besser, als
die Männer, so oft sie zum weiblichen Geschlecht reden
wollen. So recht durch dieses Weiberaug sieht Lina
das Schlafzimmer, das Wohnzimmer, die (leider
so selten von Weiberaugen gesehene) Küche, die
Speisekammer, den Eßsaal, das Besuchzimmer, die
Geräthkammer, ihre eigene Büchersammlung ist nicht
das tändelhafte Ding unserer meisten Mädchen, und
beschämt manchen unserer jungen schönen Herren, die
mit den Musenallmanachen wohl besser umzuspringen
gelernt haben mögen, als mit Hallens Werkstäten oder
dem Bode und Schmidt. Vom Gartenbau hätten
wir doch etwas umständliches und belehrendes gewünscht,
aus dieser alles mit so ganz eigener Anmuth darstellen-
den Feder; vielleicht finden wir diesen von den Frauen
ganz unrecht vernachläßigten Theil der weiblichen Wirth-
schaft, in den Briefen an Lina als Frau, vorgetragen.
Recht artig, und zur Befriedigung selbst der Männer,
nimmt Frau von la R. die Unterredungen vom weib-
lichen Putze in Schutz, (Nr. 47.) Rührend und wich-
tiger, als vielleicht mancher denken mag, ist auch für
uns die feyerliche Uebergabe des Schlüssels zum Weiß-
zeug und zur Speisekammer gewesen: "diese alten Mo-
den
" müssen wir mit Lina (S. 57.) davon sagen, "sind
mir lieber als manche neue, die ich sah." Wohlvor-
[Spaltenumbruch] bereitet ist der Uebergang aus dem häuslichen zu dem
gesellschaftlichen Leben, (S. 88.) Das Entstehen der
Staaten und Reiche, der gegenseitigen Rechte und
Verbindungen der Gewerbe, Manufacturen, des Han-
dels: dieser Artikel ist vorzüglich reichhaltig, (S. 126.)
Hierauf vom Münzwesen. Das (S. 141) empfohlene
Buch: Vom Ursprung und Wachsthum der Hand-
lung,
Wien 1769. wird wol die aus dem Französischen
des Hüet übersetzte Schrift feyn, Wien 1775. diese
geht aber mehr den Handel der alten Völker an. Die
Sinne. Nur im Vorübergehen die Geschichte der kein
frohes Ende nehmenden Justine: sie ward das Opfer
ihrer unbändigen Leidenschaft, des Tanzens. (Ließe
sich aus diesem einzelnen Faden nicht eine ganze Folge
belehrender Briefe in den rückständigen Bänden aus-
spinnen? Schon so, wie die kleine Geschichte hier ein-
geschaltet ist, wird sie jedem guten Herzen äußerst in-
teressant. Wie viele sterben wie Justine dahin! Es
müßte der vortrefflichen Schriftstellerinn leicht fallen,
die vier übrigen Töchter der Madame Bogen (S. 158.)
mit in das Jnteresse zu ziehen, und dadurch eine neue
Veranlassung erhalten, ein Hauswesen dem andern
entgegen zu stellen, und neue warnende Winke für
Frauen zu ertheilen.) Ein leichter Uebergang von Ju-
stinens Krankheit zu den Aerzten und ihrer Wissenschaft
(S. 161. ff.) so wie zu den Predigern und der Gottes-
gelehrsamkeit, (S. 170.) Eine Reise aufs Land, die
Lina vor hat, führt auf die Schilderung des Land-
beamten, die voll practischer wahrer Gedanken ist, (S.
183-188.) Trefflich ist die Bemerkung über das gut-
müthige Anhören der weitschweifigen Vorstellungen des
ungelehrten Bedrängten, (S. 186, 87.) Allerdings
hat man Ursache, hier die vorbereitende Kunst der
Verfasserinn zu loben, wenn man weiterhin erfährt,
wem die gute Lina ihre Hand giebt. Vortrefflich sind
die Gedanken über die Bestimmung des weiblichen Ge-
schlechts, (S. 189. ff.) Eine schöne Vorstellung von der
stufenweisen Entwickelung menschlicher Kräffte und Fä-
higkeiten. Der Krieg, der Kriegsmann. Hier ist fast
der Uebergang etwas prallend, (S. 188, 189.) Endlich
die schöne Aussicht in Jllbergs Familie, und zugleich
in Lucas Wichers Schicksal und auf alles Gute und
Schöne hin, was die folgenden Bände den Leser von
Lina als Gatten und Mutter hoffen lassen.

Hervorstechende Stellen zeichnen wir keine aus: wo
das Herz so oft spricht, können sie nicht selten seyn.
Uns, wie aus dem Jnnern herausgeschrieben, ist die
Warnung, die Lina auf Fälle aufmerksam machen soll,
wo es besser ist, von seinen Empfindungen über Gottes
Wunder zu schweigen, (S. 106, 107.) Kurz -- denn
noch einmal finden wir uns mit Linas Bruder auf einem
Wege -- "ein Mädchen kann durch diese Briefe fähig
werden, mit einem ernsthaften Mann zu sprechen, und
vernünftige Bücher zu lesen." Der Anhang ist aus
der Pomona genommen, und von ihm brauchen wir
nicht besonders zu sprechen. Der Fortsetzung der Briefe
sehen wir mit froher lehrgieriger Erwartung entgegen.




Vertheidigung des Wuchers, worinn die Unzu-
träglichkeit der gegenwärtigen gesetzlichen Einschrän-
kungen, der Bedingungen beym Geldverkehr be-
wiesen wird. Jn einer Reihe von Briefen an einen

[Spaltenumbruch] chen guter Art mit mehrerer Zuverſicht in die Haͤnde
geben wuͤrde, als dieſe Briefe an Lina. Nicht etwa
aufblaͤhendes Wiſſen wird hier beabſichtiget; der End-
zweck iſt groß und aͤdel: durch die Erwerbung deutlicher
und richtiger Begriffe von allen das Leben und den
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niß des wahren Werths der Dinge eine weiſe Heiterkeit
und vernuͤnftige Ruhe des Geiſtes zu begruͤnden. So
wird die Sammlung ein kleines reizendes Elementar-
werk der ausgeſuchteſten Kenntniſſe, die eine weibliche
Seele ſchmuͤcken koͤnnen, mit der anſtaͤndigſten aͤdelſten
Moral innigſt verwebt. Recenſent kannte die Frau von
la Roche zwar ſchon aus ihrer Sternheim und
Roſalie,
uͤber deren Abfaſſung ſie (S. 68) ſich ſo
naiv erklaͤrt; aber er erlaubt es ſich, zu ſagen, daß ſie
durch die Briefe an Lina ihr Verdienſt um Teutſche
Maͤdchen um vieles vergroͤßert habe. Die Anlage iſt ſo
gemacht, daß die Briefe ohngefaͤhr binnen dem Lauf
eines Jahrs geſchrieben werden, und ſo fuͤhrt ſelbſt der
Wechſel der Zeiten und Vorfaͤlle unvermerkt und ganz
natuͤrlich auf Kenntniſſe und ſittliche Winke, die in
einer ſyſtematiſchen oder in jeder andern Ordnung viel-
leicht nur die halbe Wirkung gehabt haben wuͤrden.
Anfangs iſt das Jntereſſe nur ſchwach, aber dieſes
waͤchſt gegen das Ende, und wird in der Folge (duͤrften
wir doch ſagen: in den folgenden Baͤnden!) noch mehr
zunehmen. Recht ſehr muͤſſen wir es loben, daß jede
Gelegenheit benutzt iſt, die ſich darbietet, auch die
kleinen Schatten in dem Character der Lina Derbach
zu bemerken: wir dachten, wenn wir die Frau von la
Roche
mit den gewoͤhnlichen Moraliſten verglichen,
wir dachten hier an Lichtwehrs Rehe. Wir empfehlen
in dieſer Hinſicht den 20ſten Brief, S. 153. Sagen
wollen wir es auch, daß wir ganz der Meynung des
Bruders der Lina ſind, oder vielmehr es ſchon waren,
ehe wir noch ſeine Aeußerung, S. 126. geleſen hatten:
Lina muͤſſe alles durch das Weiberaug der holden
Lehrerinn ſehen. Jmmer trifft ſie den Ton beſſer, als
die Maͤnner, ſo oft ſie zum weiblichen Geſchlecht reden
wollen. So recht durch dieſes Weiberaug ſieht Lina
das Schlafzimmer, das Wohnzimmer, die (leider
ſo ſelten von Weiberaugen geſehene) Kuͤche, die
Speiſekammer, den Eßſaal, das Beſuchzimmer, die
Geraͤthkammer, ihre eigene Buͤcherſammlung iſt nicht
das taͤndelhafte Ding unſerer meiſten Maͤdchen, und
beſchaͤmt manchen unſerer jungen ſchoͤnen Herren, die
mit den Muſenallmanachen wohl beſſer umzuſpringen
gelernt haben moͤgen, als mit Hallens Werkſtaͤten oder
dem Bode und Schmidt. Vom Gartenbau haͤtten
wir doch etwas umſtaͤndliches und belehrendes gewuͤnſcht,
aus dieſer alles mit ſo ganz eigener Anmuth darſtellen-
den Feder; vielleicht finden wir dieſen von den Frauen
ganz unrecht vernachlaͤßigten Theil der weiblichen Wirth-
ſchaft, in den Briefen an Lina als Frau, vorgetragen.
Recht artig, und zur Befriedigung ſelbſt der Maͤnner,
nimmt Frau von la R. die Unterredungen vom weib-
lichen Putze in Schutz, (Nr. 47.) Ruͤhrend und wich-
tiger, als vielleicht mancher denken mag, iſt auch fuͤr
uns die feyerliche Uebergabe des Schluͤſſels zum Weiß-
zeug und zur Speiſekammer geweſen: “dieſe alten Mo-
den
” muͤſſen wir mit Lina (S. 57.) davon ſagen, “ſind
mir lieber als manche neue, die ich ſah.” Wohlvor-
[Spaltenumbruch] bereitet iſt der Uebergang aus dem haͤuslichen zu dem
geſellſchaftlichen Leben, (S. 88.) Das Entſtehen der
Staaten und Reiche, der gegenſeitigen Rechte und
Verbindungen der Gewerbe, Manufacturen, des Han-
dels: dieſer Artikel iſt vorzuͤglich reichhaltig, (S. 126.)
Hierauf vom Muͤnzweſen. Das (S. 141) empfohlene
Buch: Vom Urſprung und Wachsthum der Hand-
lung,
Wien 1769. wird wol die aus dem Franzoͤſiſchen
des Huͤet uͤberſetzte Schrift feyn, Wien 1775. dieſe
geht aber mehr den Handel der alten Voͤlker an. Die
Sinne. Nur im Voruͤbergehen die Geſchichte der kein
frohes Ende nehmenden Juſtine: ſie ward das Opfer
ihrer unbaͤndigen Leidenſchaft, des Tanzens. (Ließe
ſich aus dieſem einzelnen Faden nicht eine ganze Folge
belehrender Briefe in den ruͤckſtaͤndigen Baͤnden aus-
ſpinnen? Schon ſo, wie die kleine Geſchichte hier ein-
geſchaltet iſt, wird ſie jedem guten Herzen aͤußerſt in-
tereſſant. Wie viele ſterben wie Juſtine dahin! Es
muͤßte der vortrefflichen Schriftſtellerinn leicht fallen,
die vier uͤbrigen Toͤchter der Madame Bogen (S. 158.)
mit in das Jntereſſe zu ziehen, und dadurch eine neue
Veranlaſſung erhalten, ein Hausweſen dem andern
entgegen zu ſtellen, und neue warnende Winke fuͤr
Frauen zu ertheilen.) Ein leichter Uebergang von Ju-
ſtinens Krankheit zu den Aerzten und ihrer Wiſſenſchaft
(S. 161. ff.) ſo wie zu den Predigern und der Gottes-
gelehrſamkeit, (S. 170.) Eine Reiſe aufs Land, die
Lina vor hat, fuͤhrt auf die Schilderung des Land-
beamten, die voll practiſcher wahrer Gedanken iſt, (S.
183-188.) Trefflich iſt die Bemerkung uͤber das gut-
muͤthige Anhoͤren der weitſchweifigen Vorſtellungen des
ungelehrten Bedraͤngten, (S. 186, 87.) Allerdings
hat man Urſache, hier die vorbereitende Kunſt der
Verfaſſerinn zu loben, wenn man weiterhin erfaͤhrt,
wem die gute Lina ihre Hand giebt. Vortrefflich ſind
die Gedanken uͤber die Beſtimmung des weiblichen Ge-
ſchlechts, (S. 189. ff.) Eine ſchoͤne Vorſtellung von der
ſtufenweiſen Entwickelung menſchlicher Kraͤffte und Faͤ-
higkeiten. Der Krieg, der Kriegsmann. Hier iſt faſt
der Uebergang etwas prallend, (S. 188, 189.) Endlich
die ſchoͤne Ausſicht in Jllbergs Familie, und zugleich
in Lucas Wichers Schickſal und auf alles Gute und
Schoͤne hin, was die folgenden Baͤnde den Leſer von
Lina als Gatten und Mutter hoffen laſſen.

Hervorſtechende Stellen zeichnen wir keine aus: wo
das Herz ſo oft ſpricht, koͤnnen ſie nicht ſelten ſeyn.
Uns, wie aus dem Jnnern herausgeſchrieben, iſt die
Warnung, die Lina auf Faͤlle aufmerkſam machen ſoll,
wo es beſſer iſt, von ſeinen Empfindungen uͤber Gottes
Wunder zu ſchweigen, (S. 106, 107.) Kurz — denn
noch einmal finden wir uns mit Linas Bruder auf einem
Wege — “ein Maͤdchen kann durch dieſe Briefe faͤhig
werden, mit einem ernſthaften Mann zu ſprechen, und
vernuͤnftige Buͤcher zu leſen.” Der Anhang iſt aus
der Pomona genommen, und von ihm brauchen wir
nicht beſonders zu ſprechen. Der Fortſetzung der Briefe
ſehen wir mit froher lehrgieriger Erwartung entgegen.




Vertheidigung des Wuchers, worinn die Unzu-
traͤglichkeit der gegenwaͤrtigen geſetzlichen Einſchraͤn-
kungen, der Bedingungen beym Geldverkehr be-
wieſen wird. Jn einer Reihe von Briefen an einen
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[[6]/0006] chen guter Art mit mehrerer Zuverſicht in die Haͤnde geben wuͤrde, als dieſe Briefe an Lina. Nicht etwa aufblaͤhendes Wiſſen wird hier beabſichtiget; der End- zweck iſt groß und aͤdel: durch die Erwerbung deutlicher und richtiger Begriffe von allen das Leben und den Menſchen betreffenden Dingen, und durch die Kennt- niß des wahren Werths der Dinge eine weiſe Heiterkeit und vernuͤnftige Ruhe des Geiſtes zu begruͤnden. So wird die Sammlung ein kleines reizendes Elementar- werk der ausgeſuchteſten Kenntniſſe, die eine weibliche Seele ſchmuͤcken koͤnnen, mit der anſtaͤndigſten aͤdelſten Moral innigſt verwebt. Recenſent kannte die Frau von la Roche zwar ſchon aus ihrer Sternheim und Roſalie, uͤber deren Abfaſſung ſie (S. 68) ſich ſo naiv erklaͤrt; aber er erlaubt es ſich, zu ſagen, daß ſie durch die Briefe an Lina ihr Verdienſt um Teutſche Maͤdchen um vieles vergroͤßert habe. Die Anlage iſt ſo gemacht, daß die Briefe ohngefaͤhr binnen dem Lauf eines Jahrs geſchrieben werden, und ſo fuͤhrt ſelbſt der Wechſel der Zeiten und Vorfaͤlle unvermerkt und ganz natuͤrlich auf Kenntniſſe und ſittliche Winke, die in einer ſyſtematiſchen oder in jeder andern Ordnung viel- leicht nur die halbe Wirkung gehabt haben wuͤrden. Anfangs iſt das Jntereſſe nur ſchwach, aber dieſes waͤchſt gegen das Ende, und wird in der Folge (duͤrften wir doch ſagen: in den folgenden Baͤnden!) noch mehr zunehmen. Recht ſehr muͤſſen wir es loben, daß jede Gelegenheit benutzt iſt, die ſich darbietet, auch die kleinen Schatten in dem Character der Lina Derbach zu bemerken: wir dachten, wenn wir die Frau von la Roche mit den gewoͤhnlichen Moraliſten verglichen, wir dachten hier an Lichtwehrs Rehe. Wir empfehlen in dieſer Hinſicht den 20ſten Brief, S. 153. Sagen wollen wir es auch, daß wir ganz der Meynung des Bruders der Lina ſind, oder vielmehr es ſchon waren, ehe wir noch ſeine Aeußerung, S. 126. geleſen hatten: Lina muͤſſe alles durch das Weiberaug der holden Lehrerinn ſehen. Jmmer trifft ſie den Ton beſſer, als die Maͤnner, ſo oft ſie zum weiblichen Geſchlecht reden wollen. So recht durch dieſes Weiberaug ſieht Lina das Schlafzimmer, das Wohnzimmer, die (leider ſo ſelten von Weiberaugen geſehene) Kuͤche, die Speiſekammer, den Eßſaal, das Beſuchzimmer, die Geraͤthkammer, ihre eigene Buͤcherſammlung iſt nicht das taͤndelhafte Ding unſerer meiſten Maͤdchen, und beſchaͤmt manchen unſerer jungen ſchoͤnen Herren, die mit den Muſenallmanachen wohl beſſer umzuſpringen gelernt haben moͤgen, als mit Hallens Werkſtaͤten oder dem Bode und Schmidt. Vom Gartenbau haͤtten wir doch etwas umſtaͤndliches und belehrendes gewuͤnſcht, aus dieſer alles mit ſo ganz eigener Anmuth darſtellen- den Feder; vielleicht finden wir dieſen von den Frauen ganz unrecht vernachlaͤßigten Theil der weiblichen Wirth- ſchaft, in den Briefen an Lina als Frau, vorgetragen. Recht artig, und zur Befriedigung ſelbſt der Maͤnner, nimmt Frau von la R. die Unterredungen vom weib- lichen Putze in Schutz, (Nr. 47.) Ruͤhrend und wich- tiger, als vielleicht mancher denken mag, iſt auch fuͤr uns die feyerliche Uebergabe des Schluͤſſels zum Weiß- zeug und zur Speiſekammer geweſen: “dieſe alten Mo- den” muͤſſen wir mit Lina (S. 57.) davon ſagen, “ſind mir lieber als manche neue, die ich ſah.” Wohlvor- bereitet iſt der Uebergang aus dem haͤuslichen zu dem geſellſchaftlichen Leben, (S. 88.) Das Entſtehen der Staaten und Reiche, der gegenſeitigen Rechte und Verbindungen der Gewerbe, Manufacturen, des Han- dels: dieſer Artikel iſt vorzuͤglich reichhaltig, (S. 126.) Hierauf vom Muͤnzweſen. Das (S. 141) empfohlene Buch: Vom Urſprung und Wachsthum der Hand- lung, Wien 1769. wird wol die aus dem Franzoͤſiſchen des Huͤet uͤberſetzte Schrift feyn, Wien 1775. dieſe geht aber mehr den Handel der alten Voͤlker an. Die Sinne. Nur im Voruͤbergehen die Geſchichte der kein frohes Ende nehmenden Juſtine: ſie ward das Opfer ihrer unbaͤndigen Leidenſchaft, des Tanzens. (Ließe ſich aus dieſem einzelnen Faden nicht eine ganze Folge belehrender Briefe in den ruͤckſtaͤndigen Baͤnden aus- ſpinnen? Schon ſo, wie die kleine Geſchichte hier ein- geſchaltet iſt, wird ſie jedem guten Herzen aͤußerſt in- tereſſant. Wie viele ſterben wie Juſtine dahin! Es muͤßte der vortrefflichen Schriftſtellerinn leicht fallen, die vier uͤbrigen Toͤchter der Madame Bogen (S. 158.) mit in das Jntereſſe zu ziehen, und dadurch eine neue Veranlaſſung erhalten, ein Hausweſen dem andern entgegen zu ſtellen, und neue warnende Winke fuͤr Frauen zu ertheilen.) Ein leichter Uebergang von Ju- ſtinens Krankheit zu den Aerzten und ihrer Wiſſenſchaft (S. 161. ff.) ſo wie zu den Predigern und der Gottes- gelehrſamkeit, (S. 170.) Eine Reiſe aufs Land, die Lina vor hat, fuͤhrt auf die Schilderung des Land- beamten, die voll practiſcher wahrer Gedanken iſt, (S. 183-188.) Trefflich iſt die Bemerkung uͤber das gut- muͤthige Anhoͤren der weitſchweifigen Vorſtellungen des ungelehrten Bedraͤngten, (S. 186, 87.) Allerdings hat man Urſache, hier die vorbereitende Kunſt der Verfaſſerinn zu loben, wenn man weiterhin erfaͤhrt, wem die gute Lina ihre Hand giebt. Vortrefflich ſind die Gedanken uͤber die Beſtimmung des weiblichen Ge- ſchlechts, (S. 189. ff.) Eine ſchoͤne Vorſtellung von der ſtufenweiſen Entwickelung menſchlicher Kraͤffte und Faͤ- higkeiten. Der Krieg, der Kriegsmann. Hier iſt faſt der Uebergang etwas prallend, (S. 188, 189.) Endlich die ſchoͤne Ausſicht in Jllbergs Familie, und zugleich in Lucas Wichers Schickſal und auf alles Gute und Schoͤne hin, was die folgenden Baͤnde den Leſer von Lina als Gatten und Mutter hoffen laſſen. Hervorſtechende Stellen zeichnen wir keine aus: wo das Herz ſo oft ſpricht, koͤnnen ſie nicht ſelten ſeyn. Uns, wie aus dem Jnnern herausgeſchrieben, iſt die Warnung, die Lina auf Faͤlle aufmerkſam machen ſoll, wo es beſſer iſt, von ſeinen Empfindungen uͤber Gottes Wunder zu ſchweigen, (S. 106, 107.) Kurz — denn noch einmal finden wir uns mit Linas Bruder auf einem Wege — “ein Maͤdchen kann durch dieſe Briefe faͤhig werden, mit einem ernſthaften Mann zu ſprechen, und vernuͤnftige Buͤcher zu leſen.” Der Anhang iſt aus der Pomona genommen, und von ihm brauchen wir nicht beſonders zu ſprechen. Der Fortſetzung der Briefe ſehen wir mit froher lehrgieriger Erwartung entgegen. Vertheidigung des Wuchers, worinn die Unzu- traͤglichkeit der gegenwaͤrtigen geſetzlichen Einſchraͤn- kungen, der Bedingungen beym Geldverkehr be- wieſen wird. Jn einer Reihe von Briefen an einen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Britt-Marie Schuster, Manuel Wille, Arnika Lutz: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-07T10:32:49Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (doppelt erfasst).

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (&#xa75b;): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 120, Hamburg, 29. Juli 1789, S. [6]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1202907_1789/6>, abgerufen am 23.11.2024.