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Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 110, Hamburg, 10. Julii 1771.

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[Spaltenumbruch] nat März durch viele Deichbrüche, und davon entstande-
nen großen Ueberschwemmungen vieler Ländereyen, auch
Städte, Flecken und Dörfer angerichtet, und damit
aller Rogken- und Weizensaat an dem Elbstrom verdor-
ben hat. Dieses hohe Wasser stand bis Ausgang des
Maymonats. Im Junio wurde der Erdboden wieder
etwas trocken. Der Landmann fieng gleich emsig an,
zu pflügen und zu säen, kaufte bey diesen hohen Preisen
sich alles Saatkorn, und bestellete seinen Acker. Kaum
war dieses geschehen, und das Getraide sammtlich fröh-
lich aufgegangen, so gefiel es Gott, das Land abermals
mit Ueberschwemmungen heimzusuchen, und alle Freude
in Leid zu verkehren. Ich bin mit meinen Schiffen die
Elbe in solcher Zeit heruntergekommen, und kann den
traurigen Anblick, welchen jetzo die sonst gesegneten
Maschgilden an der Elbe machen, nicht empfindsam
genug beschreiben. Die ganze Altemark, und so wei-
ter herunter, die Hannöverschen Aemter Dannenberg,
Lüchow, Hitzacker, Neuhaus, Bleckede, Lauenburg, Büt-
lingen und Winsen an der Lühe, auch die hiesigen Meck-
lenburgischen, sammtlich an der Elbe gelegenen Aemter,
sind überschwemmet, und gehet das Wasser den mehre-
sten Leuten durch die Häuser. Steiget man auf einem
Berg, und überschauet die unter Wasser stehenden Ge-
genden, so ist, so weit das Auge reichet, die Aussicht überall
betrübt. Hier fahret ein Nachbar zum andern mit dem
Schiffe. Dort raget ein Hügel hervor, auf welchem mehr
Pferde und Kühe stehen, als solcher Raum zum zwanzigsten
Theil ernähren kann; das arme Vieh ist ausgemergelt,
und blöcket vor Hunger. Ein Theil vermeynt es besser
zu finden, und schwimmet vor Hunger nach dem Stalle.
Die Hausmutter treibet mit bethränten Augen die Kuh
wieder vom Hause, und weiß im Hause wegen Mangel
an Milch, Butter und Gartengewächse sich selbst kaum
zu helfen, und sich, ihren Kindern und Gesinde etwas
auf den Tisch zu bringen. Kein Oel ist im Kruge, kein
Geld in der Casse, und an allen Orten findet sich das
Leere. Sollte das Wasser in etlichen Wochen noch
nicht zum Fallen kommen, spricht der Wirth, woher be-
komme ich Futter für mein Vieh, da nichts zu erndten
ist, und wofür soll ich Brodt und Saatkorn wieder an-
schaffen, da alles aufgezehret ist? Die Hühner gehen auf
den Strohdächern umher und suchen sich Nahrung,
weil der Erdboden überschwemmt ist. Die Schweine
schwimmen in den Häusern, und drängen sich mit in
die Stuben und Kammern. Dabey stirbt täglich eine
Menge Vieh vor Hunger.


Wegen des vielen Obenwassers in der Elbe hat man
schon seit einigen Tagen einen Deichbruch in unsern
Gegenden besorget. In der Nacht vom 8ten auf den
9ten ist er, dem Vernehmen nach, beym Krauel, am
Gammer-Ort, und im Rethbrock erfolget, wodurch
die umliegenden Gegenden unter Wasser gesetzt sind.
Man siehet aber den noch fehlenden nähern und zuver-
läßigern Nachrichten stündlich mit Furcht entgegen.

Sichern Briefen aus Livorno vom 22sten vorigen
Monats zufolge, ist der Graf von Orlow, nebst dem
Contre-Admiral Greigg, den 20sten, des Morgens um
10 Uhr, mit 2 Schiffen von der Linie, 2 Fregatten,
1 Bombardier-Galliote und 2 Transportschiffen, von ge-
dachter Stadt nach der Levante unter Segel gegangen.
(Die Englischen Briefe vom 2ten dieses fehlen.)

[Spaltenumbruch]
Von gelehrten Sachen.
Stuttgard.

Bey dem Hof- und Canzeley-Buch-
drucker Christoph Friedrich Cotta wird jetzt eine Wochen-
schrift zum Besten der Erziehung der Jugend
aus-
gegeben, von welcher bereits der erste Abschnitt, der
aus 13 Stücken bestehet, erschienen ist, welcher mit vie-
lem Beyfall aufgenommen worden. Die Verfasser ha-
ben es vorzüglich mit Eltern, Lehrern und Kinder-
freunden
zu thun, und der im 1sten Stück mitgetheilte
Plan, worinn die Verfasser meistens der Erziehungskunst
des Herrn Doctor Millers gefolget sind, ist so gut an-
geleget, daß eine gute Ausführung desselben, an welcher
die gegenwärtigen 13 Stücke uns nicht zweifeln lassen,
sehr vieles zur Verbesserung der Erziehung der Jugend
beytragen wird, wenn Eltern, Lehrer und Kinderfreunde
diese Schrift fleißig lesen, und die in selbiger vorge-
schlagenen Mittel zur Ausübung bringen werden. Der
Einwurf, welchen man den Verfassern wegen der Unnö-
thigkeit dieser Wochenschrift, da so viele Bücher, die
von der Erziehung der Jugend handeln, vorhanden sind,
hätte machen können, ist schon im 1sten Stücke von
ihnen auf eine befriedigende Art beantwortet worden.
Sie wollen die bereits vorhandenen Schul- und Erzie-
hungs-Schriften durch ihre Sammlungen nicht ent-
behrlich machen, sondern durch Anführung der Quellen,
woraus sie schöpfen, manchen Leser zu reizen suchen,
sich diesen und jenen gepriesenen Schriftsteller selbst an-
zuschaffen. Ihre Absicht gehet nur dahin, die vortreff-
lichsten Unterweisungen über die Erziehung bey Gelehr-
ten und Ungelehrten bekannter und gemeinnütziger zu
machen, indem sie die Menge derselben unter einen
Hauptplan bringen, und das Vorzüglichste, das über
eine Erziehungsmaterie geschrieben worden, in einer
ununterbrochenen Reihe dem Leser vorlegen, damit er
in dieser Wochenschrift alles Vorzügliche, was bisher
über diese Materie geschrieben worden, beysammen hat.
Doch soll ihre Arbeit nicht in bloßem Sammeln bestehen.
Sie werden auch den Vorschlägen anderer ihre Beur-
theilung beyfügen, und dabey ihre Rücksicht vorzüg-
lich auf die verschiedenen Staatsverfassungen, Him-
melsgegenden, Gewohnheiten, Vorurtheile etc. wie
auch auf ihre eigene Erfahrung nehmen, und die Bemer-
kung daraus herleiten, welche Meynung ihrer Autoren
hier und da am brauchbarsten seyn möchte. --

In dem ersten Abschnitte dieser Wochenschrift haben
die Verfasser folgende Sachen abgehandelt: 1) Von
der Wichtigkeit der Erziehung der Jugend aus dem
wahren Werth der Kinder, a) Kinder sind Geschöpfe
Gottes; b) Kinder sind Menschen, und zwar recht an-
nehmliche liebenswürdige Menschen, (aus den Grund-
sätzen einer weisen und christlichen Erziehungskunst des
Herrn D. Millers;) c) Kinder sind Christen, und in
Gottes und Jesu Augen besonders werth geachtet; d)
Kinder sind Bürger der Welt und Glieder des Staats;
sie sind zu großen Absichten bestimmt, und haben die
Anlage dazu schon in sich selbst. 2) Von der Nothwen-
digkeit der Erziehung der Jugend: a) Kinder sind von
Natur in einem elenden Zustande, und bleiben lange
Zeit höchst bedürftig, darum ist ihre Erziehung noth-
wendig; b) der Zustand eines Menschen, wenn er im
natürlichen Zustand und ohne Erziehung bleibt, ist höchst
kläglich; (aus dem 8ten Theil der Mosheimischen Sit-
tenlehre,) c) Menschen, ohne oder von schlechter Er-
ziehung sind der menschlichen Gesellschaft in allen Stän-

[Spaltenumbruch] nat Maͤrz durch viele Deichbruͤche, und davon entſtande-
nen großen Ueberſchwemmungen vieler Laͤndereyen, auch
Staͤdte, Flecken und Doͤrfer angerichtet, und damit
aller Rogken- und Weizenſaat an dem Elbſtrom verdor-
ben hat. Dieſes hohe Waſſer ſtand bis Ausgang des
Maymonats. Im Junio wurde der Erdboden wieder
etwas trocken. Der Landmann fieng gleich emſig an,
zu pfluͤgen und zu ſaͤen, kaufte bey dieſen hohen Preiſen
ſich alles Saatkorn, und beſtellete ſeinen Acker. Kaum
war dieſes geſchehen, und das Getraide ſammtlich froͤh-
lich aufgegangen, ſo gefiel es Gott, das Land abermals
mit Ueberſchwemmungen heimzuſuchen, und alle Freude
in Leid zu verkehren. Ich bin mit meinen Schiffen die
Elbe in ſolcher Zeit heruntergekommen, und kann den
traurigen Anblick, welchen jetzo die ſonſt geſegneten
Maſchgilden an der Elbe machen, nicht empfindſam
genug beſchreiben. Die ganze Altemark, und ſo wei-
ter herunter, die Hannoͤverſchen Aemter Dannenberg,
Luͤchow, Hitzacker, Neuhaus, Bleckede, Lauenburg, Buͤt-
lingen und Winſen an der Luͤhe, auch die hieſigen Meck-
lenburgiſchen, ſammtlich an der Elbe gelegenen Aemter,
ſind uͤberſchwemmet, und gehet das Waſſer den mehre-
ſten Leuten durch die Haͤuſer. Steiget man auf einem
Berg, und uͤberſchauet die unter Waſſer ſtehenden Ge-
genden, ſo iſt, ſo weit das Auge reichet, die Ausſicht uͤberall
betruͤbt. Hier fahret ein Nachbar zum andern mit dem
Schiffe. Dort raget ein Huͤgel hervor, auf welchem mehr
Pferde und Kuͤhe ſtehen, als ſolcher Raum zum zwanzigſten
Theil ernaͤhren kann; das arme Vieh iſt ausgemergelt,
und bloͤcket vor Hunger. Ein Theil vermeynt es beſſer
zu finden, und ſchwimmet vor Hunger nach dem Stalle.
Die Hausmutter treibet mit bethraͤnten Augen die Kuh
wieder vom Hauſe, und weiß im Hauſe wegen Mangel
an Milch, Butter und Gartengewaͤchſe ſich ſelbſt kaum
zu helfen, und ſich, ihren Kindern und Geſinde etwas
auf den Tiſch zu bringen. Kein Oel iſt im Kruge, kein
Geld in der Caſſe, und an allen Orten findet ſich das
Leere. Sollte das Waſſer in etlichen Wochen noch
nicht zum Fallen kommen, ſpricht der Wirth, woher be-
komme ich Futter fuͤr mein Vieh, da nichts zu erndten
iſt, und wofuͤr ſoll ich Brodt und Saatkorn wieder an-
ſchaffen, da alles aufgezehret iſt? Die Huͤhner gehen auf
den Strohdaͤchern umher und ſuchen ſich Nahrung,
weil der Erdboden uͤberſchwemmt iſt. Die Schweine
ſchwimmen in den Haͤuſern, und draͤngen ſich mit in
die Stuben und Kammern. Dabey ſtirbt taͤglich eine
Menge Vieh vor Hunger.


Wegen des vielen Obenwaſſers in der Elbe hat man
ſchon ſeit einigen Tagen einen Deichbruch in unſern
Gegenden beſorget. In der Nacht vom 8ten auf den
9ten iſt er, dem Vernehmen nach, beym Krauel, am
Gammer-Ort, und im Rethbrock erfolget, wodurch
die umliegenden Gegenden unter Waſſer geſetzt ſind.
Man ſiehet aber den noch fehlenden naͤhern und zuver-
laͤßigern Nachrichten ſtuͤndlich mit Furcht entgegen.

Sichern Briefen aus Livorno vom 22ſten vorigen
Monats zufolge, iſt der Graf von Orlow, nebſt dem
Contre-Admiral Greigg, den 20ſten, des Morgens um
10 Uhr, mit 2 Schiffen von der Linie, 2 Fregatten,
1 Bombardier-Galliote und 2 Tranſportſchiffen, von ge-
dachter Stadt nach der Levante unter Segel gegangen.
(Die Engliſchen Briefe vom 2ten dieſes fehlen.)

[Spaltenumbruch]
Von gelehrten Sachen.
Stuttgard.

Bey dem Hof- und Canzeley-Buch-
drucker Chriſtoph Friedrich Cotta wird jetzt eine Wochen-
ſchrift zum Beſten der Erziehung der Jugend
aus-
gegeben, von welcher bereits der erſte Abſchnitt, der
aus 13 Stuͤcken beſtehet, erſchienen iſt, welcher mit vie-
lem Beyfall aufgenommen worden. Die Verfaſſer ha-
ben es vorzuͤglich mit Eltern, Lehrern und Kinder-
freunden
zu thun, und der im 1ſten Stuͤck mitgetheilte
Plan, worinn die Verfaſſer meiſtens der Erziehungskunſt
des Herrn Doctor Millers gefolget ſind, iſt ſo gut an-
geleget, daß eine gute Ausfuͤhrung deſſelben, an welcher
die gegenwaͤrtigen 13 Stuͤcke uns nicht zweifeln laſſen,
ſehr vieles zur Verbeſſerung der Erziehung der Jugend
beytragen wird, wenn Eltern, Lehrer und Kinderfreunde
dieſe Schrift fleißig leſen, und die in ſelbiger vorge-
ſchlagenen Mittel zur Ausuͤbung bringen werden. Der
Einwurf, welchen man den Verfaſſern wegen der Unnoͤ-
thigkeit dieſer Wochenſchrift, da ſo viele Buͤcher, die
von der Erziehung der Jugend handeln, vorhanden ſind,
haͤtte machen koͤnnen, iſt ſchon im 1ſten Stuͤcke von
ihnen auf eine befriedigende Art beantwortet worden.
Sie wollen die bereits vorhandenen Schul- und Erzie-
hungs-Schriften durch ihre Sammlungen nicht ent-
behrlich machen, ſondern durch Anfuͤhrung der Quellen,
woraus ſie ſchoͤpfen, manchen Leſer zu reizen ſuchen,
ſich dieſen und jenen geprieſenen Schriftſteller ſelbſt an-
zuſchaffen. Ihre Abſicht gehet nur dahin, die vortreff-
lichſten Unterweiſungen uͤber die Erziehung bey Gelehr-
ten und Ungelehrten bekannter und gemeinnuͤtziger zu
machen, indem ſie die Menge derſelben unter einen
Hauptplan bringen, und das Vorzuͤglichſte, das uͤber
eine Erziehungsmaterie geſchrieben worden, in einer
ununterbrochenen Reihe dem Leſer vorlegen, damit er
in dieſer Wochenſchrift alles Vorzuͤgliche, was bisher
uͤber dieſe Materie geſchrieben worden, beyſammen hat.
Doch ſoll ihre Arbeit nicht in bloßem Sammeln beſtehen.
Sie werden auch den Vorſchlaͤgen anderer ihre Beur-
theilung beyfuͤgen, und dabey ihre Ruͤckſicht vorzuͤg-
lich auf die verſchiedenen Staatsverfaſſungen, Him-
melsgegenden, Gewohnheiten, Vorurtheile ꝛc. wie
auch auf ihre eigene Erfahrung nehmen, und die Bemer-
kung daraus herleiten, welche Meynung ihrer Autoren
hier und da am brauchbarſten ſeyn moͤchte. —

In dem erſten Abſchnitte dieſer Wochenſchrift haben
die Verfaſſer folgende Sachen abgehandelt: 1) Von
der Wichtigkeit der Erziehung der Jugend aus dem
wahren Werth der Kinder, a) Kinder ſind Geſchoͤpfe
Gottes; b) Kinder ſind Menſchen, und zwar recht an-
nehmliche liebenswuͤrdige Menſchen, (aus den Grund-
ſaͤtzen einer weiſen und chriſtlichen Erziehungskunſt des
Herrn D. Millers;) c) Kinder ſind Chriſten, und in
Gottes und Jeſu Augen beſonders werth geachtet; d)
Kinder ſind Buͤrger der Welt und Glieder des Staats;
ſie ſind zu großen Abſichten beſtimmt, und haben die
Anlage dazu ſchon in ſich ſelbſt. 2) Von der Nothwen-
digkeit der Erziehung der Jugend: a) Kinder ſind von
Natur in einem elenden Zuſtande, und bleiben lange
Zeit hoͤchſt beduͤrftig, darum iſt ihre Erziehung noth-
wendig; b) der Zuſtand eines Menſchen, wenn er im
natuͤrlichen Zuſtand und ohne Erziehung bleibt, iſt hoͤchſt
klaͤglich; (aus dem 8ten Theil der Mosheimiſchen Sit-
tenlehre,) c) Menſchen, ohne oder von ſchlechter Er-
ziehung ſind der menſchlichen Geſellſchaft in allen Staͤn-

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[[3]/0003] nat Maͤrz durch viele Deichbruͤche, und davon entſtande- nen großen Ueberſchwemmungen vieler Laͤndereyen, auch Staͤdte, Flecken und Doͤrfer angerichtet, und damit aller Rogken- und Weizenſaat an dem Elbſtrom verdor- ben hat. Dieſes hohe Waſſer ſtand bis Ausgang des Maymonats. Im Junio wurde der Erdboden wieder etwas trocken. Der Landmann fieng gleich emſig an, zu pfluͤgen und zu ſaͤen, kaufte bey dieſen hohen Preiſen ſich alles Saatkorn, und beſtellete ſeinen Acker. Kaum war dieſes geſchehen, und das Getraide ſammtlich froͤh- lich aufgegangen, ſo gefiel es Gott, das Land abermals mit Ueberſchwemmungen heimzuſuchen, und alle Freude in Leid zu verkehren. Ich bin mit meinen Schiffen die Elbe in ſolcher Zeit heruntergekommen, und kann den traurigen Anblick, welchen jetzo die ſonſt geſegneten Maſchgilden an der Elbe machen, nicht empfindſam genug beſchreiben. Die ganze Altemark, und ſo wei- ter herunter, die Hannoͤverſchen Aemter Dannenberg, Luͤchow, Hitzacker, Neuhaus, Bleckede, Lauenburg, Buͤt- lingen und Winſen an der Luͤhe, auch die hieſigen Meck- lenburgiſchen, ſammtlich an der Elbe gelegenen Aemter, ſind uͤberſchwemmet, und gehet das Waſſer den mehre- ſten Leuten durch die Haͤuſer. Steiget man auf einem Berg, und uͤberſchauet die unter Waſſer ſtehenden Ge- genden, ſo iſt, ſo weit das Auge reichet, die Ausſicht uͤberall betruͤbt. Hier fahret ein Nachbar zum andern mit dem Schiffe. Dort raget ein Huͤgel hervor, auf welchem mehr Pferde und Kuͤhe ſtehen, als ſolcher Raum zum zwanzigſten Theil ernaͤhren kann; das arme Vieh iſt ausgemergelt, und bloͤcket vor Hunger. Ein Theil vermeynt es beſſer zu finden, und ſchwimmet vor Hunger nach dem Stalle. Die Hausmutter treibet mit bethraͤnten Augen die Kuh wieder vom Hauſe, und weiß im Hauſe wegen Mangel an Milch, Butter und Gartengewaͤchſe ſich ſelbſt kaum zu helfen, und ſich, ihren Kindern und Geſinde etwas auf den Tiſch zu bringen. Kein Oel iſt im Kruge, kein Geld in der Caſſe, und an allen Orten findet ſich das Leere. Sollte das Waſſer in etlichen Wochen noch nicht zum Fallen kommen, ſpricht der Wirth, woher be- komme ich Futter fuͤr mein Vieh, da nichts zu erndten iſt, und wofuͤr ſoll ich Brodt und Saatkorn wieder an- ſchaffen, da alles aufgezehret iſt? Die Huͤhner gehen auf den Strohdaͤchern umher und ſuchen ſich Nahrung, weil der Erdboden uͤberſchwemmt iſt. Die Schweine ſchwimmen in den Haͤuſern, und draͤngen ſich mit in die Stuben und Kammern. Dabey ſtirbt taͤglich eine Menge Vieh vor Hunger. Hamburg, den 9 Julii. Wegen des vielen Obenwaſſers in der Elbe hat man ſchon ſeit einigen Tagen einen Deichbruch in unſern Gegenden beſorget. In der Nacht vom 8ten auf den 9ten iſt er, dem Vernehmen nach, beym Krauel, am Gammer-Ort, und im Rethbrock erfolget, wodurch die umliegenden Gegenden unter Waſſer geſetzt ſind. Man ſiehet aber den noch fehlenden naͤhern und zuver- laͤßigern Nachrichten ſtuͤndlich mit Furcht entgegen. Sichern Briefen aus Livorno vom 22ſten vorigen Monats zufolge, iſt der Graf von Orlow, nebſt dem Contre-Admiral Greigg, den 20ſten, des Morgens um 10 Uhr, mit 2 Schiffen von der Linie, 2 Fregatten, 1 Bombardier-Galliote und 2 Tranſportſchiffen, von ge- dachter Stadt nach der Levante unter Segel gegangen. (Die Engliſchen Briefe vom 2ten dieſes fehlen.) Von gelehrten Sachen. Stuttgard. Bey dem Hof- und Canzeley-Buch- drucker Chriſtoph Friedrich Cotta wird jetzt eine Wochen- ſchrift zum Beſten der Erziehung der Jugend aus- gegeben, von welcher bereits der erſte Abſchnitt, der aus 13 Stuͤcken beſtehet, erſchienen iſt, welcher mit vie- lem Beyfall aufgenommen worden. Die Verfaſſer ha- ben es vorzuͤglich mit Eltern, Lehrern und Kinder- freunden zu thun, und der im 1ſten Stuͤck mitgetheilte Plan, worinn die Verfaſſer meiſtens der Erziehungskunſt des Herrn Doctor Millers gefolget ſind, iſt ſo gut an- geleget, daß eine gute Ausfuͤhrung deſſelben, an welcher die gegenwaͤrtigen 13 Stuͤcke uns nicht zweifeln laſſen, ſehr vieles zur Verbeſſerung der Erziehung der Jugend beytragen wird, wenn Eltern, Lehrer und Kinderfreunde dieſe Schrift fleißig leſen, und die in ſelbiger vorge- ſchlagenen Mittel zur Ausuͤbung bringen werden. Der Einwurf, welchen man den Verfaſſern wegen der Unnoͤ- thigkeit dieſer Wochenſchrift, da ſo viele Buͤcher, die von der Erziehung der Jugend handeln, vorhanden ſind, haͤtte machen koͤnnen, iſt ſchon im 1ſten Stuͤcke von ihnen auf eine befriedigende Art beantwortet worden. Sie wollen die bereits vorhandenen Schul- und Erzie- hungs-Schriften durch ihre Sammlungen nicht ent- behrlich machen, ſondern durch Anfuͤhrung der Quellen, woraus ſie ſchoͤpfen, manchen Leſer zu reizen ſuchen, ſich dieſen und jenen geprieſenen Schriftſteller ſelbſt an- zuſchaffen. Ihre Abſicht gehet nur dahin, die vortreff- lichſten Unterweiſungen uͤber die Erziehung bey Gelehr- ten und Ungelehrten bekannter und gemeinnuͤtziger zu machen, indem ſie die Menge derſelben unter einen Hauptplan bringen, und das Vorzuͤglichſte, das uͤber eine Erziehungsmaterie geſchrieben worden, in einer ununterbrochenen Reihe dem Leſer vorlegen, damit er in dieſer Wochenſchrift alles Vorzuͤgliche, was bisher uͤber dieſe Materie geſchrieben worden, beyſammen hat. Doch ſoll ihre Arbeit nicht in bloßem Sammeln beſtehen. Sie werden auch den Vorſchlaͤgen anderer ihre Beur- theilung beyfuͤgen, und dabey ihre Ruͤckſicht vorzuͤg- lich auf die verſchiedenen Staatsverfaſſungen, Him- melsgegenden, Gewohnheiten, Vorurtheile ꝛc. wie auch auf ihre eigene Erfahrung nehmen, und die Bemer- kung daraus herleiten, welche Meynung ihrer Autoren hier und da am brauchbarſten ſeyn moͤchte. — In dem erſten Abſchnitte dieſer Wochenſchrift haben die Verfaſſer folgende Sachen abgehandelt: 1) Von der Wichtigkeit der Erziehung der Jugend aus dem wahren Werth der Kinder, a) Kinder ſind Geſchoͤpfe Gottes; b) Kinder ſind Menſchen, und zwar recht an- nehmliche liebenswuͤrdige Menſchen, (aus den Grund- ſaͤtzen einer weiſen und chriſtlichen Erziehungskunſt des Herrn D. Millers;) c) Kinder ſind Chriſten, und in Gottes und Jeſu Augen beſonders werth geachtet; d) Kinder ſind Buͤrger der Welt und Glieder des Staats; ſie ſind zu großen Abſichten beſtimmt, und haben die Anlage dazu ſchon in ſich ſelbſt. 2) Von der Nothwen- digkeit der Erziehung der Jugend: a) Kinder ſind von Natur in einem elenden Zuſtande, und bleiben lange Zeit hoͤchſt beduͤrftig, darum iſt ihre Erziehung noth- wendig; b) der Zuſtand eines Menſchen, wenn er im natuͤrlichen Zuſtand und ohne Erziehung bleibt, iſt hoͤchſt klaͤglich; (aus dem 8ten Theil der Mosheimiſchen Sit- tenlehre,) c) Menſchen, ohne oder von ſchlechter Er- ziehung ſind der menſchlichen Geſellſchaft in allen Staͤn-

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Britt-Marie Schuster, Manuel Wille, Arnika Lutz, Fabienne Wollny: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-07T12:30:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 110, Hamburg, 10. Julii 1771, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1101007_1771/3>, abgerufen am 21.11.2024.