Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.
kennst mir meinswegn sagen: Vater Hilse, morgen mußt Du sterben. Das kann schonn meeglich sein, würd' ich sprechen -- warum denn ni? -- Du kenntst mir sagen: Vater Hilse, morgen besucht Dich d'r Keenich von Preußen -- aber das Weber, Menschen wie ich und mei Sohn -- und sollten solche Sachen haben vor- gehabt. Nimmermehr! Nie und nimmer wer' ich das glooben. Mielchen (siebenjähriges, hübsches Mädchen, mit langen, offenen Flachshaaren, ein Körbchen am Arm, kommt hereingesprungen. Der Mutter einen silbernen Eßlöffel entgegenhaltend). Mutterle, Mutterle! sieh ock, was ich hab! Du sollst mer a Kleedl d'rfor koofen. Luise. Was kommst 'n Du a so gejähdert, Mädel? (Mit gesteigerter Aufregung und Spannung.) Was bringst 'n da wieder geschleppt, sag emal. Du bist ja ganz hinter a Oden gekommen. Und de Feifel sein noch im Körbel. Was soll denn das heeßen, Mädel? Der alte Hilse. Mädel, wo hast Du den Löffel her? Luise. Kann sein, se hat'n gefunden. Hornig. Seine zwee, drei Thaler is der gut werth. Der alte Hilse (außer sich). Naus, Mädel! naus! Glei machst das d' naus kommst. Wirscht Du glei folgen, oder soll ich a Prügel nehmen?! Und den Leffel trägst hin, wo d'n her hast. Naus! Willst Du uns alle mitsammen zu Dieben machen, hä? Dare, Dir wer ich's mausen austreiben (er sucht etwas zum hauen). Mielchen (sich an der Mutter Röcke klammernd, weint). Groß- vaterle, hau mich nich -- mer -- haben's -- doch ge--gefunden. De -- Spul ... Spul -- Kinder -- haben -- alle -- welche. Luise (zwischen Angst und Spannung hervor stoßend). Nu da siehst's doch, gefunden hat si's. Wo hast's denn ge- funden?
kennſt mir meinswegn ſagen: Vater Hilſe, morgen mußt Du ſterben. Das kann ſchonn meeglich ſein, würd’ ich ſprechen — warum denn ni? — Du kenntſt mir ſagen: Vater Hilſe, morgen beſucht Dich d’r Keenich von Preußen — aber das Weber, Menſchen wie ich und mei Sohn — und ſollten ſolche Sachen haben vor- gehabt. Nimmermehr! Nie und nimmer wer’ ich das glooben. Mielchen (ſiebenjähriges, hübſches Mädchen, mit langen, offenen Flachshaaren, ein Körbchen am Arm, kommt hereingeſprungen. Der Mutter einen ſilbernen Eßlöffel entgegenhaltend). Mutterle, Mutterle! ſieh ock, was ich hab! Du ſollſt mer a Kleedl d’rfor koofen. Luiſe. Was kommſt ’n Du a ſo gejähdert, Mädel? (Mit geſteigerter Aufregung und Spannung.) Was bringſt ’n da wieder geſchleppt, ſag emal. Du biſt ja ganz hinter a Oden gekommen. Und de Feifel ſein noch im Körbel. Was ſoll denn das heeßen, Mädel? Der alte Hilſe. Mädel, wo haſt Du den Löffel her? Luiſe. Kann ſein, ſe hat’n gefunden. Hornig. Seine zwee, drei Thaler is der gut werth. Der alte Hilſe (außer ſich). Naus, Mädel! naus! Glei machſt das d’ naus kommſt. Wirſcht Du glei folgen, oder ſoll ich a Prügel nehmen?! Und den Leffel trägſt hin, wo d’n her haſt. Naus! Willſt Du uns alle mitſammen zu Dieben machen, hä? Dare, Dir wer ich’s mauſen austreiben (er ſucht etwas zum hauen). Mielchen (ſich an der Mutter Röcke klammernd, weint). Groß- vaterle, hau mich nich — mer — haben’s — doch ge—gefunden. De — Spul … Spul — Kinder — haben — alle — welche. Luiſe (zwiſchen Angſt und Spannung hervor ſtoßend). Nu da ſiehſt’s doch, gefunden hat ſi’s. Wo haſt’s denn ge- funden? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#HISE"> <p><pb facs="#f0113" n="100"/> kennſt mir meinswegn ſagen: Vater Hilſe, morgen<lb/> mußt Du ſterben. Das kann ſchonn meeglich ſein, würd’<lb/> ich ſprechen — warum denn ni? — Du kenntſt mir<lb/> ſagen: Vater Hilſe, morgen beſucht Dich d’r Keenich von<lb/> Preußen — aber das Weber, Menſchen wie ich und<lb/> mei Sohn — und ſollten ſolche Sachen haben vor-<lb/> gehabt. Nimmermehr! Nie und nimmer wer’ ich<lb/> das glooben.</p> </sp><lb/> <sp who="#MIE"> <speaker> <hi rendition="#g">Mielchen</hi> </speaker> <stage>(ſiebenjähriges, hübſches Mädchen, mit langen, offenen<lb/> Flachshaaren, ein Körbchen am Arm, kommt hereingeſprungen. Der Mutter<lb/> einen ſilbernen Eßlöffel entgegenhaltend).</stage> <p>Mutterle, Mutterle! ſieh<lb/> ock, was ich hab! Du ſollſt mer a Kleedl d’rfor koofen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUI"> <speaker><hi rendition="#g">Luiſe</hi>.</speaker> <p>Was kommſt ’n Du a ſo gejähdert,<lb/> Mädel?</p> <stage>(Mit geſteigerter Aufregung und Spannung.)</stage> <p>Was bringſt<lb/> ’n da wieder geſchleppt, ſag emal. Du biſt ja ganz<lb/> hinter a Oden gekommen. Und de Feifel ſein noch im<lb/> Körbel. Was ſoll denn das heeßen, Mädel?</p> </sp><lb/> <sp who="#HISE"> <speaker><hi rendition="#g">Der alte Hilſe</hi>.</speaker> <p>Mädel, wo haſt Du den<lb/> Löffel her?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUI"> <speaker><hi rendition="#g">Luiſe</hi>.</speaker> <p>Kann ſein, ſe hat’n gefunden.</p> </sp><lb/> <sp who="#HOR"> <speaker><hi rendition="#g">Hornig</hi>.</speaker> <p>Seine zwee, drei Thaler is der gut<lb/> werth.</p> </sp><lb/> <sp who="#HISE"> <speaker> <hi rendition="#g">Der alte Hilſe</hi> </speaker> <stage>(außer ſich).</stage> <p>Naus, Mädel! naus!<lb/> Glei machſt das d’ naus kommſt. Wirſcht Du glei<lb/> folgen, oder ſoll ich a Prügel nehmen?! Und den<lb/> Leffel trägſt hin, wo d’n her haſt. Naus! Willſt<lb/> Du uns alle mitſammen zu Dieben machen, hä? Dare,<lb/> Dir wer ich’s mauſen austreiben</p> <stage>(er ſucht etwas zum hauen).</stage> </sp><lb/> <sp who="#MIE"> <speaker> <hi rendition="#g">Mielchen</hi> </speaker> <stage>(ſich an der Mutter Röcke klammernd, weint).</stage> <p>Groß-<lb/> vaterle, hau mich nich — mer — haben’s — doch<lb/> ge—gefunden. De — Spul … Spul — Kinder —<lb/> haben — alle — welche.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUI"> <speaker> <hi rendition="#g">Luiſe</hi> </speaker> <stage>(zwiſchen Angſt und Spannung hervor ſtoßend).</stage> <p>Nu da<lb/> ſiehſt’s doch, gefunden hat ſi’s. Wo haſt’s denn ge-<lb/> funden?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [100/0113]
kennſt mir meinswegn ſagen: Vater Hilſe, morgen
mußt Du ſterben. Das kann ſchonn meeglich ſein, würd’
ich ſprechen — warum denn ni? — Du kenntſt mir
ſagen: Vater Hilſe, morgen beſucht Dich d’r Keenich von
Preußen — aber das Weber, Menſchen wie ich und
mei Sohn — und ſollten ſolche Sachen haben vor-
gehabt. Nimmermehr! Nie und nimmer wer’ ich
das glooben.
Mielchen (ſiebenjähriges, hübſches Mädchen, mit langen, offenen
Flachshaaren, ein Körbchen am Arm, kommt hereingeſprungen. Der Mutter
einen ſilbernen Eßlöffel entgegenhaltend). Mutterle, Mutterle! ſieh
ock, was ich hab! Du ſollſt mer a Kleedl d’rfor koofen.
Luiſe. Was kommſt ’n Du a ſo gejähdert,
Mädel? (Mit geſteigerter Aufregung und Spannung.) Was bringſt
’n da wieder geſchleppt, ſag emal. Du biſt ja ganz
hinter a Oden gekommen. Und de Feifel ſein noch im
Körbel. Was ſoll denn das heeßen, Mädel?
Der alte Hilſe. Mädel, wo haſt Du den
Löffel her?
Luiſe. Kann ſein, ſe hat’n gefunden.
Hornig. Seine zwee, drei Thaler is der gut
werth.
Der alte Hilſe (außer ſich). Naus, Mädel! naus!
Glei machſt das d’ naus kommſt. Wirſcht Du glei
folgen, oder ſoll ich a Prügel nehmen?! Und den
Leffel trägſt hin, wo d’n her haſt. Naus! Willſt
Du uns alle mitſammen zu Dieben machen, hä? Dare,
Dir wer ich’s mauſen austreiben (er ſucht etwas zum hauen).
Mielchen (ſich an der Mutter Röcke klammernd, weint). Groß-
vaterle, hau mich nich — mer — haben’s — doch
ge—gefunden. De — Spul … Spul — Kinder —
haben — alle — welche.
Luiſe (zwiſchen Angſt und Spannung hervor ſtoßend). Nu da
ſiehſt’s doch, gefunden hat ſi’s. Wo haſt’s denn ge-
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/113>, abgerufen am 30.07.2024. |