Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite
Wittig. Wenn m'rn kriegen, knippen mer'n uf.
Erster junger Weber. Mir nehmen'n bei a
Been'n und schmeißen'n zum Fenster naus, uff de
Steene, das a bald fer immer liegen bleibt.
Zweiter junger Weber (kommt). A is fort iber
alle Berge.
Alle. Wer denn?
Zweiter junger Weber. Dreißicher.
Bäcker. Feifer o?
Stimmen. Sucht Feifern! sucht Feifern!
Baumert. Such, such Feiferla, s' is a Webersch-
mann auszuhungern.
(Gelächter.)
Jäger. Wenn mersch o ni kriegen, das Dreißicher-
viehch ..., arm soll a wer'n.
Baumert. Arm soll a wer'n, wie ne Kirchen-
maus. Arm soll a wer'n:
(Alle stürmen in der Absicht zu
demoliren auf die Salonthüre zu.)
Bäcker (der voran eilt, macht eine Wendung und hält die Anderen auf.)
Halt, hört uf mich! Sei mer hier fertig, da fang m'r
erscht recht an. Von hier aus geh m'er nach Bielau
niber, zu Dittrichen, der de di mechanschen Webstihle
hat. Das ganze Elend kommt von a Fabriken.
Der alte Ansorge (kommt vom Flur herein. Nach-
dem er einige Schritte gemacht, bleibt er stehen, sieht sich ungläubig um,
schüttelt den Kopf, schlägt sich vor die Stirn und sagt).
Wer bin ich?
D'r Weber Anton Ansorge. Js a verruckt geworn,
Ansorge? 'S is wahr, mit mir dreht sich's um's
Kreisel rum wie ne Bremse. Was macht a hier?
Was a lustig is, wird a woll machen. Wo is a
hier, Ansorge?
(Er schlägt sich wiederholt vor den Kopf.) Jch bin ni
gescheut! Jch steh fer nischt. Jch bin ni recht
richtig. Geht weg, geht weg! Geht weg, Jhr Rebeller!
Kopp weg, Beene weg, Hände weg. Nimmst du m'r
mei Häusl, nehm ich d'r dei Häusl. Jmmer druff!

(Mit Geheul ab in den Salon. Die Anwesenden folgen ihm mit Gejohl
und Gelächter.)

Ende des vierten Aktes.

Wittig. Wenn m’rn kriegen, knippen mer’n uf.
Erſter junger Weber. Mir nehmen’n bei a
Been’n und ſchmeißen’n zum Fenſter naus, uff de
Steene, das a bald fer immer liegen bleibt.
Zweiter junger Weber (kommt). A is fort iber
alle Berge.
Alle. Wer denn?
Zweiter junger Weber. Dreißicher.
Bäcker. Feifer o?
Stimmen. Sucht Feifern! ſucht Feifern!
Baumert. Such, ſuch Feiferla, s’ is a Weberſch-
mann auszuhungern.
(Gelächter.)
Jäger. Wenn merſch o ni kriegen, das Dreißicher-
viehch …, arm ſoll a wer’n.
Baumert. Arm ſoll a wer’n, wie ne Kirchen-
maus. Arm ſoll a wer’n:
(Alle ſtürmen in der Abſicht zu
demoliren auf die Salonthüre zu.)
Bäcker (der voran eilt, macht eine Wendung und hält die Anderen auf.)
Halt, hört uf mich! Sei mer hier fertig, da fang m’r
erſcht recht an. Von hier aus geh m’er nach Bielau
niber, zu Dittrichen, der de di mechanſchen Webſtihle
hat. Das ganze Elend kommt von a Fabriken.
Der alte Anſorge (kommt vom Flur herein. Nach-
dem er einige Schritte gemacht, bleibt er ſtehen, ſieht ſich ungläubig um,
ſchüttelt den Kopf, ſchlägt ſich vor die Stirn und ſagt).
Wer bin ich?
D’r Weber Anton Anſorge. Js a verruckt geworn,
Anſorge? ’S is wahr, mit mir dreht ſich’s um’s
Kreisel rum wie ne Bremſe. Was macht a hier?
Was a luſtig is, wird a woll machen. Wo is a
hier, Anſorge?
(Er ſchlägt ſich wiederholt vor den Kopf.) Jch bin ni
geſcheut! Jch ſteh fer niſcht. Jch bin ni recht
richtig. Geht weg, geht weg! Geht weg, Jhr Rebeller!
Kopp weg, Beene weg, Hände weg. Nimmſt du m’r
mei Häusl, nehm ich d’r dei Häusl. Jmmer druff!

(Mit Geheul ab in den Salon. Die Anweſenden folgen ihm mit Gejohl
und Gelächter.)

Ende des vierten Aktes.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0103" n="90"/>
        <sp who="#WITT">
          <speaker><hi rendition="#g">Wittig</hi>.</speaker>
          <p>Wenn m&#x2019;rn kriegen, knippen mer&#x2019;n uf.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ERjWEB">
          <speaker><hi rendition="#g">Er&#x017F;ter junger Weber</hi>.</speaker>
          <p>Mir nehmen&#x2019;n bei a<lb/>
Been&#x2019;n und &#x017F;chmeißen&#x2019;n zum Fen&#x017F;ter naus, uff de<lb/>
Steene, das a bald fer immer liegen bleibt.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ZWEjWEB">
          <speaker> <hi rendition="#g">Zweiter junger Weber</hi> </speaker>
          <stage>(kommt).</stage>
          <p>A is fort iber<lb/>
alle Berge.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ALLE">
          <speaker><hi rendition="#g">Alle</hi>.</speaker>
          <p>Wer denn?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ZWEjWEB">
          <speaker><hi rendition="#g">Zweiter junger Weber</hi>.</speaker>
          <p>Dreißicher.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAECK">
          <speaker><hi rendition="#g">Bäcker</hi>.</speaker>
          <p>Feifer o?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#STIM">
          <speaker><hi rendition="#g">Stimmen</hi>.</speaker>
          <p>Sucht Feifern! &#x017F;ucht Feifern!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAUM">
          <speaker><hi rendition="#g">Baumert</hi>.</speaker>
          <p>Such, &#x017F;uch Feiferla, s&#x2019; is a Weber&#x017F;ch-<lb/>
mann auszuhungern.</p>
          <stage>(Gelächter.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#JAEG">
          <speaker><hi rendition="#g">Jäger</hi>.</speaker>
          <p>Wenn mer&#x017F;ch o ni kriegen, das Dreißicher-<lb/>
viehch &#x2026;, arm &#x017F;oll a wer&#x2019;n.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAUM">
          <speaker><hi rendition="#g">Baumert</hi>.</speaker>
          <p>Arm &#x017F;oll a wer&#x2019;n, wie ne Kirchen-<lb/>
maus. Arm &#x017F;oll a wer&#x2019;n:</p>
          <stage>(Alle &#x017F;türmen in der Ab&#x017F;icht zu<lb/>
demoliren auf die Salonthüre zu.)</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAECK">
          <speaker> <hi rendition="#g">Bäcker</hi> </speaker>
          <stage>(der voran eilt, macht eine Wendung und hält die Anderen auf.)</stage><lb/>
          <p>Halt, hört uf mich! Sei mer hier fertig, da fang m&#x2019;r<lb/>
er&#x017F;cht recht an. Von hier aus geh m&#x2019;er nach Bielau<lb/>
niber, zu Dittrichen, der de di mechan&#x017F;chen Web&#x017F;tihle<lb/>
hat. Das ganze Elend kommt von a Fabriken.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ANSO">
          <speaker> <hi rendition="#g">Der alte An&#x017F;orge</hi> </speaker>
          <stage>(kommt vom Flur herein. Nach-<lb/>
dem er einige Schritte gemacht, bleibt er &#x017F;tehen, &#x017F;ieht &#x017F;ich ungläubig um,<lb/>
&#x017F;chüttelt den Kopf, &#x017F;chlägt &#x017F;ich vor die Stirn und &#x017F;agt).</stage>
          <p>Wer bin ich?<lb/>
D&#x2019;r Weber Anton An&#x017F;orge. Js a verruckt geworn,<lb/>
An&#x017F;orge? &#x2019;S is wahr, mit mir dreht &#x017F;ich&#x2019;s um&#x2019;s<lb/>
Kreisel rum wie ne Brem&#x017F;e. Was macht a hier?<lb/>
Was a lu&#x017F;tig is, wird a woll machen. Wo is a<lb/>
hier, An&#x017F;orge?</p>
          <stage>(Er &#x017F;chlägt &#x017F;ich wiederholt vor den Kopf.)</stage>
          <p>Jch bin ni<lb/>
ge&#x017F;cheut! Jch &#x017F;teh fer ni&#x017F;cht. Jch bin ni recht<lb/>
richtig. Geht weg, geht weg! Geht weg, Jhr Rebeller!<lb/>
Kopp weg, Beene weg, Hände weg. Nimm&#x017F;t du m&#x2019;r<lb/>
mei Häusl, nehm ich d&#x2019;r dei Häusl. Jmmer druff!</p><lb/>
          <stage>(Mit Geheul ab in den Salon. Die Anwe&#x017F;enden folgen ihm mit Gejohl<lb/>
und Gelächter.)</stage><lb/>
          <stage><hi rendition="#g">Ende des vierten Aktes</hi>.</stage>
        </sp>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0103] Wittig. Wenn m’rn kriegen, knippen mer’n uf. Erſter junger Weber. Mir nehmen’n bei a Been’n und ſchmeißen’n zum Fenſter naus, uff de Steene, das a bald fer immer liegen bleibt. Zweiter junger Weber (kommt). A is fort iber alle Berge. Alle. Wer denn? Zweiter junger Weber. Dreißicher. Bäcker. Feifer o? Stimmen. Sucht Feifern! ſucht Feifern! Baumert. Such, ſuch Feiferla, s’ is a Weberſch- mann auszuhungern. (Gelächter.) Jäger. Wenn merſch o ni kriegen, das Dreißicher- viehch …, arm ſoll a wer’n. Baumert. Arm ſoll a wer’n, wie ne Kirchen- maus. Arm ſoll a wer’n: (Alle ſtürmen in der Abſicht zu demoliren auf die Salonthüre zu.) Bäcker (der voran eilt, macht eine Wendung und hält die Anderen auf.) Halt, hört uf mich! Sei mer hier fertig, da fang m’r erſcht recht an. Von hier aus geh m’er nach Bielau niber, zu Dittrichen, der de di mechanſchen Webſtihle hat. Das ganze Elend kommt von a Fabriken. Der alte Anſorge (kommt vom Flur herein. Nach- dem er einige Schritte gemacht, bleibt er ſtehen, ſieht ſich ungläubig um, ſchüttelt den Kopf, ſchlägt ſich vor die Stirn und ſagt). Wer bin ich? D’r Weber Anton Anſorge. Js a verruckt geworn, Anſorge? ’S is wahr, mit mir dreht ſich’s um’s Kreisel rum wie ne Bremſe. Was macht a hier? Was a luſtig is, wird a woll machen. Wo is a hier, Anſorge? (Er ſchlägt ſich wiederholt vor den Kopf.) Jch bin ni geſcheut! Jch ſteh fer niſcht. Jch bin ni recht richtig. Geht weg, geht weg! Geht weg, Jhr Rebeller! Kopp weg, Beene weg, Hände weg. Nimmſt du m’r mei Häusl, nehm ich d’r dei Häusl. Jmmer druff! (Mit Geheul ab in den Salon. Die Anweſenden folgen ihm mit Gejohl und Gelächter.) Ende des vierten Aktes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Weber sind zu Beginn auf schlesisch erschiene… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/103
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/103>, abgerufen am 23.11.2024.