Hauptmann, Gerhart: Vor Sonnenaufgang. Berlin, 1889.
unserer Fabrik abfloß. -- Ja, Fräulein! wenn man dies Alles kennt, wie ich es jetzt kenne -- glauben Sie mir! -- dann läßt es Einem keine Ruhe mehr. Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem sich in der Welt sonst Niemand etwas denkt, ja, ein Paar rein gewaschene, gepflegte Hände schon können Einen in die bitterste Laune versetzen. Helene. Ich hab auch mal so was gesehen. Hu! schrecklich war das, schrecklich! Loth. Was? Helene. Der Sohn von einem Arbeitsmann wurde halbtodt hier hereingetragen. Es ist nun... drei Jahre vielleicht ist es her. Loth. War er verunglückt? Helene. Ja, drüben im Bärenstollen. Loth. Ein Bergmann also? Helene. Ja, die meisten jungen Leute hier herum gehen auf die Grube. -- Ein zweiter Sohn desselben Vaters war auch Schlepper und ist auch verunglückt. Loth. Beide todt? Helene. Beide todt.......... .................. Einmal riß etwas an der Fahrkunst, das andere Mal waren es schlagende Wetter. -- Der alte Beibst hat aber noch einen dritten Sohn, der fährt auch seit Ostern ein. Loth. Was Sie sagen! -- hat er Nichts dawider? Helene. Gar nichts, nein! Er ist nur jetzt noch weit mürrischer als früher. Haben Sie ihn nicht schon gesehen? Loth. Wieso ich? Helene. Er saß ja heut früh nebenan, unter der Durchfahrt. Loth. Ach! -- wie?....Er arbeitet hier im Hofe? Helene. Schon seit Jahren. Loth. Er hinkt?
unſerer Fabrik abfloß. — Ja, Fräulein! wenn man dies Alles kennt, wie ich es jetzt kenne — glauben Sie mir! — dann läßt es Einem keine Ruhe mehr. Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem ſich in der Welt ſonſt Niemand etwas denkt, ja, ein Paar rein gewaſchene, gepflegte Hände ſchon können Einen in die bitterſte Laune verſetzen. Helene. Ich hab auch mal ſo was geſehen. Hu! ſchrecklich war das, ſchrecklich! Loth. Was? Helene. Der Sohn von einem Arbeitsmann wurde halbtodt hier hereingetragen. Es iſt nun... drei Jahre vielleicht iſt es her. Loth. War er verunglückt? Helene. Ja, drüben im Bärenſtollen. Loth. Ein Bergmann alſo? Helene. Ja, die meiſten jungen Leute hier herum gehen auf die Grube. — Ein zweiter Sohn deſſelben Vaters war auch Schlepper und iſt auch verunglückt. Loth. Beide todt? Helene. Beide todt.......... .................. Einmal riß etwas an der Fahrkunſt, das andere Mal waren es ſchlagende Wetter. — Der alte Beibſt hat aber noch einen dritten Sohn, der fährt auch ſeit Oſtern ein. Loth. Was Sie ſagen! — hat er Nichts dawider? Helene. Gar nichts, nein! Er iſt nur jetzt noch weit mürriſcher als früher. Haben Sie ihn nicht ſchon geſehen? Loth. Wieſo ich? Helene. Er ſaß ja heut früh nebenan, unter der Durchfahrt. Loth. Ach! — wie?....Er arbeitet hier im Hofe? Helene. Schon ſeit Jahren. Loth. Er hinkt? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#LOT"> <p><pb facs="#f0054" n="48"/> unſerer Fabrik abfloß. — Ja, Fräulein! wenn man<lb/> dies Alles kennt, wie ich es <hi rendition="#g">jetzt</hi> kenne — glauben<lb/> Sie mir! — dann läßt es Einem keine Ruhe mehr.<lb/> Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem ſich in der Welt<lb/> ſonſt Niemand etwas denkt, ja, ein Paar rein gewaſchene,<lb/> gepflegte Hände ſchon können Einen in die bitterſte<lb/> Laune verſetzen.</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Ich hab auch mal ſo was geſehen.<lb/> Hu! ſchrecklich war das, <hi rendition="#g">ſchrecklich</hi>!</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Was?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Der Sohn von einem Arbeitsmann<lb/> wurde halbtodt hier hereingetragen. Es iſt nun...<lb/> drei Jahre vielleicht iſt es her.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>War er verunglückt?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Ja, drüben im Bärenſtollen.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Ein Bergmann alſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Ja, die meiſten jungen Leute hier herum<lb/> gehen auf die Grube. — Ein zweiter Sohn deſſelben<lb/> Vaters war auch Schlepper und iſt auch verunglückt.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Beide todt?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Beide todt..........<lb/> ..................<lb/> Einmal riß etwas an der Fahrkunſt, das andere Mal<lb/> waren es ſchlagende Wetter. — Der alte Beibſt hat<lb/> aber noch einen dritten Sohn, der fährt auch ſeit<lb/> Oſtern ein.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p><hi rendition="#g">Was</hi> Sie ſagen! — hat er Nichts dawider?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Gar nichts, nein! Er iſt nur jetzt noch<lb/> weit mürriſcher als früher. Haben Sie ihn nicht ſchon<lb/> geſehen?</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Wieſo ich?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Er ſaß ja heut früh nebenan, unter der<lb/> Durchfahrt.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Ach! — wie?....Er arbeitet hier<lb/> im Hofe?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEL"> <speaker><hi rendition="#g">Helene</hi>.</speaker> <p>Schon ſeit Jahren.</p> </sp><lb/> <sp who="#LOT"> <speaker><hi rendition="#g">Loth</hi>.</speaker> <p>Er hinkt?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [48/0054]
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dies Alles kennt, wie ich es jetzt kenne — glauben
Sie mir! — dann läßt es Einem keine Ruhe mehr.
Ein einfaches Stückchen Seife, bei dem ſich in der Welt
ſonſt Niemand etwas denkt, ja, ein Paar rein gewaſchene,
gepflegte Hände ſchon können Einen in die bitterſte
Laune verſetzen.
Helene. Ich hab auch mal ſo was geſehen.
Hu! ſchrecklich war das, ſchrecklich!
Loth. Was?
Helene. Der Sohn von einem Arbeitsmann
wurde halbtodt hier hereingetragen. Es iſt nun...
drei Jahre vielleicht iſt es her.
Loth. War er verunglückt?
Helene. Ja, drüben im Bärenſtollen.
Loth. Ein Bergmann alſo?
Helene. Ja, die meiſten jungen Leute hier herum
gehen auf die Grube. — Ein zweiter Sohn deſſelben
Vaters war auch Schlepper und iſt auch verunglückt.
Loth. Beide todt?
Helene. Beide todt..........
..................
Einmal riß etwas an der Fahrkunſt, das andere Mal
waren es ſchlagende Wetter. — Der alte Beibſt hat
aber noch einen dritten Sohn, der fährt auch ſeit
Oſtern ein.
Loth. Was Sie ſagen! — hat er Nichts dawider?
Helene. Gar nichts, nein! Er iſt nur jetzt noch
weit mürriſcher als früher. Haben Sie ihn nicht ſchon
geſehen?
Loth. Wieſo ich?
Helene. Er ſaß ja heut früh nebenan, unter der
Durchfahrt.
Loth. Ach! — wie?....Er arbeitet hier
im Hofe?
Helene. Schon ſeit Jahren.
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