Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wärter richtete einige Fragen an ihn.
bekam jedoch keine Antwort und bemerkte bald,
daß er es mit einem Irrsinnigen zu thun habe.

Der Wärter am Block, davon in Kenntniß
gesetzt, erbat telegraphisch Hilfe.

Nun versuchten mehrere Männer ihn durch
gutes Zureden von den Geleisen fortzulocken;
leider ohne Erfolg.

Der Schnellzug, der um diese Zeit passierte
mußte anhalten, und erst der Übermacht seines
Personales gelang es, den Kranken, der alsbald
furchtbar zu toben begann, mit Gewalt von der
Strecke zu entfernen.

Man mußte ihm Hände und Füße binden,
und der inzwischen requirierte Gendarm über¬
wachte seinen Transport nach dem Berliner
Untersuchungsgefängnisse, von wo aus er
jedoch schon am ersten Tage nach der Irren¬
abteilung der Charite überführt wurde. Noch
bei der Einlieferung hielt er das braune Mützchen
in Händen und bewachte es mit eifersüchtiger
Sorgfalt und Zärtlichkeit.


Der Wärter richtete einige Fragen an ihn.
bekam jedoch keine Antwort und bemerkte bald,
daß er es mit einem Irrſinnigen zu thun habe.

Der Wärter am Block, davon in Kenntniß
geſetzt, erbat telegraphiſch Hilfe.

Nun verſuchten mehrere Männer ihn durch
gutes Zureden von den Geleiſen fortzulocken;
leider ohne Erfolg.

Der Schnellzug, der um dieſe Zeit paſſierte
mußte anhalten, und erſt der Übermacht ſeines
Perſonales gelang es, den Kranken, der alsbald
furchtbar zu toben begann, mit Gewalt von der
Strecke zu entfernen.

Man mußte ihm Hände und Füße binden,
und der inzwiſchen requirierte Gendarm über¬
wachte ſeinen Transport nach dem Berliner
Unterſuchungsgefängniſſe, von wo aus er
jedoch ſchon am erſten Tage nach der Irren¬
abteilung der Charité überführt wurde. Noch
bei der Einlieferung hielt er das braune Mützchen
in Händen und bewachte es mit eiferſüchtiger
Sorgfalt und Zärtlichkeit.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0075" n="63"/>
          <p>Der Wärter richtete einige Fragen an ihn.<lb/>
bekam jedoch keine Antwort und bemerkte bald,<lb/>
daß er es mit einem Irr&#x017F;innigen zu thun habe.</p><lb/>
          <p>Der Wärter am Block, davon in Kenntniß<lb/>
ge&#x017F;etzt, erbat telegraphi&#x017F;ch Hilfe.</p><lb/>
          <p>Nun ver&#x017F;uchten mehrere Männer ihn durch<lb/>
gutes Zureden von den Gelei&#x017F;en fortzulocken;<lb/>
leider ohne Erfolg.</p><lb/>
          <p>Der Schnellzug, der um die&#x017F;e Zeit pa&#x017F;&#x017F;ierte<lb/>
mußte anhalten, und er&#x017F;t der Übermacht &#x017F;eines<lb/>
Per&#x017F;onales gelang es, den Kranken, der alsbald<lb/>
furchtbar zu toben begann, mit Gewalt von der<lb/>
Strecke zu entfernen.</p><lb/>
          <p>Man mußte ihm Hände und Füße binden,<lb/>
und der inzwi&#x017F;chen requirierte Gendarm über¬<lb/>
wachte &#x017F;einen Transport nach dem Berliner<lb/>
Unter&#x017F;uchungsgefängni&#x017F;&#x017F;e, von wo aus er<lb/>
jedoch &#x017F;chon am er&#x017F;ten Tage nach der Irren¬<lb/>
abteilung der Charité überführt wurde. Noch<lb/>
bei der Einlieferung hielt er das braune Mützchen<lb/>
in Händen und bewachte es mit eifer&#x017F;üchtiger<lb/>
Sorgfalt und Zärtlichkeit.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0075] Der Wärter richtete einige Fragen an ihn. bekam jedoch keine Antwort und bemerkte bald, daß er es mit einem Irrſinnigen zu thun habe. Der Wärter am Block, davon in Kenntniß geſetzt, erbat telegraphiſch Hilfe. Nun verſuchten mehrere Männer ihn durch gutes Zureden von den Geleiſen fortzulocken; leider ohne Erfolg. Der Schnellzug, der um dieſe Zeit paſſierte mußte anhalten, und erſt der Übermacht ſeines Perſonales gelang es, den Kranken, der alsbald furchtbar zu toben begann, mit Gewalt von der Strecke zu entfernen. Man mußte ihm Hände und Füße binden, und der inzwiſchen requirierte Gendarm über¬ wachte ſeinen Transport nach dem Berliner Unterſuchungsgefängniſſe, von wo aus er jedoch ſchon am erſten Tage nach der Irren¬ abteilung der Charité überführt wurde. Noch bei der Einlieferung hielt er das braune Mützchen in Händen und bewachte es mit eiferſüchtiger Sorgfalt und Zärtlichkeit.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/75
Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/75>, abgerufen am 04.12.2024.