Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.bestreute Bahndamm ausfüllte. Die schwarzen, Der Wind hatte sich erhoben und trieb leise Die Sonne, welche soeben unter dem Rande Auch die Geleise begannen zu glühen, feurigen beſtreute Bahndamm ausfüllte. Die ſchwarzen, Der Wind hatte ſich erhoben und trieb leiſe Die Sonne, welche ſoeben unter dem Rande Auch die Geleiſe begannen zu glühen, feurigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0038" n="26"/> beſtreute Bahndamm ausfüllte. Die ſchwarzen,<lb/> parallellaufenden Geleiſe darauf glichen in ihrer<lb/> Geſamtheit einer ungeheuren, eiſernen Netz¬<lb/> maſche, deren ſchmale Strähne ſich im äußerſten<lb/> Süden und Norden in einem Punkte des Hori¬<lb/> zontes zuſammenzogen.</p><lb/> <p>Der Wind hatte ſich erhoben und trieb leiſe<lb/> Wellen den Waldrand hinunter und in die<lb/> Ferne hinein, Aus den Telegraphenſtangen, die<lb/> die Strecke begleiteten, tönten ſummende Akkorde.<lb/> Auf den Drähten, die ſich wie das Gewebe<lb/> einer Rieſenſpinne von Stange zu Stange fort¬<lb/> rankten, klebten in dichten Reihen Scharen<lb/> zwitſchernder Vögel. Ein Specht flog lachend<lb/> über Thiels Kopf weg, ohne daß er eines Blickes<lb/> gewürdigt wurde.</p><lb/> <p>Die Sonne, welche ſoeben unter dem Rande<lb/> mächtiger Wolken herabhing, um in das ſchwarz¬<lb/> grüne Wipfelmeer zu verſinken, goß Ströme<lb/> von Purpur über den Forſt. Die Säulen¬<lb/> arkaden der Kiefernſtämme jenſeit des Dammes<lb/> entzündeten ſich gleichſam von Innen heraus<lb/> und glühten wie Eiſen.</p><lb/> <p>Auch die Geleiſe begannen zu glühen, feurigen<lb/> Schlangen gleich, aber ſie erloſchen zuerſt; und<lb/> nun ſtieg die Glut langſam vom Erdboden in<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0038]
beſtreute Bahndamm ausfüllte. Die ſchwarzen,
parallellaufenden Geleiſe darauf glichen in ihrer
Geſamtheit einer ungeheuren, eiſernen Netz¬
maſche, deren ſchmale Strähne ſich im äußerſten
Süden und Norden in einem Punkte des Hori¬
zontes zuſammenzogen.
Der Wind hatte ſich erhoben und trieb leiſe
Wellen den Waldrand hinunter und in die
Ferne hinein, Aus den Telegraphenſtangen, die
die Strecke begleiteten, tönten ſummende Akkorde.
Auf den Drähten, die ſich wie das Gewebe
einer Rieſenſpinne von Stange zu Stange fort¬
rankten, klebten in dichten Reihen Scharen
zwitſchernder Vögel. Ein Specht flog lachend
über Thiels Kopf weg, ohne daß er eines Blickes
gewürdigt wurde.
Die Sonne, welche ſoeben unter dem Rande
mächtiger Wolken herabhing, um in das ſchwarz¬
grüne Wipfelmeer zu verſinken, goß Ströme
von Purpur über den Forſt. Die Säulen¬
arkaden der Kiefernſtämme jenſeit des Dammes
entzündeten ſich gleichſam von Innen heraus
und glühten wie Eiſen.
Auch die Geleiſe begannen zu glühen, feurigen
Schlangen gleich, aber ſie erloſchen zuerſt; und
nun ſtieg die Glut langſam vom Erdboden in
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Zitationshilfe: | Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/38>, abgerufen am 16.02.2025. |