Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.breiten, behaarten Nacken ein wenig gesenkt Auch der Pastor gestattete sich, als Thiel "Ihr wollt also schon wieder heiraten?" "Mit der Toten kann ich nicht wirtschaften, "Nun ja wohl -- aber ich meine -- Ihr "Der Junge geht mir d'rauf, Herr Prediger." Thiels Frau war im Wochenbett gestorben, "Ach so, der Junge," sagte der Geistliche 1*
breiten, behaarten Nacken ein wenig geſenkt Auch der Paſtor geſtattete ſich, als Thiel „Ihr wollt alſo ſchon wieder heiraten?“ „Mit der Toten kann ich nicht wirtſchaften, „Nun ja wohl — aber ich meine — Ihr „Der Junge geht mir d'rauf, Herr Prediger.“ Thiels Frau war im Wochenbett geſtorben, „Ach ſo, der Junge,“ ſagte der Geiſtliche 1*
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breiten, behaarten Nacken ein wenig geſenkt
trug und noch eifriger der Predigt lauſchte oder
ſang, als er es früher gethan hatte. Es war
die allgemeine Anſicht, daß ihm der Tod ſeiner
Frau nicht ſehr nahe gegangen ſei, und dieſe
Anſicht erhielt eine Bekräftigung, als ſich Thiel
nach Verlauf eines Jahres zum zweiten Male
und zwar mit einem dicken und ſtarken Frauen¬
zimmer, einer Kuhmagd aus Alte-Grund, ver¬
heiratete.
Auch der Paſtor geſtattete ſich, als Thiel
die Trauung anmelden kam, einige Bedenken
zu äußern:
„Ihr wollt alſo ſchon wieder heiraten?“
„Mit der Toten kann ich nicht wirtſchaften,
Herr Prediger!“
„Nun ja wohl — aber ich meine — Ihr
eilt ein wenig.“
„Der Junge geht mir d'rauf, Herr Prediger.“
Thiels Frau war im Wochenbett geſtorben,
und der Junge, welchen ſie zur Welt gebracht,
lebte und hatte den Namen Tobias erhalten.
„Ach ſo, der Junge,“ ſagte der Geiſtliche
und machte eine Bewegung, die deutlich zeigte,
daß er ſich des Kleinen erſt jetzt erinnere. „Das
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