Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.diesen Reflexionen; ich hörte Schlüssel rasseln an der Thüre, sie ging langsam auf, und der alte Rathsdiener trat grüßend ein. Sechs Uhr hat es eben geschlagen, sprach er, und wie Sie befohlen, bin ich da, Sie heraus zu lassen. Nun -- fuhr er fort, als ich mich schweigend anschickte, ihm zu folgen, nun und wie haben Sie geschlafen diese Nacht? So gut es sich auf einem Stuhl thun läßt, ziemlich gut. Herr, rief er ängstlich und betrachtete mich genauer, Ihnen ist etwas Unheimliches passirt diese Nacht. Sie sehen so verstört und bleich aus, und Ihre Stimme zittert! Alter, was wird mir passirt sein! erwiderte ich, mich zum Lachen zwingend; wenn ich bleich aussehe und verstört, so kömmt es vom langen Wachen, und weil ich nicht im Bette geschlafen. Ich sehe, was ich sehe, sagte er kopfschüttelnd; und der Nachtwächter war heute früh auch schon bei mir und erzählte, wie er am Kellerloch vorübergegangen zwischen zwölf und ein Uhr, habe er allerlei Gesang und Gemurmel vieler Stimmen vernommen aus dem Keller. Einbildungen, Possen! Ich habe ein wenig für mich gesungen zur Unterhaltung und vielleicht im Schlaf gesprochen, das ist Alles. Diesmal Einen im Keller gelassen in solcher Nacht diesen Reflexionen; ich hörte Schlüssel rasseln an der Thüre, sie ging langsam auf, und der alte Rathsdiener trat grüßend ein. Sechs Uhr hat es eben geschlagen, sprach er, und wie Sie befohlen, bin ich da, Sie heraus zu lassen. Nun — fuhr er fort, als ich mich schweigend anschickte, ihm zu folgen, nun und wie haben Sie geschlafen diese Nacht? So gut es sich auf einem Stuhl thun läßt, ziemlich gut. Herr, rief er ängstlich und betrachtete mich genauer, Ihnen ist etwas Unheimliches passirt diese Nacht. Sie sehen so verstört und bleich aus, und Ihre Stimme zittert! Alter, was wird mir passirt sein! erwiderte ich, mich zum Lachen zwingend; wenn ich bleich aussehe und verstört, so kömmt es vom langen Wachen, und weil ich nicht im Bette geschlafen. Ich sehe, was ich sehe, sagte er kopfschüttelnd; und der Nachtwächter war heute früh auch schon bei mir und erzählte, wie er am Kellerloch vorübergegangen zwischen zwölf und ein Uhr, habe er allerlei Gesang und Gemurmel vieler Stimmen vernommen aus dem Keller. Einbildungen, Possen! Ich habe ein wenig für mich gesungen zur Unterhaltung und vielleicht im Schlaf gesprochen, das ist Alles. Diesmal Einen im Keller gelassen in solcher Nacht <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="3"> <p><pb facs="#f0081"/> diesen Reflexionen; ich hörte Schlüssel rasseln an der Thüre, sie ging langsam auf, und der alte Rathsdiener trat grüßend ein.</p><lb/> <p>Sechs Uhr hat es eben geschlagen, sprach er, und wie Sie befohlen, bin ich da, Sie heraus zu lassen. Nun — fuhr er fort, als ich mich schweigend anschickte, ihm zu folgen, nun und wie haben Sie geschlafen diese Nacht?</p><lb/> <p>So gut es sich auf einem Stuhl thun läßt, ziemlich gut.</p><lb/> <p>Herr, rief er ängstlich und betrachtete mich genauer, Ihnen ist etwas Unheimliches passirt diese Nacht. Sie sehen so verstört und bleich aus, und Ihre Stimme zittert!</p><lb/> <p>Alter, was wird mir passirt sein! erwiderte ich, mich zum Lachen zwingend; wenn ich bleich aussehe und verstört, so kömmt es vom langen Wachen, und weil ich nicht im Bette geschlafen.</p><lb/> <p>Ich sehe, was ich sehe, sagte er kopfschüttelnd; und der Nachtwächter war heute früh auch schon bei mir und erzählte, wie er am Kellerloch vorübergegangen zwischen zwölf und ein Uhr, habe er allerlei Gesang und Gemurmel vieler Stimmen vernommen aus dem Keller.</p><lb/> <p>Einbildungen, Possen! Ich habe ein wenig für mich gesungen zur Unterhaltung und vielleicht im Schlaf gesprochen, das ist Alles.</p><lb/> <p>Diesmal Einen im Keller gelassen in solcher Nacht<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
diesen Reflexionen; ich hörte Schlüssel rasseln an der Thüre, sie ging langsam auf, und der alte Rathsdiener trat grüßend ein.
Sechs Uhr hat es eben geschlagen, sprach er, und wie Sie befohlen, bin ich da, Sie heraus zu lassen. Nun — fuhr er fort, als ich mich schweigend anschickte, ihm zu folgen, nun und wie haben Sie geschlafen diese Nacht?
So gut es sich auf einem Stuhl thun läßt, ziemlich gut.
Herr, rief er ängstlich und betrachtete mich genauer, Ihnen ist etwas Unheimliches passirt diese Nacht. Sie sehen so verstört und bleich aus, und Ihre Stimme zittert!
Alter, was wird mir passirt sein! erwiderte ich, mich zum Lachen zwingend; wenn ich bleich aussehe und verstört, so kömmt es vom langen Wachen, und weil ich nicht im Bette geschlafen.
Ich sehe, was ich sehe, sagte er kopfschüttelnd; und der Nachtwächter war heute früh auch schon bei mir und erzählte, wie er am Kellerloch vorübergegangen zwischen zwölf und ein Uhr, habe er allerlei Gesang und Gemurmel vieler Stimmen vernommen aus dem Keller.
Einbildungen, Possen! Ich habe ein wenig für mich gesungen zur Unterhaltung und vielleicht im Schlaf gesprochen, das ist Alles.
Diesmal Einen im Keller gelassen in solcher Nacht
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Zitationshilfe: | Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Ratskeller. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 117–197. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_ratskeller_1910/81>, abgerufen am 16.02.2025. |