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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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Doctor oder vacirender Magister, und diese
Hungerleider lassen sich ihn erst noch aufwich¬
sen."

"Muß ganz gehorsamst depreciren, Herr
von Judas," unterbrach ich den schrecklichen
Rothrock. "Nur einige kleine Versuche habe
ich gethan mit dero Rebenblut von 1700 und
etlichen Jahren, und den hat mir allerdings
der wackere Bürgermeister einschenken lassen;
was Sie aber hier sehen, ist etwas neuer und
in baarer Münze von mir bezahlt."

"Doctor, ereifert Euch nicht," sagte Frau
Rose, "er meint's nicht so böse, der Judas,
und er ärgert sich nur und mit Recht, daß
die Zeiten so lau geworden."

"Ja!" rief Andreas, der feine, schöne
Andreas," ich glaube, dieses Geschlecht fühlt,
daß es keines edlen Trankes mehr werth ist,
drum sollen sie hier ein Gesöff von allerlei
Schnaps und Syrup brauen, heißen es Chateau

Doctor oder vacirender Magiſter, und dieſe
Hungerleider laſſen ſich ihn erſt noch aufwich¬
ſen.“

„Muß ganz gehorſamſt depreciren, Herr
von Judas,“ unterbrach ich den ſchrecklichen
Rothrock. „Nur einige kleine Verſuche habe
ich gethan mit dero Rebenblut von 1700 und
etlichen Jahren, und den hat mir allerdings
der wackere Buͤrgermeiſter einſchenken laſſen;
was Sie aber hier ſehen, iſt etwas neuer und
in baarer Muͤnze von mir bezahlt.“

„Doctor, ereifert Euch nicht,“ ſagte Frau
Roſe, „er meint's nicht ſo boͤſe, der Judas,
und er aͤrgert ſich nur und mit Recht, daß
die Zeiten ſo lau geworden.“

„Ja!“ rief Andreas, der feine, ſchoͤne
Andreas,“ ich glaube, dieſes Geſchlecht fuͤhlt,
daß es keines edlen Trankes mehr werth iſt,
drum ſollen ſie hier ein Geſoͤff von allerlei
Schnaps und Syrup brauen, heißen es Château

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[71/0077] Doctor oder vacirender Magiſter, und dieſe Hungerleider laſſen ſich ihn erſt noch aufwich¬ ſen.“ „Muß ganz gehorſamſt depreciren, Herr von Judas,“ unterbrach ich den ſchrecklichen Rothrock. „Nur einige kleine Verſuche habe ich gethan mit dero Rebenblut von 1700 und etlichen Jahren, und den hat mir allerdings der wackere Buͤrgermeiſter einſchenken laſſen; was Sie aber hier ſehen, iſt etwas neuer und in baarer Muͤnze von mir bezahlt.“ „Doctor, ereifert Euch nicht,“ ſagte Frau Roſe, „er meint's nicht ſo boͤſe, der Judas, und er aͤrgert ſich nur und mit Recht, daß die Zeiten ſo lau geworden.“ „Ja!“ rief Andreas, der feine, ſchoͤne Andreas,“ ich glaube, dieſes Geſchlecht fuͤhlt, daß es keines edlen Trankes mehr werth iſt, drum ſollen ſie hier ein Geſoͤff von allerlei Schnaps und Syrup brauen, heißen es Château

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/77>, abgerufen am 23.11.2024.