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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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dem Alten aus dem Bachus-Keller. Und war
es denn auch der Schein der Kerzen, war es
auch Täuschung, als ich mich umsah? Nickte
er mir nicht mit dem runden Köpfchen, streckte
er mir nicht das eine seiner Beinchen nach und
schüttelte und krümmte sich vor heimlichem La¬
chen? Ich rannte unwillkührlich dem Alten
nach und schloß mich dicht hinter ihm an.

"Jetzt zu den zwölf Aposteln," sprach ich
zu ihm, "wie sollen uns dort die Proben mun¬
den!"

Er antwortete nichts; kopfschüttelnd ging
er weiter. Man steigt vom Keller einige Stu¬
fen aufwärts, zum kleinen Kellerlein, zum
unterirdischen Himmelsgewölbe, zum Sitz der
Seligkeit, wo die Zwölfe hausen. Was
seyd ihr Trauergewölbe und Grüfte alter Kö¬
nigshäuser gegen diese Katacomben! Pflan¬
zet Särge neben Särge, rühmet auf schwar¬
zem Marmor die Verdienste des Mannes,

dem Alten aus dem Bachus-Keller. Und war
es denn auch der Schein der Kerzen, war es
auch Taͤuſchung, als ich mich umſah? Nickte
er mir nicht mit dem runden Koͤpfchen, ſtreckte
er mir nicht das eine ſeiner Beinchen nach und
ſchuͤttelte und kruͤmmte ſich vor heimlichem La¬
chen? Ich rannte unwillkuͤhrlich dem Alten
nach und ſchloß mich dicht hinter ihm an.

„Jetzt zu den zwoͤlf Apoſteln,“ ſprach ich
zu ihm, „wie ſollen uns dort die Proben mun¬
den!“

Er antwortete nichts; kopfſchuͤttelnd ging
er weiter. Man ſteigt vom Keller einige Stu¬
fen aufwaͤrts, zum kleinen Kellerlein, zum
unterirdiſchen Himmelsgewoͤlbe, zum Sitz der
Seligkeit, wo die Zwoͤlfe hauſen. Was
ſeyd ihr Trauergewoͤlbe und Gruͤfte alter Koͤ¬
nigshaͤuſer gegen dieſe Katacomben! Pflan¬
zet Saͤrge neben Saͤrge, ruͤhmet auf ſchwar¬
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[23/0029] dem Alten aus dem Bachus-Keller. Und war es denn auch der Schein der Kerzen, war es auch Taͤuſchung, als ich mich umſah? Nickte er mir nicht mit dem runden Koͤpfchen, ſtreckte er mir nicht das eine ſeiner Beinchen nach und ſchuͤttelte und kruͤmmte ſich vor heimlichem La¬ chen? Ich rannte unwillkuͤhrlich dem Alten nach und ſchloß mich dicht hinter ihm an. „Jetzt zu den zwoͤlf Apoſteln,“ ſprach ich zu ihm, „wie ſollen uns dort die Proben mun¬ den!“ Er antwortete nichts; kopfſchuͤttelnd ging er weiter. Man ſteigt vom Keller einige Stu¬ fen aufwaͤrts, zum kleinen Kellerlein, zum unterirdiſchen Himmelsgewoͤlbe, zum Sitz der Seligkeit, wo die Zwoͤlfe hauſen. Was ſeyd ihr Trauergewoͤlbe und Gruͤfte alter Koͤ¬ nigshaͤuſer gegen dieſe Katacomben! Pflan¬ zet Saͤrge neben Saͤrge, ruͤhmet auf ſchwar¬ zem Marmor die Verdienſte des Mannes,

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/29>, abgerufen am 19.04.2024.