Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Das heftige Anstoßen giebt dem ganzen Nerven-
system eine Erschütterung, die bei Berücksichtigung der
hohen Reizbarkeit desselben, sehr beträchtlich sein muß.

Bei häufiger Wiederholung wird also das schnelle
Wiegen alle schlimmen Folgen der Ermüdung und
Erschöpfung der Sensibilität nach sich ziehen.

Die beste Art, das Kind früh gehen zu lernen,
ist wohl die folgende: Man legt das leicht bekleidete
Kind auf die Erde, so daß es auf einem Teppich auf
dem Rücken liegt. "Es wird nun bald anfangen
die Arme und Beine zu bewegen, und somit die erste
active Bewegung der Gliedmaßen täglich mit Ver-
gnügen üben. Ein weiches Bette taugt dazu nichts,
weil das Kind in die weichen Federn sinkt, und so-
mit sich nicht frei genug regen und bewegen kann.
Wie angenehm diese tägliche Leibesübung für Säug-
linge ist, kann man daraus abnehmen, daß sie sogleich
ruhig und vergnügt werden, wenn man sie vom wei-
chen Lager auf ein hartes und auf den Fußboden
legt, und die Erfahrung lehrt, daß durch dieses Ver-
fahren die Kinder nicht allein an Kraft zunehmen
und früher gehen lernen, sondern daß sie des Nachts
auch ruhiger schlafen, denn kein Schlaf ist erquicken-
der als der, welcher auf mäßige Körperanstrengung
folgt. Mit dem neunten, zehnten Monat fangen alle
Kinder, mit denen man täglich die genannten Lei-
besübungen anstellte, schon an zu kriechen und bald

3*

Das heftige Anſtoßen giebt dem ganzen Nerven-
ſyſtem eine Erſchuͤtterung, die bei Berückſichtigung der
hohen Reizbarkeit desſelben, ſehr beträchtlich ſein muß.

Bei haͤufiger Wiederholung wird alſo das ſchnelle
Wiegen alle ſchlimmen Folgen der Ermuͤdung und
Erſchoͤpfung der Senſibilitaͤt nach ſich ziehen.

Die beſte Art, das Kind fruͤh gehen zu lernen,
iſt wohl die folgende: Man legt das leicht bekleidete
Kind auf die Erde, ſo daß es auf einem Teppich auf
dem Ruͤcken liegt. »Es wird nun bald anfangen
die Arme und Beine zu bewegen, und ſomit die erſte
active Bewegung der Gliedmaßen taͤglich mit Ver-
gnügen üben. Ein weiches Bette taugt dazu nichts,
weil das Kind in die weichen Federn ſinkt, und ſo-
mit ſich nicht frei genug regen und bewegen kann.
Wie angenehm dieſe taͤgliche Leibesuͤbung fuͤr Saͤug-
linge iſt, kann man daraus abnehmen, daß ſie ſogleich
ruhig und vergnuͤgt werden, wenn man ſie vom wei-
chen Lager auf ein hartes und auf den Fußboden
legt, und die Erfahrung lehrt, daß durch dieſes Ver-
fahren die Kinder nicht allein an Kraft zunehmen
und fruͤher gehen lernen, ſondern daß ſie des Nachts
auch ruhiger ſchlafen, denn kein Schlaf iſt erquicken-
der als der, welcher auf maͤßige Koͤrperanſtrengung
folgt. Mit dem neunten, zehnten Monat fangen alle
Kinder, mit denen man taͤglich die genannten Lei-
besuͤbungen anſtellte, ſchon an zu kriechen und bald

3*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0045" n="35"/>
        <p>Das heftige An&#x017F;toßen giebt dem ganzen Nerven-<lb/>
&#x017F;y&#x017F;tem eine Er&#x017F;chu&#x0364;tterung, die bei Berück&#x017F;ichtigung der<lb/>
hohen Reizbarkeit des&#x017F;elben, &#x017F;ehr beträchtlich &#x017F;ein muß.</p><lb/>
        <p>Bei ha&#x0364;ufiger Wiederholung wird al&#x017F;o das &#x017F;chnelle<lb/>
Wiegen alle &#x017F;chlimmen Folgen der Ermu&#x0364;dung und<lb/>
Er&#x017F;cho&#x0364;pfung der Sen&#x017F;ibilita&#x0364;t nach &#x017F;ich ziehen.</p><lb/>
        <p>Die be&#x017F;te Art, das Kind fru&#x0364;h gehen zu lernen,<lb/>
i&#x017F;t wohl die folgende: Man legt das leicht bekleidete<lb/>
Kind auf die Erde, &#x017F;o daß es auf einem Teppich auf<lb/>
dem Ru&#x0364;cken liegt. »Es wird nun bald anfangen<lb/>
die Arme und Beine zu bewegen, und &#x017F;omit die er&#x017F;te<lb/>
active Bewegung der Gliedmaßen ta&#x0364;glich mit Ver-<lb/>
gnügen üben. Ein weiches Bette taugt dazu nichts,<lb/>
weil das Kind in die weichen Federn &#x017F;inkt, und &#x017F;o-<lb/>
mit &#x017F;ich nicht frei genug regen und bewegen kann.<lb/>
Wie angenehm die&#x017F;e ta&#x0364;gliche Leibesu&#x0364;bung fu&#x0364;r Sa&#x0364;ug-<lb/>
linge i&#x017F;t, kann man daraus abnehmen, daß &#x017F;ie &#x017F;ogle<hi rendition="#aq">i</hi>ch<lb/>
ruhig und vergnu&#x0364;gt werden, wenn man &#x017F;ie vom wei-<lb/>
chen Lager auf ein hartes und auf den Fußboden<lb/>
legt, und die Erfahrung lehrt, daß durch die&#x017F;es Ver-<lb/>
fahren die Kinder nicht allein an Kraft zunehmen<lb/>
und fru&#x0364;her gehen lernen, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie des Nachts<lb/>
auch ruhiger &#x017F;chlafen, denn kein Schlaf i&#x017F;t erquicken-<lb/>
der als der, welcher auf ma&#x0364;ßige Ko&#x0364;rperan&#x017F;trengung<lb/>
folgt. Mit dem neunten, zehnten Monat fangen alle<lb/>
Kinder, mit denen man ta&#x0364;glich die genannten Lei-<lb/>
besu&#x0364;bungen an&#x017F;tellte, &#x017F;chon an zu kriechen und bald<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3*</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0045] Das heftige Anſtoßen giebt dem ganzen Nerven- ſyſtem eine Erſchuͤtterung, die bei Berückſichtigung der hohen Reizbarkeit desſelben, ſehr beträchtlich ſein muß. Bei haͤufiger Wiederholung wird alſo das ſchnelle Wiegen alle ſchlimmen Folgen der Ermuͤdung und Erſchoͤpfung der Senſibilitaͤt nach ſich ziehen. Die beſte Art, das Kind fruͤh gehen zu lernen, iſt wohl die folgende: Man legt das leicht bekleidete Kind auf die Erde, ſo daß es auf einem Teppich auf dem Ruͤcken liegt. »Es wird nun bald anfangen die Arme und Beine zu bewegen, und ſomit die erſte active Bewegung der Gliedmaßen taͤglich mit Ver- gnügen üben. Ein weiches Bette taugt dazu nichts, weil das Kind in die weichen Federn ſinkt, und ſo- mit ſich nicht frei genug regen und bewegen kann. Wie angenehm dieſe taͤgliche Leibesuͤbung fuͤr Saͤug- linge iſt, kann man daraus abnehmen, daß ſie ſogleich ruhig und vergnuͤgt werden, wenn man ſie vom wei- chen Lager auf ein hartes und auf den Fußboden legt, und die Erfahrung lehrt, daß durch dieſes Ver- fahren die Kinder nicht allein an Kraft zunehmen und fruͤher gehen lernen, ſondern daß ſie des Nachts auch ruhiger ſchlafen, denn kein Schlaf iſt erquicken- der als der, welcher auf maͤßige Koͤrperanſtrengung folgt. Mit dem neunten, zehnten Monat fangen alle Kinder, mit denen man taͤglich die genannten Lei- besuͤbungen anſtellte, ſchon an zu kriechen und bald 3*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/45
Zitationshilfe: Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/45>, abgerufen am 22.11.2024.