höhern Stockwerke gelegen sei. Parterre-Stuben sind in der Regel feucht. Auch ist in Städten die Luft in der Nähe des Bodens am Verdorbensten, weil sie mit dem reineren Luftocean, der über der Stadt sich ausbreitet, sich am schwierigsten vermi- schen kann. Je höher man wohnt, desto mehr nä- hert man sich einer reineren, mit fremden und schäd- lichen Bestandtheilen unvermischten Luft.
Jn Städten, wo es an Abzugskanälen fehlt und die Unreinigkeiten in den Gossen sich zersetzen, ist auf diese Thatsache besonders zu achten. Jn einem feuchten Klima sind die Nebel über dem Boden am dichtesten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit ihrer Entfernung von der Erdoberfläche zu. Die Entstehung der Wechselfieber liefert uns hievon ein merkwürdiges Beispiel. Es gibt Zeiten, wo man in Rom, im Erdgeschosse schlafend von Jntermittens be- fallen wird, während man schon im zweiten Stocke frei bleibt, und sogar in einem und demselben Raume werden Jndividuen, die die Nacht sitzend zubringen, häufig verschont, während die auf dem Boden lie- genden von der Krankheit ergriffen werden.
Das an die feuchten Ausdünstungen gebundene Miasma erhebt sich also nur einige Fuße vom Bo- den, und obgleich es bei bedeutenden Epidemieen viel höher steigt und die Einwohner aus den obern Etagen
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hoͤhern Stockwerke gelegen ſei. Parterre-Stuben ſind in der Regel feucht. Auch iſt in Staͤdten die Luft in der Naͤhe des Bodens am Verdorbenſten, weil ſie mit dem reineren Luftocean, der uͤber der Stadt ſich ausbreitet, ſich am ſchwierigſten vermi- ſchen kann. Je hoͤher man wohnt, deſto mehr naͤ- hert man ſich einer reineren, mit fremden und ſchaͤd- lichen Beſtandtheilen unvermiſchten Luft.
Jn Staͤdten, wo es an Abzugskanaͤlen fehlt und die Unreinigkeiten in den Goſſen ſich zerſetzen, iſt auf dieſe Thatſache beſonders zu achten. Jn einem feuchten Klima ſind die Nebel über dem Boden am dichteſten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit ihrer Entfernung von der Erdoberflaͤche zu. Die Entſtehung der Wechſelfieber liefert uns hievon ein merkwuͤrdiges Beiſpiel. Es gibt Zeiten, wo man in Rom, im Erdgeſchoſſe ſchlafend von Jntermittens be- fallen wird, waͤhrend man ſchon im zweiten Stocke frei bleibt, und ſogar in einem und demſelben Raume werden Jndividuen, die die Nacht ſitzend zubringen, haͤufig verſchont, waͤhrend die auf dem Boden lie- genden von der Krankheit ergriffen werden.
Das an die feuchten Ausduͤnſtungen gebundene Miasma erhebt ſich alſo nur einige Fuße vom Bo- den, und obgleich es bei bedeutenden Epidemieen viel hoͤher ſteigt und die Einwohner aus den obern Etagen
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hoͤhern Stockwerke gelegen ſei. Parterre-Stuben
ſind in der Regel feucht. Auch iſt in Staͤdten die
Luft in der Naͤhe des Bodens am Verdorbenſten,
weil ſie mit dem reineren Luftocean, der uͤber der
Stadt ſich ausbreitet, ſich am ſchwierigſten vermi-
ſchen kann. Je hoͤher man wohnt, deſto mehr naͤ-
hert man ſich einer reineren, mit fremden und ſchaͤd-
lichen Beſtandtheilen unvermiſchten Luft.
Jn Staͤdten, wo es an Abzugskanaͤlen fehlt und
die Unreinigkeiten in den Goſſen ſich zerſetzen, iſt
auf dieſe Thatſache beſonders zu achten. Jn einem
feuchten Klima ſind die Nebel über dem Boden am
dichteſten, und die Trockenheit der Luft nimmt mit
ihrer Entfernung von der Erdoberflaͤche zu. Die
Entſtehung der Wechſelfieber liefert uns hievon ein
merkwuͤrdiges Beiſpiel. Es gibt Zeiten, wo man in
Rom, im Erdgeſchoſſe ſchlafend von Jntermittens be-
fallen wird, waͤhrend man ſchon im zweiten Stocke
frei bleibt, und ſogar in einem und demſelben Raume
werden Jndividuen, die die Nacht ſitzend zubringen,
haͤufig verſchont, waͤhrend die auf dem Boden lie-
genden von der Krankheit ergriffen werden.
Das an die feuchten Ausduͤnſtungen gebundene
Miasma erhebt ſich alſo nur einige Fuße vom Bo-
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hoͤher ſteigt und die Einwohner aus den obern Etagen
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Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/29>, abgerufen am 22.07.2024.
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