gebieterisch, daß der Jüngling die Schule nicht verlasse, ohne die Regeln zu kennen, welche die Gesundheit erhalten und befestigen. Es ist dieses der nothwen- dige Schlußstein der physischen Erziehung; bis jetzt haben die Eltern für die Gesundheit ihres Knaben gesorgt, doch nun verläßt er die Schule und tritt selbstständiger in die Welt. Neue Leidenschaften werden in ihm wach, es ist nöthig, daß man nicht unvorbe- reitet ihn sich selbst überlasse, daß im Augenblick, wo er seine Selbstsorge übernimmt, er auch wisse, welche Gefahren er zu vermeiden, welchen Weg er einzu- schlagen habe.
Die Lectüre der Kinder verdient eine ganz beson- ders strenge Aufsicht, denn es ist unberechenbar, welchen Schaden ein einziges schlechtes Buch verursachen kann. Zum Glück werden gesunde Kinder, die man nie unbeschäftigt läßt, ihre natürliche Erholung bei ihren Spielkamaraden suchen und gar wenig Ver- langen nach solcher verderblichen Lectüre tragen. Freilich, wenn man sie zum Stillsitzen zwingt, und ihnen dabei langweilige Lehrstunden giebt, (langweilig, weil die Gegenstände schlecht gewählt und geistlos vorgetragen werden) so ist es nicht zu verwundern, daß sie nach kurzweiligeren Erzählungen greifen, und während des Unterrichtes Sachen lesen, von denen der gutmüthige in aller Unschuld fortdocirende Lehrer
gebieteriſch, daß der Juͤngling die Schule nicht verlaſſe, ohne die Regeln zu kennen, welche die Geſundheit erhalten und befeſtigen. Es iſt dieſes der nothwen- dige Schlußſtein der phyſiſchen Erziehung; bis jetzt haben die Eltern fuͤr die Geſundheit ihres Knaben geſorgt, doch nun verlaͤßt er die Schule und tritt ſelbſtſtaͤndiger in die Welt. Neue Leidenſchaften werden in ihm wach, es iſt noͤthig, daß man nicht unvorbe- reitet ihn ſich ſelbſt uͤberlaſſe, daß im Augenblick, wo er ſeine Selbſtſorge uͤbernimmt, er auch wiſſe, welche Gefahren er zu vermeiden, welchen Weg er einzu- ſchlagen habe.
Die Lectuͤre der Kinder verdient eine ganz beſon- ders ſtrenge Aufſicht, denn es iſt unberechenbar, welchen Schaden ein einziges ſchlechtes Buch verurſachen kann. Zum Gluͤck werden geſunde Kinder, die man nie unbeſchaͤftigt laͤßt, ihre natuͤrliche Erholung bei ihren Spielkamaraden ſuchen und gar wenig Ver- langen nach ſolcher verderblichen Lectuͤre tragen. Freilich, wenn man ſie zum Stillſitzen zwingt, und ihnen dabei langweilige Lehrſtunden giebt, (langweilig, weil die Gegenſtaͤnde ſchlecht gewaͤhlt und geiſtlos vorgetragen werden) ſo iſt es nicht zu verwundern, daß ſie nach kurzweiligeren Erzaͤhlungen greifen, und waͤhrend des Unterrichtes Sachen leſen, von denen der gutmuͤthige in aller Unſchuld fortdocirende Lehrer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0144"n="134"/>
gebieteriſch, daß der Juͤngling die Schule nicht verlaſſe,<lb/>
ohne die Regeln zu kennen, welche die Geſundheit<lb/>
erhalten und befeſtigen. Es iſt dieſes der nothwen-<lb/>
dige Schlußſtein der phyſiſchen Erziehung; bis jetzt<lb/>
haben die Eltern fuͤr die Geſundheit ihres Knaben<lb/>
geſorgt, doch nun verlaͤßt er die Schule und tritt<lb/>ſelbſtſtaͤndiger in die Welt. Neue Leidenſchaften werden<lb/>
in ihm wach, es iſt noͤthig, daß man nicht unvorbe-<lb/>
reitet ihn ſich ſelbſt uͤberlaſſe, daß im Augenblick, wo<lb/>
er ſeine Selbſtſorge uͤbernimmt, er auch wiſſe, welche<lb/>
Gefahren er zu vermeiden, welchen Weg er einzu-<lb/>ſchlagen habe.</p><lb/><p>Die Lectuͤre der Kinder verdient eine ganz beſon-<lb/>
ders ſtrenge Aufſicht, denn es iſt unberechenbar, welchen<lb/>
Schaden ein einziges ſchlechtes Buch verurſachen<lb/>
kann. Zum Gluͤck werden geſunde Kinder, die man<lb/>
nie unbeſchaͤftigt laͤßt, ihre natuͤrliche Erholung bei<lb/>
ihren Spielkamaraden ſuchen und gar wenig Ver-<lb/>
langen nach ſolcher verderblichen Lectuͤre tragen.<lb/>
Freilich, wenn man ſie zum Stillſitzen zwingt, und<lb/>
ihnen dabei langweilige Lehrſtunden giebt, (langweilig,<lb/>
weil die Gegenſtaͤnde ſchlecht gewaͤhlt und geiſtlos<lb/>
vorgetragen werden) ſo iſt es nicht zu verwundern,<lb/>
daß ſie nach kurzweiligeren Erzaͤhlungen greifen, und<lb/>
waͤhrend des Unterrichtes Sachen leſen, von denen<lb/>
der gutmuͤthige in aller Unſchuld fortdocirende Lehrer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[134/0144]
gebieteriſch, daß der Juͤngling die Schule nicht verlaſſe,
ohne die Regeln zu kennen, welche die Geſundheit
erhalten und befeſtigen. Es iſt dieſes der nothwen-
dige Schlußſtein der phyſiſchen Erziehung; bis jetzt
haben die Eltern fuͤr die Geſundheit ihres Knaben
geſorgt, doch nun verlaͤßt er die Schule und tritt
ſelbſtſtaͤndiger in die Welt. Neue Leidenſchaften werden
in ihm wach, es iſt noͤthig, daß man nicht unvorbe-
reitet ihn ſich ſelbſt uͤberlaſſe, daß im Augenblick, wo
er ſeine Selbſtſorge uͤbernimmt, er auch wiſſe, welche
Gefahren er zu vermeiden, welchen Weg er einzu-
ſchlagen habe.
Die Lectuͤre der Kinder verdient eine ganz beſon-
ders ſtrenge Aufſicht, denn es iſt unberechenbar, welchen
Schaden ein einziges ſchlechtes Buch verurſachen
kann. Zum Gluͤck werden geſunde Kinder, die man
nie unbeſchaͤftigt laͤßt, ihre natuͤrliche Erholung bei
ihren Spielkamaraden ſuchen und gar wenig Ver-
langen nach ſolcher verderblichen Lectuͤre tragen.
Freilich, wenn man ſie zum Stillſitzen zwingt, und
ihnen dabei langweilige Lehrſtunden giebt, (langweilig,
weil die Gegenſtaͤnde ſchlecht gewaͤhlt und geiſtlos
vorgetragen werden) ſo iſt es nicht zu verwundern,
daß ſie nach kurzweiligeren Erzaͤhlungen greifen, und
waͤhrend des Unterrichtes Sachen leſen, von denen
der gutmuͤthige in aller Unſchuld fortdocirende Lehrer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hartwig, Georg Ludwig: Die physische Erziehung der Kinder. Düsseldorf, 1847, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartwig_erziehung_1847/144>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.