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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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über ein Gebiet von mehr als 21,000 [] Meilen mit weit
über 71 Millionen Einwohnern erstrecken, steht an dem Wende-
punkte einer neuen großen Entwickelung. Da auch Oesterreich
und Ungarn in denselben aufgenommen sind, so berührt er
unmittelbar das Gebiet des osmanischen Reiches. Kein Staat
wie Oesterreich, und Ungarn insbesondere hat ein so lebendiges
und unmittelbares Jnteresse an einer regeren Verbindung mit
dem Oriente. Wenn daher einmal die verfassungsmäßigen Zu-
stände des Kaiserstaates innere Befestigung erlangt, und auch
die Reformen im türkischen Reiche, was doch unausbleiblich ist,
sich Bahn gebrochen haben werden, so muß eine engere Ver-
bindung Konstantinopels mit Pest und Wien, und dadurch
mit ganz Deutschland das nächste Ziel gegenseitiger Vereinbar-
ungen sein. Erwägen wir, daß dadurch die engste kontinen-
tale Verbindung mit dem asiatischen Welttheile angebahnt würde,
wie wir eine oceanische bereits mit Amerika besitzen, so ist
es nicht zu vermessen anzunehmen, daß über kurz oder lang
die gesammte civilisirte Welt in das Jnteresse eines großen
allgemeinen Weltverkehres hereingezogen sein werde. Ein Welt-
postverein, dessen unberechenbare Vortheile die von jedem ein-
zelnen Staat gebrachten Opfer weit überwiegen müßten, wäre
dann kein bloßer Traum mehr. Er würde eines Tages wohl
das Höchste und Denkwürdigste sein, was die Geschichte der
Posten mit goldenen Lettern in ihre Tafeln zu verzeichnen hätte.



über ein Gebiet von mehr als 21,000 [⃞] Meilen mit weit
über 71 Millionen Einwohnern erſtrecken, ſteht an dem Wende-
punkte einer neuen großen Entwickelung. Da auch Oeſterreich
und Ungarn in denſelben aufgenommen ſind, ſo berührt er
unmittelbar das Gebiet des osmaniſchen Reiches. Kein Staat
wie Oeſterreich, und Ungarn insbeſondere hat ein ſo lebendiges
und unmittelbares Jntereſſe an einer regeren Verbindung mit
dem Oriente. Wenn daher einmal die verfaſſungsmäßigen Zu-
ſtände des Kaiſerſtaates innere Befeſtigung erlangt, und auch
die Reformen im türkiſchen Reiche, was doch unausbleiblich iſt,
ſich Bahn gebrochen haben werden, ſo muß eine engere Ver-
bindung Konſtantinopels mit Peſt und Wien, und dadurch
mit ganz Deutſchland das nächſte Ziel gegenſeitiger Vereinbar-
ungen ſein. Erwägen wir, daß dadurch die engſte kontinen-
tale Verbindung mit dem aſiatiſchen Welttheile angebahnt würde,
wie wir eine oceaniſche bereits mit Amerika beſitzen, ſo iſt
es nicht zu vermeſſen anzunehmen, daß über kurz oder lang
die geſammte civiliſirte Welt in das Jntereſſe eines großen
allgemeinen Weltverkehres hereingezogen ſein werde. Ein Welt-
poſtverein, deſſen unberechenbare Vortheile die von jedem ein-
zelnen Staat gebrachten Opfer weit überwiegen müßten, wäre
dann kein bloßer Traum mehr. Er würde eines Tages wohl
das Höchſte und Denkwürdigſte ſein, was die Geſchichte der
Poſten mit goldenen Lettern in ihre Tafeln zu verzeichnen hätte.



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[400/0413] über ein Gebiet von mehr als 21,000 ⃞ Meilen mit weit über 71 Millionen Einwohnern erſtrecken, ſteht an dem Wende- punkte einer neuen großen Entwickelung. Da auch Oeſterreich und Ungarn in denſelben aufgenommen ſind, ſo berührt er unmittelbar das Gebiet des osmaniſchen Reiches. Kein Staat wie Oeſterreich, und Ungarn insbeſondere hat ein ſo lebendiges und unmittelbares Jntereſſe an einer regeren Verbindung mit dem Oriente. Wenn daher einmal die verfaſſungsmäßigen Zu- ſtände des Kaiſerſtaates innere Befeſtigung erlangt, und auch die Reformen im türkiſchen Reiche, was doch unausbleiblich iſt, ſich Bahn gebrochen haben werden, ſo muß eine engere Ver- bindung Konſtantinopels mit Peſt und Wien, und dadurch mit ganz Deutſchland das nächſte Ziel gegenſeitiger Vereinbar- ungen ſein. Erwägen wir, daß dadurch die engſte kontinen- tale Verbindung mit dem aſiatiſchen Welttheile angebahnt würde, wie wir eine oceaniſche bereits mit Amerika beſitzen, ſo iſt es nicht zu vermeſſen anzunehmen, daß über kurz oder lang die geſammte civiliſirte Welt in das Jntereſſe eines großen allgemeinen Weltverkehres hereingezogen ſein werde. Ein Welt- poſtverein, deſſen unberechenbare Vortheile die von jedem ein- zelnen Staat gebrachten Opfer weit überwiegen müßten, wäre dann kein bloßer Traum mehr. Er würde eines Tages wohl das Höchſte und Denkwürdigſte ſein, was die Geſchichte der Poſten mit goldenen Lettern in ihre Tafeln zu verzeichnen hätte.

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/413>, abgerufen am 22.11.2024.