Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.die Hand entgegenstreckte, aber er wurde ein guter Mann. Er wurde ein guter Mann, bestätigte der Marquis, ohne die Augen zu öffnen. Sprechen Sie vom Marquis? fragte ich. Von diesem, der hier sitzt, erwiderte Herr Laurent -- man darf von ihm sprechen wie von einem Abgeschiedenen. Wie von einem Abgeschiedenen! wiederholte der Marquis wie früher. Der junge Marquis, fuhr mein Wirth fort, ließ uns nicht zu Worte kommen. Ah, Canaillen, rief er uns entgegen, geht ihr nach Paris zu Robespierre, um Jacobiner zu werden und mit den Franzosen zurückzukommen und uns unsere Schlösser zu nehmen? Verzeihen Eure Gnaden -- fiel ihm meine Mutter in die Rede, aber Louison ließ sie nicht weiter sprechen, und böse über seine Bosheit rief sie darein: Ja, Herr Marquis, wir gehen hin, um in Ihr Schloß zurückzukehren und Sie daraus zu vertreiben. Canaille! Canaille! wiederholte der junge Marquis. Anstatt die armen Kinder zu schimpfen, sagte meine Mutter, sollten Sie als unsere Herrschaft ihnen einen Zehrpfennig auf den Weg geben. Zehrpfennig? den sollen sie haben! rief der wilde Knabe, sprengte auf uns los und schlug mich und mehr noch Louison mit der Reitpeitsche auf Rücken und Gesicht. Ich wollte mich auf ihn stürzen, aber die Hand entgegenstreckte, aber er wurde ein guter Mann. Er wurde ein guter Mann, bestätigte der Marquis, ohne die Augen zu öffnen. Sprechen Sie vom Marquis? fragte ich. Von diesem, der hier sitzt, erwiderte Herr Laurent — man darf von ihm sprechen wie von einem Abgeschiedenen. Wie von einem Abgeschiedenen! wiederholte der Marquis wie früher. Der junge Marquis, fuhr mein Wirth fort, ließ uns nicht zu Worte kommen. Ah, Canaillen, rief er uns entgegen, geht ihr nach Paris zu Robespierre, um Jacobiner zu werden und mit den Franzosen zurückzukommen und uns unsere Schlösser zu nehmen? Verzeihen Eure Gnaden — fiel ihm meine Mutter in die Rede, aber Louison ließ sie nicht weiter sprechen, und böse über seine Bosheit rief sie darein: Ja, Herr Marquis, wir gehen hin, um in Ihr Schloß zurückzukehren und Sie daraus zu vertreiben. Canaille! Canaille! wiederholte der junge Marquis. Anstatt die armen Kinder zu schimpfen, sagte meine Mutter, sollten Sie als unsere Herrschaft ihnen einen Zehrpfennig auf den Weg geben. Zehrpfennig? den sollen sie haben! rief der wilde Knabe, sprengte auf uns los und schlug mich und mehr noch Louison mit der Reitpeitsche auf Rücken und Gesicht. Ich wollte mich auf ihn stürzen, aber <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0024"/> die Hand entgegenstreckte, aber er wurde ein guter Mann.</p><lb/> <p>Er wurde ein guter Mann, bestätigte der Marquis, ohne die Augen zu öffnen.</p><lb/> <p>Sprechen Sie vom Marquis? fragte ich.</p><lb/> <p>Von diesem, der hier sitzt, erwiderte Herr Laurent — man darf von ihm sprechen wie von einem Abgeschiedenen.</p><lb/> <p>Wie von einem Abgeschiedenen! wiederholte der Marquis wie früher.</p><lb/> <p>Der junge Marquis, fuhr mein Wirth fort, ließ uns nicht zu Worte kommen. Ah, Canaillen, rief er uns entgegen, geht ihr nach Paris zu Robespierre, um Jacobiner zu werden und mit den Franzosen zurückzukommen und uns unsere Schlösser zu nehmen?</p><lb/> <p>Verzeihen Eure Gnaden — fiel ihm meine Mutter in die Rede, aber Louison ließ sie nicht weiter sprechen, und böse über seine Bosheit rief sie darein: Ja, Herr Marquis, wir gehen hin, um in Ihr Schloß zurückzukehren und Sie daraus zu vertreiben.</p><lb/> <p>Canaille! Canaille! wiederholte der junge Marquis.</p><lb/> <p>Anstatt die armen Kinder zu schimpfen, sagte meine Mutter, sollten Sie als unsere Herrschaft ihnen einen Zehrpfennig auf den Weg geben.</p><lb/> <p>Zehrpfennig? den sollen sie haben! rief der wilde Knabe, sprengte auf uns los und schlug mich und mehr noch Louison mit der Reitpeitsche auf Rücken und Gesicht. Ich wollte mich auf ihn stürzen, aber<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0024]
die Hand entgegenstreckte, aber er wurde ein guter Mann.
Er wurde ein guter Mann, bestätigte der Marquis, ohne die Augen zu öffnen.
Sprechen Sie vom Marquis? fragte ich.
Von diesem, der hier sitzt, erwiderte Herr Laurent — man darf von ihm sprechen wie von einem Abgeschiedenen.
Wie von einem Abgeschiedenen! wiederholte der Marquis wie früher.
Der junge Marquis, fuhr mein Wirth fort, ließ uns nicht zu Worte kommen. Ah, Canaillen, rief er uns entgegen, geht ihr nach Paris zu Robespierre, um Jacobiner zu werden und mit den Franzosen zurückzukommen und uns unsere Schlösser zu nehmen?
Verzeihen Eure Gnaden — fiel ihm meine Mutter in die Rede, aber Louison ließ sie nicht weiter sprechen, und böse über seine Bosheit rief sie darein: Ja, Herr Marquis, wir gehen hin, um in Ihr Schloß zurückzukehren und Sie daraus zu vertreiben.
Canaille! Canaille! wiederholte der junge Marquis.
Anstatt die armen Kinder zu schimpfen, sagte meine Mutter, sollten Sie als unsere Herrschaft ihnen einen Zehrpfennig auf den Weg geben.
Zehrpfennig? den sollen sie haben! rief der wilde Knabe, sprengte auf uns los und schlug mich und mehr noch Louison mit der Reitpeitsche auf Rücken und Gesicht. Ich wollte mich auf ihn stürzen, aber
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Zitationshilfe: | Hartmann, Moritz: Das Schloß im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [221]–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_gebirge_1910/24>, abgerufen am 16.07.2024. |