Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Von den Glechnissen. Königin die Gleichniss Der Lehrbegierige Ver-"stand hat zwey Mittel sich zu vergnügen: 1. in" Erkantniß der Sachen selbsten/ ohne Betrach-" tung/ was derselben Eigenschaft/ und Beschaf- fenheit seye/ wann sie mit andern vereinbaret wird. 2. Durch die Gegenhaltung gleichständi- ger Sachen/ wann man viel auf einmahl an- schauet/ und solche gegeneinander hält/ ihre Gleichheit und Ungleichheit betrachtet/ und die- se Erkantniß vergnüget den Verstand so viel- mehr/ so viel weiter sie sich erstrecket/ eine Sache vollständiger an das Liecht setzet/ und gleichsam von einer Warheit/ in die andre leitet. Diesem nach ist die Gleichniß der Hebel oder die Hebstan- gen/ welche durch Kunstfügige Ein-und An- wendung aus dem Schlamm der Unwissenheit empor schwinget/ was man sonder solche Geret- schafft unbewegt muß erliegen lassen. Aristoteles sagt hiervon recht/ daß die Erfindung eines" schicklichen Gleichniß ein Anzeichen seye eines" vernünfftigen Schulers/ weil nemlich solche/" besagter massen zweyer oder mehr Sachen Kun-" digung mit einander verknüpfet/ welche sonsten absonderlich nicht leichtlich erkennet werden mö- gen. Also vergleichet er einen Regenten mit ei- nem Baumeister (in princ. Ethic.) und sein Stadt Regiment dem Gebäue. 54. Quintilian (Inst. Orat. l. 8. c. 3.) meldet daß D v
Von den Glechniſſen. Koͤnigin die Gleichniſſ Der Lehrbegierige Ver-„ſtand hat zwey Mittel ſich zu vergnuͤgen: 1. in„ Erkantniß der Sachen ſelbſten/ ohne Betrach-„ tung/ was derſelben Eigenſchaft/ und Beſchaf- fenheit ſeye/ wann ſie mit andern vereinbaret wird. 2. Durch die Gegenhaltung gleichſtaͤndi- ger Sachen/ wann man viel auf einmahl an- ſchauet/ und ſolche gegeneinander haͤlt/ ihre Gleichheit und Ungleichheit betrachtet/ und die- ſe Erkantniß vergnuͤget den Verſtand ſo viel- mehr/ ſo viel weiter ſie ſich erſtrecket/ eine Sache vollſtaͤndiger an das Liecht ſetzet/ und gleichſam von einer Warheit/ in die andre leitet. Dieſem nach iſt die Gleichniß der Hebel oder die Hebſtan- gen/ welche durch Kunſtfuͤgige Ein-und An- wendung aus dem Schlamm der Unwiſſenheit empor ſchwinget/ was man ſonder ſolche Geret- ſchafft unbewegt muß erliegen laſſen. Ariſtoteles ſagt hiervon recht/ daß die Erfindung eines„ ſchicklichen Gleichniß ein Anzeichen ſeye eines„ vernuͤnfftigen Schulers/ weil nemlich ſolche/„ beſagter maſſen zweyer oder mehr Sachẽ Kun-„ digung mit einander verknuͤpfet/ welche ſonſten abſonderlich nicht leichtlich erkennet werden moͤ- gen. Alſo vergleichet er einen Regenten mit ei- nem Baumeiſter (in princ. Ethic.) und ſein Stadt Regiment dem Gebaͤue. 54. Quintilian (Inſt. Orat. l. 8. c. 3.) meldet daß D v
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Von den Glechniſſen.
Koͤnigin die Gleichniſſ Der Lehrbegierige Ver-„
ſtand hat zwey Mittel ſich zu vergnuͤgen: 1. in„
Erkantniß der Sachen ſelbſten/ ohne Betrach-„
tung/ was derſelben Eigenſchaft/ und Beſchaf-
fenheit ſeye/ wann ſie mit andern vereinbaret
wird. 2. Durch die Gegenhaltung gleichſtaͤndi-
ger Sachen/ wann man viel auf einmahl an-
ſchauet/ und ſolche gegeneinander haͤlt/ ihre
Gleichheit und Ungleichheit betrachtet/ und die-
ſe Erkantniß vergnuͤget den Verſtand ſo viel-
mehr/ ſo viel weiter ſie ſich erſtrecket/ eine Sache
vollſtaͤndiger an das Liecht ſetzet/ und gleichſam
von einer Warheit/ in die andre leitet. Dieſem
nach iſt die Gleichniß der Hebel oder die Hebſtan-
gen/ welche durch Kunſtfuͤgige Ein-und An-
wendung aus dem Schlamm der Unwiſſenheit
empor ſchwinget/ was man ſonder ſolche Geret-
ſchafft unbewegt muß erliegen laſſen. Ariſtoteles
ſagt hiervon recht/ daß die Erfindung eines„
ſchicklichen Gleichniß ein Anzeichen ſeye eines„
vernuͤnfftigen Schulers/ weil nemlich ſolche/„
beſagter maſſen zweyer oder mehr Sachẽ Kun-„
digung mit einander verknuͤpfet/ welche ſonſten
abſonderlich nicht leichtlich erkennet werden moͤ-
gen. Alſo vergleichet er einen Regenten mit ei-
nem Baumeiſter (in princ. Ethic.) und ſein
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