Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Von der Nachahmung. Gegensätze etc. ablernen/ und als dann seine Ge-danken zu Raht ziehen/ seinen Jnhalt entwerf- fen/ nach allen Umbständen überlegen/ und zu- letzt mit schicklichen Worten begreiffen und aus- bilden; Massen keiner so glückselig/ daß ihm das beste am ersten einfallen sol. Ein solcher Entwurf wird ihm die gantze Sache (wie der gute Grund- Riß deß Mahlers Gemähl) leicht machen. Be- sihe folgenden 90. §. hiervon. Tomaso Stiglinani erinnert in der Vorrede feiner Gedichte/ daß er Anfänger in der Poeterey und in der Mahlerey/ erstlich geringe und leichte Sachen nachkünstlen/ alsdann mit zuwachsenden Jahren und Ver- ständniß schwere Arbeit unternehmen. 43. Die Dolmetschung gleichet dem durch- der C iij
Von der Nachahmung. Gegenſaͤtze ꝛc. ablernen/ und als dann ſeine Ge-danken zu Raht ziehen/ ſeinen Jnhalt entwerf- fen/ nach allen Umbſtaͤnden uͤberlegen/ und zu- letzt mit ſchicklichen Worten begreiffen und aus- bilden; Maſſen keiner ſo gluͤckſelig/ daß ihm das beſte am erſten einfallen ſol. Ein ſolcher Entwurf wird ihm die gantze Sache (wie der gute Grund- Riß deß Mahlers Gemaͤhl) leicht machen. Be- ſihe folgenden 90. §. hiervon. Tomaſo Stiglinani erinnert in der Vorrede feiner Gedichte/ daß er Anfaͤnger in der Poeterey und in der Mahlerey/ eꝛſtlich geꝛinge und leichte Sachen nachkuͤnſtlen/ alsdann mit zuwachſenden Jahren und Ver- ſtaͤndniß ſchwere Arbeit unternehmen. 43. Die Dolmetſchung gleichet dem durch- der C iij
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Von der Nachahmung.
Gegenſaͤtze ꝛc. ablernen/ und als dann ſeine Ge-
danken zu Raht ziehen/ ſeinen Jnhalt entwerf-
fen/ nach allen Umbſtaͤnden uͤberlegen/ und zu-
letzt mit ſchicklichen Worten begreiffen und aus-
bilden; Maſſen keiner ſo gluͤckſelig/ daß ihm das
beſte am erſten einfallen ſol. Ein ſolcher Entwurf
wird ihm die gantze Sache (wie der gute Grund-
Riß deß Mahlers Gemaͤhl) leicht machen. Be-
ſihe folgenden 90. §. hiervon. Tomaſo Stiglinani
erinnert in der Vorrede feiner Gedichte/ daß er
Anfaͤnger in der Poeterey und in der Mahlerey/
eꝛſtlich geꝛinge und leichte Sachen nachkuͤnſtlen/
alsdann mit zuwachſenden Jahren und Ver-
ſtaͤndniß ſchwere Arbeit unternehmen.
43. Die Dolmetſchung gleichet dem durch-
zeichnen/ wann ich nemlich das vorgeſchriebnein
eine andre Sprache/ und gleichſam auf eine an-
dre Tafel uͤberbringe. Ob nun wol dem Dolmet-
ſcher obliget bey der Grundſprache Meinung ge-
nau zuverbleiben/ ſo ſind doch die Gedanken der
ſubtilen Geiſter zu weiten ſo hoch aufgeſtiegen/
daß ſie in unſrer Sprache nicht fuͤglich ausgere-
det/ und vernemlich gegeben werden koͤnnen.
Deß wegen man dem Wortverſtand zuruckelaſ-
ſen und die Meinung allein dolmetſchen muß;
Maſſen viel verantwortlicher iſt/ man gehe zu
weit von der Grundfprache/ und gebe ſich zuver-
ſtehen/ als man verbleibe ſo nahe darbey/ daß es
der
C iij
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