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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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Der versöhnliche Joseph.
Allem frevlen Neid-beginnen ist Ziel Zeit und Maß "
gesetzt/
welches GOtt ohn unsre Sorgen/
also füget/ schlichtet/ richtet/ daß die Seinen unverletzt/
Hülff erlangen in Verborgen.
Dessen bin ich ein Exempel: Der ich war ein armer
Knecht/
bin ein reicher König worden.
Jch war euch zu einem Bruder/ in Jsraels Haus zu
schlecht/
daß ihr mich auch wolt ermorden/
bittet nun von mir zu leben. Eines geilen Weibes Had/
kont mich nicht in Sünden führen/
und durch der Versuchung Wege/ drang'ich in den Kö-
nigsstand/
und mein Elend must mich zieren.
Denket doch nicht/ daß ich zörne/ GOtt hat mich vorher
geschickt/
Jacob Stammen zuerretten/
und durch eine grosse Rettung auch mein Ungelück be-
glückt/
als ich lag' in Band und Ketten.
Jch bin Pharaonis Vater/ ich regiere nun sein Haus/
daß ich euch kan reichlich nehren;
Jn dem noch fünff gantze Jahre/ da man nicht wird se-
en aus
und kein Pflug die Felder kehren.
Schande brachte mir die Ehre: Das Gefängniß macht
mich reich/
ich vermische meine Threnen
mit den euren: in dem Hertzen bin und bleib' ich euch
doch gleich/
wolt ihr euch mit mir versöhnen?
Nein/ ach nein es ist vergessen: fürchtet euch doch nicht
für mir.
Einen
K k ij
Der verſoͤhnliche Joſeph.
Allem frevlen Neid-beginnen iſt Ziel Zeit und Maß „
geſetzt/
welches GOtt ohn unſre Sorgen/
alſo fuͤget/ ſchlichtet/ richtet/ daß die Seinen unverletzt/
Huͤlff erlangen in Verborgen.
Deſſen bin ich ein Exempel: Der ich war ein armer
Knecht/
bin ein reicheꝛ Koͤnig worden.
Jch war euch zu einem Bruder/ in Jſraels Haus zu
ſchlecht/
daß ihr mich auch wolt ermorden/
bittet nun von mir zu leben. Eines geilen Weibes Hãd/
kont mich nicht in Suͤnden fuͤhren/
und durch der Verſuchung Wege/ drang’ich in den Koͤ-
nigsſtand/
und mein Elend muſt mich zieren.
Denket doch nicht/ daß ich zoͤrne/ GOtt hat mich vorher
geſchickt/
Jacob Stammen zuerretten/
und durch eine groſſe Rettung auch mein Ungeluͤck be-
gluͤckt/
als ich lag’ in Band und Ketten.
Jch bin Pharaonis Vater/ ich regiere nun ſein Haus/
daß ich euch kan reichlich nehren;
Jn dem noch fuͤnff gantze Jahre/ da man nicht wird ſe-
en aus
und kein Pflug die Felder kehren.
Schande brachte mir die Ehre: Das Gefaͤngniß macht
mich reich/
ich vermiſche meine Threnen
mit den euren: in dem Hertzen bin und bleib’ ich euch
doch gleich/
wolt ihr euch mit mir verſoͤhnen?
Nein/ ach nein es iſt vergeſſen: fuͤrchtet euch doch nicht
fuͤr mir.
Einen
K k ij
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[517[515]/0547] Der verſoͤhnliche Joſeph. Allem frevlen Neid-beginnen iſt Ziel Zeit und Maß „ geſetzt/ welches GOtt ohn unſre Sorgen/ alſo fuͤget/ ſchlichtet/ richtet/ daß die Seinen unverletzt/ Huͤlff erlangen in Verborgen. Deſſen bin ich ein Exempel: Der ich war ein armer Knecht/ bin ein reicheꝛ Koͤnig worden. Jch war euch zu einem Bruder/ in Jſraels Haus zu ſchlecht/ daß ihr mich auch wolt ermorden/ bittet nun von mir zu leben. Eines geilen Weibes Hãd/ kont mich nicht in Suͤnden fuͤhren/ und durch der Verſuchung Wege/ drang’ich in den Koͤ- nigsſtand/ und mein Elend muſt mich zieren. Denket doch nicht/ daß ich zoͤrne/ GOtt hat mich vorher geſchickt/ Jacob Stammen zuerretten/ und durch eine groſſe Rettung auch mein Ungeluͤck be- gluͤckt/ als ich lag’ in Band und Ketten. Jch bin Pharaonis Vater/ ich regiere nun ſein Haus/ daß ich euch kan reichlich nehren; Jn dem noch fuͤnff gantze Jahre/ da man nicht wird ſe- en aus und kein Pflug die Felder kehren. Schande brachte mir die Ehre: Das Gefaͤngniß macht mich reich/ ich vermiſche meine Threnen mit den euren: in dem Hertzen bin und bleib’ ich euch doch gleich/ wolt ihr euch mit mir verſoͤhnen? Nein/ ach nein es iſt vergeſſen: fuͤrchtet euch doch nicht fuͤr mir. Einen K k ij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 517[515]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/547>, abgerufen am 22.11.2024.