Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Trunkenheit. sen wil/ nicht an Wasserflüssen grasen. Das ü-bermachte Zechen/ kan sich zu morgens rächen/ mit Haubt- und Därmer-Gicht. Die Witz geht aus/ der Wein geht ein/ und muß der Schlauch gefüllet seyn. Es bringt höflichnasse Sauffen/ der Krankheit nicht geringe Hauffen. Der Teutschen Ehr/ versehret und verstöret sehr. Dieses Laster ist deß Verstandes Grab/ der Gesundheit Tod/ der lebendigen Leichbegängniß/ deß Gewissens Brandmahl/ der verstorbnen schand/ und die Be- lastigung der Kräfften. Die Trunkenheit wird gebildet in Gestalt ei- Die Trunkenheit. Der Teutsche liebet mich/ weil ich die Sorgenstille/ dem ich den Beutel lehr' und seinen Bauch er- fülle; Jch blende den Verstand/ richt allen Hader an/ daß man in meinem Rauch * noch gehn noch stehenkan. Tu- * aufsteigende Dämpfe in
das Gehirn. Trunkenheit. ſen wil/ nicht an Waſſerfluͤſſen graſen. Das uͤ-bermachte Zechen/ kan ſich zu morgens raͤchen/ mit Haubt- und Daͤrmer-Gicht. Die Witz geht aus/ der Wein geht ein/ und muß der Schlauch gefuͤllet ſeyn. Es bringt hoͤflichnaſſe Sauffen/ der Krankheit nicht geringe Hauffen. Der Teutſchẽ Ehr/ verſehret und verſtoͤret ſehr. Dieſes Laſter iſt deß Verſtandes Grab/ der Geſundheit Tod/ der lebendigen Leichbegaͤngniß/ deß Gewiſſens Brandmahl/ deꝛ verſtorbnen ſchand/ und die Be- laſtigung der Kraͤfften. Die Trunkenheit wird gebildet in Geſtalt ei- Die Trunkenheit. Der Teutſche liebet mich/ weil ich die Sorgenſtille/ dem ich den Beutel lehr’ und ſeinen Bauch er- fuͤlle; Jch blende dẽ Verſtand/ richt allen Hader an/ daß man in meinem Rauch * noch gehn noch ſtehenkan. Tu- * aufſteigende Daͤmpfe in
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Trunkenheit.
ſen wil/ nicht an Waſſerfluͤſſen graſen. Das uͤ-
bermachte Zechen/ kan ſich zu morgens raͤchen/
mit Haubt- und Daͤrmer-Gicht. Die Witz geht
aus/ der Wein geht ein/ und muß der Schlauch
gefuͤllet ſeyn. Es bringt hoͤflichnaſſe Sauffen/ der
Krankheit nicht geringe Hauffen. Der Teutſchẽ
Ehr/ verſehret und verſtoͤret ſehr. Dieſes Laſter
iſt deß Verſtandes Grab/ der Geſundheit Tod/
der lebendigen Leichbegaͤngniß/ deß Gewiſſens
Brandmahl/ deꝛ verſtorbnen ſchand/ und die Be-
laſtigung der Kraͤfften.
Die Trunkenheit wird gebildet in Geſtalt ei-
nes dicken vollen Mannes/ auf einem Weinfaß
ſitzend/ in der Hande haltend ein Weinglas und
in der rechten einen Trauben/ mit Weinlaub
bekraͤntzet und umwunden. Sein Wagen wird
von 2. Thygern gezogen/ und von einem luſtigen
Affen/ einen ſchleimigen Baͤren/ einen vergallten
und zornigen Loͤwen/ und ein traurigen Panter-
thier begleitet/ welches ſich niemals zaͤmen laͤſſet.
Die Trunkenheit.
Der Teutſche liebet mich/ weil ich die Sorgen
ſtille/
dem ich den Beutel lehr’ und ſeinen Bauch er-
fuͤlle;
Jch blende dẽ Verſtand/ richt allen Hader an/
daß man in meinem Rauch * noch gehn noch
ſtehenkan.
Tu-
* aufſteigende Daͤmpfe in
das Gehirn.
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