Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Schmeucheley.
den und neigen lässet/ ein Papegey/ der seines
Herrn Lied und placet singet/ ein Cameleon der
alle Farben/ ausser der weissen/ an sich nimmet.
Die mit solchen knechtischem Laster behafftet
sind; nennen/ andern zugefallen/ das weisse
schwartz/ und das schwartze weiß. Er ist gleich ei-
ner blinden Schildwachte/ der nur nachsaget/
was er höret; ein bösser Calender Macher/ der nur
schreibet was man hoffet/ ein leichtfärtiger Krä-
mer/ der falsche und verkauffliche wahren führet;
eine betrügliche Syrena/ die finget zu der Zuhö-
rer Verderben; ein freundlicher Feind der War-
heit und eine Pestilentz/ welche den reinen Lufft
vergifftet. Ein solcher ist gleich dem Trojanischen
Pferd/ das alles Unglück in die Stadt bringet/
und entblödet sich mit Hand und Mund eidlich
zu bejaen/ daß sein Herr gleich seye den Herculi-
schen Seulen/ über welche zuschreiben non plus
ultra.
Die Gleisnerey gleist und glastet (ist ein
Wort der Hafner vom Glas also genennt) kurtze
Zeit.

Die Heucheley wird gebildet durch ein säu-
berlich gekleides Weibsbild/ welches auf der Flö-
ten blässet neben sich habend einen entschlaffnen
Hirschen/ weil sich dieses edle Thier durch besag-
tes Pfeiffen sol betrügen und fangen lassen. Man
mahlet sie auch mit einem schönen Angesicht/ we
gen der ersten lieblichen Reden/ und mit nach ei-

nem-
C c v

Schmeucheley.
den und neigen laͤſſet/ ein Papegey/ der ſeines
Herrn Lied und placet ſinget/ ein Cameleon der
alle Farben/ auſſer der weiſſen/ an ſich nimmet.
Die mit ſolchen knechtiſchem Laſter behafftet
ſind; nennen/ andern zugefallen/ das weiſſe
ſchwartz/ und das ſchwartze weiß. Er iſt gleich ei-
ner blinden Schildwachte/ der nur nachſaget/
was er hoͤret; ein boͤſſer Calender Macher/ der nur
ſchreibet was man hoffet/ ein leichtfaͤrtiger Kraͤ-
mer/ der falſche und verkauffliche wahren fuͤhret;
eine betruͤgliche Syrena/ die finget zu der Zuhoͤ-
rer Verderben; ein freundlicher Feind der War-
heit und eine Peſtilentz/ welche den reinen Lufft
vergifftet. Ein ſolcher iſt gleich dem Trojaniſchen
Pferd/ das alles Ungluͤck in die Stadt bringet/
und entbloͤdet ſich mit Hand und Mund eidlich
zu bejaen/ daß ſein Herr gleich ſeye den Herculi-
ſchen Seulen/ uͤber welche zuſchreiben non plus
ultra.
Die Gleiſnerey gleiſt und glaſtet (iſt ein
Wort der Hafner vom Glas alſo genennt) kurtze
Zeit.

Die Heucheley wird gebildet durch ein ſaͤu-
berlich gekleides Weibsbild/ welches auf der Floͤ-
ten blaͤſſet neben ſich habend einen entſchlaffnen
Hirſchen/ weil ſich dieſes edle Thier durch beſag-
tes Pfeiffen ſol betruͤgen und fangen laſſen. Man
mahlet ſie auch mit einem ſchoͤnen Angeſicht/ we
gen der erſten lieblichen Reden/ und mit nach ei-

nem-
C c v
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0441" n="411[409]"/><fw place="top" type="header">Schmeucheley.</fw><lb/>
den und neigen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ ein Papegey/ der &#x017F;eines<lb/>
Herrn Lied und <hi rendition="#aq">placet</hi> &#x017F;inget/ ein Cameleon der<lb/>
alle Farben/ au&#x017F;&#x017F;er der wei&#x017F;&#x017F;en/ an &#x017F;ich nimmet.<lb/>
Die mit &#x017F;olchen knechti&#x017F;chem La&#x017F;ter behafftet<lb/>
&#x017F;ind; nennen/ andern zugefallen/ das wei&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chwartz/ und das &#x017F;chwartze weiß. Er i&#x017F;t gleich ei-<lb/>
ner blinden Schildwachte/ der nur nach&#x017F;aget/<lb/>
was er ho&#x0364;ret; ein bo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Calender Macher/ der nur<lb/>
&#x017F;chreibet was man hoffet/ ein leichtfa&#x0364;rtiger Kra&#x0364;-<lb/>
mer/ der fal&#x017F;che und verkauffliche wahren fu&#x0364;hret;<lb/>
eine betru&#x0364;gliche Syrena/ die finget zu der Zuho&#x0364;-<lb/>
rer Verderben; ein freundlicher Feind der War-<lb/>
heit und eine Pe&#x017F;tilentz/ welche den reinen Lufft<lb/>
vergifftet. Ein &#x017F;olcher i&#x017F;t gleich dem Trojani&#x017F;chen<lb/>
Pferd/ das alles <hi rendition="#fr">U</hi>nglu&#x0364;ck in die Stadt bringet/<lb/>
und entblo&#x0364;det &#x017F;ich mit Hand und Mund eidlich<lb/>
zu bejaen/ daß &#x017F;ein Herr gleich &#x017F;eye den Herculi-<lb/>
&#x017F;chen Seulen/ u&#x0364;ber welche zu&#x017F;chreiben <hi rendition="#aq">non plus<lb/>
ultra.</hi> Die Glei&#x017F;nerey glei&#x017F;t und gla&#x017F;tet (i&#x017F;t ein<lb/>
Wort der Hafner vom Glas al&#x017F;o genennt) kurtze<lb/>
Zeit.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Heucheley</hi> wird gebildet durch ein &#x017F;a&#x0364;u-<lb/>
berlich gekleides Weibsbild/ welches auf der Flo&#x0364;-<lb/>
ten bla&#x0364;&#x017F;&#x017F;et neben &#x017F;ich habend einen ent&#x017F;chlaffnen<lb/>
Hir&#x017F;chen/ weil &#x017F;ich die&#x017F;es edle Thier durch be&#x017F;ag-<lb/>
tes Pfeiffen &#x017F;ol betru&#x0364;gen und fangen la&#x017F;&#x017F;en. Man<lb/>
mahlet &#x017F;ie auch mit einem &#x017F;cho&#x0364;nen Ange&#x017F;icht/ we<lb/>
gen der er&#x017F;ten lieblichen Reden/ und mit nach ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c v</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#g">nem</hi>-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[411[409]/0441] Schmeucheley. den und neigen laͤſſet/ ein Papegey/ der ſeines Herrn Lied und placet ſinget/ ein Cameleon der alle Farben/ auſſer der weiſſen/ an ſich nimmet. Die mit ſolchen knechtiſchem Laſter behafftet ſind; nennen/ andern zugefallen/ das weiſſe ſchwartz/ und das ſchwartze weiß. Er iſt gleich ei- ner blinden Schildwachte/ der nur nachſaget/ was er hoͤret; ein boͤſſer Calender Macher/ der nur ſchreibet was man hoffet/ ein leichtfaͤrtiger Kraͤ- mer/ der falſche und verkauffliche wahren fuͤhret; eine betruͤgliche Syrena/ die finget zu der Zuhoͤ- rer Verderben; ein freundlicher Feind der War- heit und eine Peſtilentz/ welche den reinen Lufft vergifftet. Ein ſolcher iſt gleich dem Trojaniſchen Pferd/ das alles Ungluͤck in die Stadt bringet/ und entbloͤdet ſich mit Hand und Mund eidlich zu bejaen/ daß ſein Herr gleich ſeye den Herculi- ſchen Seulen/ uͤber welche zuſchreiben non plus ultra. Die Gleiſnerey gleiſt und glaſtet (iſt ein Wort der Hafner vom Glas alſo genennt) kurtze Zeit. Die Heucheley wird gebildet durch ein ſaͤu- berlich gekleides Weibsbild/ welches auf der Floͤ- ten blaͤſſet neben ſich habend einen entſchlaffnen Hirſchen/ weil ſich dieſes edle Thier durch beſag- tes Pfeiffen ſol betruͤgen und fangen laſſen. Man mahlet ſie auch mit einem ſchoͤnen Angeſicht/ we gen der erſten lieblichen Reden/ und mit nach ei- nem- C c v

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/441
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 411[409]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/441>, abgerufen am 23.11.2024.