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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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)Vorrede.(
seine Zuhörer zubewegen: Also sol auch
der Poet mit fast natürlichen Farben sei-
ne Kunstgedanken ausbilden/ und muß
so wol eine schwartze Kohlen aus der
Höllen gleichsam zuentlehnen wissen/
die abscheuliche Mord-Greuel eines be-
jammerten Zustandes aufzureisen; als
eine Feder aus der Liebe Flügel zu borgen
die Hertzbeherrschende Süssigkeit einer
anmutigen Entzuckung zu entwerffen/
wie hiervon in nachgesetzten Betrach-
tungen ein mehrers zu befinden ist.

Es beobachten die Gelehrten/ daß die
Aussprache der Wörter eine Art deß
Gesangs erheische/
in dem etliche Sylben
lang/ etliche kurtz/ etliche mit erhobner/
etliche mit sinkender Stimme wie son-
derlich zu der Rede-Schluß beschihet/
ausgesprochen werden/ daß nach Scali-
geri
Meinung/ zugleich mit der Natur
eine zahlbare und mäßrichtige Krafft/
entstanden/ welche zu der Poeterey ver-
anlasst/
und ligen gleichsam die Quel-

len

)Vorrede.(
ſeine Zuhoͤrer zubewegen: Alſo ſol auch
der Poët mit faſt natuͤrlichen Farben ſei-
ne Kunſtgedanken ausbilden/ und muß
ſo wol eine ſchwartze Kohlen aus der
Hoͤllen gleichſam zuentlehnen wiſſen/
die abſcheuliche Mord-Greuel eines be-
jammerten Zuſtandes aufzureiſen; als
eine Feder aus der Liebe Fluͤgel zu borgen
die Hertzbeherrſchende Suͤſſigkeit einer
anmutigen Entzuckung zu entwerffen/
wie hiervon in nachgeſetzten Betrach-
tungen ein mehrers zu befinden iſt.

Es beobachten die Gelehrten/ daß die
Ausſprache der Woͤrter eine Art deß
Geſangs erheiſche/
in dem etliche Sylbẽ
lang/ etliche kurtz/ etliche mit erhobner/
etliche mit ſinkender Stimme wie ſon-
derlich zu der Rede-Schluß beſchihet/
ausgeſprochen werden/ daß nach Scali-
geri
Meinung/ zugleich mit der Natur
eine zahlbare und maͤßrichtige Krafft/
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und ligen gleichſam die Quel-

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[0024] )Vorrede.( ſeine Zuhoͤrer zubewegen: Alſo ſol auch der Poët mit faſt natuͤrlichen Farben ſei- ne Kunſtgedanken ausbilden/ und muß ſo wol eine ſchwartze Kohlen aus der Hoͤllen gleichſam zuentlehnen wiſſen/ die abſcheuliche Mord-Greuel eines be- jammerten Zuſtandes aufzureiſen; als eine Feder aus der Liebe Fluͤgel zu borgen die Hertzbeherrſchende Suͤſſigkeit einer anmutigen Entzuckung zu entwerffen/ wie hiervon in nachgeſetzten Betrach- tungen ein mehrers zu befinden iſt. Es beobachten die Gelehrten/ daß die Ausſprache der Woͤrter eine Art deß Geſangs erheiſche/ in dem etliche Sylbẽ lang/ etliche kurtz/ etliche mit erhobner/ etliche mit ſinkender Stimme wie ſon- derlich zu der Rede-Schluß beſchihet/ ausgeſprochen werden/ daß nach Scali- geri Meinung/ zugleich mit der Natur eine zahlbare und maͤßrichtige Krafft/ entſtanden/ welche zu der Poeterey ver- anlaſſt/ und ligen gleichſam die Quel- len

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/24>, abgerufen am 24.11.2024.