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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

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)Vorrede.(
vernemlich zu Werke zu bringen etc. und
ihrer viel in edelbesagter Poeterey nicht
zu rechtkommen mögen/ haben sie zu ih-
rer entschuldigung die Natur beschuldi-
gen wollen/ als welche ihnen keine Fä-
higkeit zu Verabfassung der Gedichte
verliehen/ da sie doch unschuldig scheinet
und sol ches vielmehr der Jugend Fahr-
lässigkeit/ Manglung der Unterrich-
tung und darzu tragenden Beliebung/
beyzumessen scheinet. Aus so hafftenden
irrigen Wahn/ ist das Sprichwort er-
wachsen: die Poeten werden geboren/
und die Redner durch Kunst und V-
bung erzogen.
Ja/ es wollen etliche be-
haubten/ daß die Poeten keine gute Red-
ner/ und die Redner keine gute Poeten
seyn/ und daß die viel Gedichte schreiben/
schlecht und wenig zu reden pflegen/ wie
solches auch von dem Virgilio gemeldet
wird. Die Redner aber lassen ihre schöne
Wort bey aller Begebenheit hören/ sind
darbey so unglückliche Vers-Macher/

als

)Vorrede.(
vernemlich zu Werke zu bringen ꝛc. und
ihrer viel in edelbeſagter Poeterey nicht
zu rechtkommen moͤgen/ haben ſie zu ih-
rer entſchuldigung die Natur beſchuldi-
gen wollen/ als welche ihnen keine Faͤ-
higkeit zu Verabfaſſung der Gedichte
verliehen/ da ſie doch unſchuldig ſcheinet
und ſol ches vielmehr der Jugend Fahr-
laͤſſigkeit/ Manglung der Unterrich-
tung und darzu tragenden Beliebung/
beyzumeſſen ſcheinet. Aus ſo hafftenden
irrigen Wahn/ iſt das Sprichwort er-
wachſen: die Poëten werden geboren/
und die Redner durch Kunſt und V-
bung erzogen.
Ja/ es wollen etliche be-
haubten/ daß die Poëten keine gute Red-
ner/ und die Redner keine gute Poëten
ſeyn/ und daß die viel Gedichte ſchreiben/
ſchlecht und wenig zu reden pflegen/ wie
ſolches auch von dem Virgilio gemeldet
wird. Die Redner aber laſſen ihre ſchoͤne
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darbey ſo ungluͤckliche Vers-Macher/

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[0018] )Vorrede.( vernemlich zu Werke zu bringen ꝛc. und ihrer viel in edelbeſagter Poeterey nicht zu rechtkommen moͤgen/ haben ſie zu ih- rer entſchuldigung die Natur beſchuldi- gen wollen/ als welche ihnen keine Faͤ- higkeit zu Verabfaſſung der Gedichte verliehen/ da ſie doch unſchuldig ſcheinet und ſol ches vielmehr der Jugend Fahr- laͤſſigkeit/ Manglung der Unterrich- tung und darzu tragenden Beliebung/ beyzumeſſen ſcheinet. Aus ſo hafftenden irrigen Wahn/ iſt das Sprichwort er- wachſen: die Poëten werden geboren/ und die Redner durch Kunſt und V- bung erzogen. Ja/ es wollen etliche be- haubten/ daß die Poëten keine gute Red- ner/ und die Redner keine gute Poëten ſeyn/ und daß die viel Gedichte ſchreiben/ ſchlecht und wenig zu reden pflegen/ wie ſolches auch von dem Virgilio gemeldet wird. Die Redner aber laſſen ihre ſchoͤne Wort bey aller Begebenheit hoͤren/ ſind darbey ſo ungluͤckliche Vers-Macher/ als

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/18>, abgerufen am 29.03.2024.