Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Abent.
in dem Meer. Die Sonne gehet zu Gnaden.
Es hat die Abentröt den Purpur ausgebreitet/
in dem die Sonne Meerwarts geht/ und lange
Schatten leitet.

Der Abend ist der Herold der Finsterniß/ der
Pfortner der Nacht/ der Arbeit Feyerstund/ die
holde Demmerung/ der Schatten braune Am-
me/ der sanffte Ruff der Ruhe. Deß Tages fro-
hes End/ etc. Wann die Herd zu rucke kehrt/ und
die Hirten treiben ein. Sonne/ Nacht/ Schat-
ten.

Der Abent/ oder die untergehende Sonne/
hat die Deutung deß annahenden Todes.

4. Aberglaube.

Deß Geistes Gottesdienst der sich mit Zweif-
fel reimet (das ist deß Teuffels/) was nicht zu
fürchten ist bringt Schrecken/ Angstund Furcht.
Deß Glaubens Mittelstraß hat solcher über-
schritten; er glaubet gar zu viel und jener glaubet
nichts/ die Tugend in der Mitten hat ihr be-
schranktes Ziel. Die Zeichen sind ein Gott dem
eitlen Schwindelgeist. Der Aberglaub ist GOT-
TES Greuel/ vom Höchsten hoch verhasst/ der
seines Namen Ehr dem Götzen nicht ertheilt/ den
ihm das Hertz erdichtet. Er ist eitel/ vom Trauer-
geist geleitet/ die Quelle vieler Qual/ ist niemals
Sorgenfrey/ den Weisen lächerley/ scheut was
nicht zu scheuen ist/ gleich einem dummen Pferd.

Wird

Abent.
in dem Meer. Die Sonne gehet zu Gnaden.
Es hat die Abentroͤt den Purpur ausgebreitet/
in dem die Sonne Meerwarts geht/ und lange
Schatten leitet.

Der Abend iſt der Herold der Finſterniß/ der
Pfortner der Nacht/ der Arbeit Feyerſtund/ die
holde Demmerung/ der Schatten braune Am-
me/ der ſanffte Ruff der Ruhe. Deß Tages fro-
hes End/ ꝛc. Wann die Herd zu rucke kehrt/ und
die Hirten treiben ein. ☞ Sonne/ Nacht/ Schat-
ten.

Der Abent/ oder die untergehende Sonne/
hat die Deutung deß annahenden Todes.

4. Aberglaube.

Deß Geiſtes Gottesdienſt der ſich mit Zweif-
fel reimet (das iſt deß Teuffels/) was nicht zu
fuͤrchten iſt bringt Schrecken/ Angſtund Furcht.
Deß Glaubens Mittelſtraß hat ſolcher uͤber-
ſchritten; er glaubet gar zu viel und jener glaubet
nichts/ die Tugend in der Mitten hat ihr be-
ſchranktes Ziel. Die Zeichen ſind ein Gott dem
eitlen Schwindelgeiſt. Der Aberglaub iſt GOT-
TES Greuel/ vom Hoͤchſten hoch verhaſſt/ der
ſeines Namen Ehr dem Goͤtzen nicht ertheilt/ den
ihm das Hertz erdichtet. Er iſt eitel/ vom Trauer-
geiſt geleitet/ die Quelle vieler Qual/ iſt niemals
Sorgenfrey/ den Weiſen laͤcherley/ ſcheut was
nicht zu ſcheuen iſt/ gleich einem dummen Pferd.

Wird
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0148" n="116"/><fw place="top" type="header">Abent.</fw><lb/>
in dem Meer. Die Sonne gehet zu Gnaden.<lb/>
Es hat die Abentro&#x0364;t den Purpur ausgebreitet/<lb/>
in dem die Sonne Meerwarts geht/ und lange<lb/>
Schatten leitet.</p><lb/>
            <p>Der Abend i&#x017F;t der Herold der Fin&#x017F;terniß/ der<lb/>
Pfortner der Nacht/ der Arbeit Feyer&#x017F;tund/ die<lb/>
holde Demmerung/ der Schatten braune Am-<lb/>
me/ der &#x017F;anffte Ruff der Ruhe. Deß Tages fro-<lb/>
hes End/ &#xA75B;c. Wann die Herd zu rucke kehrt/ und<lb/>
die Hirten treiben ein. &#x261E; Sonne/ Nacht/ Schat-<lb/>
ten.</p><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#fr">Abent/</hi> oder die untergehende Sonne/<lb/>
hat die Deutung deß annahenden Todes.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">4. Aberglaube.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Deß Gei&#x017F;tes Gottesdien&#x017F;t der &#x017F;ich mit Zweif-<lb/>
fel reimet (das i&#x017F;t deß Teuffels/) was nicht zu<lb/>
fu&#x0364;rchten i&#x017F;t bringt Schrecken/ Ang&#x017F;tund Furcht.<lb/>
Deß Glaubens Mittel&#x017F;traß hat &#x017F;olcher u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;chritten; er glaubet gar zu viel und jener glaubet<lb/>
nichts/ die Tugend in der Mitten hat ihr be-<lb/>
&#x017F;chranktes Ziel. Die Zeichen &#x017F;ind ein Gott dem<lb/>
eitlen Schwindelgei&#x017F;t. Der Aberglaub i&#x017F;t GOT-<lb/>
TES Greuel/ vom Ho&#x0364;ch&#x017F;ten hoch verha&#x017F;&#x017F;t/ der<lb/>
&#x017F;eines Namen Ehr dem Go&#x0364;tzen nicht ertheilt/ den<lb/>
ihm das Hertz erdichtet. Er i&#x017F;t eitel/ vom Trauer-<lb/>
gei&#x017F;t geleitet/ die Quelle vieler Qual/ i&#x017F;t niemals<lb/>
Sorgenfrey/ den Wei&#x017F;en la&#x0364;cherley/ &#x017F;cheut was<lb/>
nicht zu &#x017F;cheuen i&#x017F;t/ gleich einem dummen Pferd.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Wird</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0148] Abent. in dem Meer. Die Sonne gehet zu Gnaden. Es hat die Abentroͤt den Purpur ausgebreitet/ in dem die Sonne Meerwarts geht/ und lange Schatten leitet. Der Abend iſt der Herold der Finſterniß/ der Pfortner der Nacht/ der Arbeit Feyerſtund/ die holde Demmerung/ der Schatten braune Am- me/ der ſanffte Ruff der Ruhe. Deß Tages fro- hes End/ ꝛc. Wann die Herd zu rucke kehrt/ und die Hirten treiben ein. ☞ Sonne/ Nacht/ Schat- ten. Der Abent/ oder die untergehende Sonne/ hat die Deutung deß annahenden Todes. 4. Aberglaube. Deß Geiſtes Gottesdienſt der ſich mit Zweif- fel reimet (das iſt deß Teuffels/) was nicht zu fuͤrchten iſt bringt Schrecken/ Angſtund Furcht. Deß Glaubens Mittelſtraß hat ſolcher uͤber- ſchritten; er glaubet gar zu viel und jener glaubet nichts/ die Tugend in der Mitten hat ihr be- ſchranktes Ziel. Die Zeichen ſind ein Gott dem eitlen Schwindelgeiſt. Der Aberglaub iſt GOT- TES Greuel/ vom Hoͤchſten hoch verhaſſt/ der ſeines Namen Ehr dem Goͤtzen nicht ertheilt/ den ihm das Hertz erdichtet. Er iſt eitel/ vom Trauer- geiſt geleitet/ die Quelle vieler Qual/ iſt niemals Sorgenfrey/ den Weiſen laͤcherley/ ſcheut was nicht zu ſcheuen iſt/ gleich einem dummen Pferd. Wird

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/148
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/148>, abgerufen am 22.11.2024.