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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

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Die neunde Stund.
sah ich Feuerflammen fallen/
nechst berauchten Schorsteinhut/
aus dem Aschen blinkt die Glut/
und man hört die Wort erschallen/
Holla! Köche/ zündet an
diesen Span.
Wisset ihr nicht eure Pflicht?
Würget/ brüet/ machet Schicht!
jeder schaffe/ was er kan.
Die Gerücht'
habt ihr noch vor Tag zu spicken/
man muß sie zur Hochzeit schicken.

Jn diesem Lustgedicht ist neben Wiederholung
der Reimwort in allen Sätzen/ auch zu beobach-
ten/ daß die vier Elemente/ als die Erde mit dem
Jäger/ das Wasser mit dem Fischer/ der Luft mit
dem Vogler/ und das Feur mit den Köchen bey-
gebracht/ und könte zu jedem Satz leichtlich ein
schickliches Gemähl gesetzet werden; massen al.
le gute Mahler die Tägszeit/ von welcher wir reden/
meisterlich zu beobachten wissen.

8. Den Ort stelle tdem Poeten für augen nach
seiner wesentlichen Beschaffenheit/ welche er mit
eigentlichen Farben ausmahlen/ und vorbilden
muß. Daher lesen wir in derselben Schriften die
schönen Beschreibungen der Felder/ der Flüsse/

der
D ij
Die neunde Stund.
ſah ich Feuerflammen fallen/
nechſt berauchtẽ Schorſteinhut/
aus dem Aſchen blinkt die Glut/
und man hoͤrt die Wort erſchallen/
Holla! Koͤche/ zuͤndet an
dieſen Span.
Wiſſet ihr nicht eure Pflicht?
Wuͤrget/ bruͤet/ machet Schicht!
jeder ſchaffe/ was er kan.
Die Geruͤcht’
habt ihr noch vor Tag zu ſpicken/
man muß ſie zur Hochzeit ſchicken.

Jn dieſem Luſtgedicht iſt neben Wiederholung
der Reimwort in allen Saͤtzen/ auch zu beobach-
ten/ daß die vier Elemente/ als die Erde mit dem
Jaͤger/ das Waſſer mit dem Fiſcher/ der Luft mit
dem Vogler/ und das Feur mit den Koͤchen bey-
gebracht/ und koͤnte zu jedem Satz leichtlich ein
ſchickliches Gemaͤhl geſetzet werden; maſſen al.
le gute Mahler die Taͤgszeit/ von welcher wir redẽ/
meiſterlich zu beobachten wiſſen.

8. Den Ort ſtelle tdem Poeten fuͤr augen nach
ſeiner weſentlichen Beſchaffenheit/ welche er mit
eigentlichen Farben ausmahlen/ und vorbilden
muß. Daher leſen wir in derſelben Schriften die
ſchoͤnen Beſchreibungen der Felder/ der Fluͤſſe/

der
D ij
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[37/0051] Die neunde Stund. ſah ich Feuerflammen fallen/ nechſt berauchtẽ Schorſteinhut/ aus dem Aſchen blinkt die Glut/ und man hoͤrt die Wort erſchallen/ Holla! Koͤche/ zuͤndet an dieſen Span. Wiſſet ihr nicht eure Pflicht? Wuͤrget/ bruͤet/ machet Schicht! jeder ſchaffe/ was er kan. Die Geruͤcht’ habt ihr noch vor Tag zu ſpicken/ man muß ſie zur Hochzeit ſchicken. Jn dieſem Luſtgedicht iſt neben Wiederholung der Reimwort in allen Saͤtzen/ auch zu beobach- ten/ daß die vier Elemente/ als die Erde mit dem Jaͤger/ das Waſſer mit dem Fiſcher/ der Luft mit dem Vogler/ und das Feur mit den Koͤchen bey- gebracht/ und koͤnte zu jedem Satz leichtlich ein ſchickliches Gemaͤhl geſetzet werden; maſſen al. le gute Mahler die Taͤgszeit/ von welcher wir redẽ/ meiſterlich zu beobachten wiſſen. 8. Den Ort ſtelle tdem Poeten fuͤr augen nach ſeiner weſentlichen Beſchaffenheit/ welche er mit eigentlichen Farben ausmahlen/ und vorbilden muß. Daher leſen wir in derſelben Schriften die ſchoͤnen Beſchreibungen der Felder/ der Fluͤſſe/ der D ij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/51>, abgerufen am 28.04.2024.