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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.

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Vorrede.
vergifften/ oder andere mit der Pest an-
stecken: Jch sage die Jugend: Massen
wenig bejahrte Leute Zeit und Freude ha-
ben Poeten zu lesen; weilen sie sich in der
Jugend solcher Künste nicht beflissen/ o-
der weil die Bejahrte viel wichtiger Sor-
gen ergeben: Ja Petracha/ Ronsard und
viel andere schreiben/ daß in ihrem Alter
kein guter Vers mehr/ aus ihrer Feder flis-
sen wollen.

4. Es sollen aber alle Liebhaber dieser
Kunst getreueiferichst gewarnet seyn/ daß
sie sich von unreinen Liebsdichtern nicht
verkuplen/ und zur Unkeuschheit verlei-
ten lassen. Ein Christlicher Poet han-
delt von der Liebe/ als von einer Tugend/
und bleibt in den Schranken der Erbar-
keit. Die Weltling hingegen und Wollu-
ster schreiben gleichsam mit einem Schwe-
felholtz/ aus welchem die buhlerische Hu-
renbrunst aufflammet/ und die unschuldi-
gen Hertzen entzündet. Solche Gedich-
te lassen sich mit den Egyptischen Fröschen
vereinbaren/ von welchen wir lesen/
* daß
sie gekommen in das Hauß/ in die Kammer/ auf
die Lager und Bette/ etc. in dem man sich be-

liebter
* 2. Mose. 8. v. 3.

Vorrede.
vergifften/ oder andere mit der Peſt an-
ſtecken: Jch ſage die Jugend: Maſſen
wenig bejahrte Leute Zeit und Freude ha-
ben Poeten zu leſen; weilen ſie ſich in der
Jugend ſolcher Kuͤnſte nicht befliſſen/ o-
der weil die Bejahrte viel wichtiger Sor-
gen ergeben: Ja Petracha/ Ronſard und
viel andere ſchreiben/ daß in ihrem Alter
kein guter Vers mehr/ aus ihrer Feder fliſ-
ſen wollen.

4. Es ſollen aber alle Liebhaber dieſer
Kunſt getreueiferichſt gewaꝛnet ſeyn/ daß
ſie ſich von unreinen Liebsdichtern nicht
verkuplen/ und zur Unkeuſchheit verlei-
ten laſſen. Ein Chriſtlicher Poet han-
delt von der Liebe/ als von einer Tugend/
und bleibt in den Schranken der Erbar-
keit. Die Weltling hingegen und Wollu-
ſter ſchꝛeiben gleichſam mit einem Schwe-
felholtz/ aus welchem die buhleriſche Hu-
renbrunſt aufflammet/ und die unſchuldi-
gen Hertzen entzuͤndet. Solche Gedich-
te laſſen ſich mit den Egyptiſchen Froͤſchẽ
vereinbaren/ von welchen wir leſen/
* daß
ſie gekommen in das Hauß/ in die Kammer/ auf
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liebter
* 2. Moſe. 8. v. 3.
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[0010] Vorrede. vergifften/ oder andere mit der Peſt an- ſtecken: Jch ſage die Jugend: Maſſen wenig bejahrte Leute Zeit und Freude ha- ben Poeten zu leſen; weilen ſie ſich in der Jugend ſolcher Kuͤnſte nicht befliſſen/ o- der weil die Bejahrte viel wichtiger Sor- gen ergeben: Ja Petracha/ Ronſard und viel andere ſchreiben/ daß in ihrem Alter kein guter Vers mehr/ aus ihrer Feder fliſ- ſen wollen. 4. Es ſollen aber alle Liebhaber dieſer Kunſt getreueiferichſt gewaꝛnet ſeyn/ daß ſie ſich von unreinen Liebsdichtern nicht verkuplen/ und zur Unkeuſchheit verlei- ten laſſen. Ein Chriſtlicher Poet han- delt von der Liebe/ als von einer Tugend/ und bleibt in den Schranken der Erbar- keit. Die Weltling hingegen und Wollu- ſter ſchꝛeiben gleichſam mit einem Schwe- felholtz/ aus welchem die buhleriſche Hu- renbrunſt aufflammet/ und die unſchuldi- gen Hertzen entzuͤndet. Solche Gedich- te laſſen ſich mit den Egyptiſchen Froͤſchẽ vereinbaren/ von welchen wir leſen/ * daß ſie gekommen in das Hauß/ in die Kammer/ auf die Lager und Bette/ etc. in dem man ſich be- liebter * 2. Moſe. 8. v. 3.

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter02_1648/10>, abgerufen am 25.04.2024.