Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

Bild:
<< vorherige Seite

Die dritte Stund.
zw. Wann ich nun die Reimendung agen
hinter diese Buchstaben halte/ finde ich: fra-
gen/ klagen/ kragen/ plagen/ schlagen/
sie
sagen/ tragen/ zwagen. Die andern sind
blinde Wörter. Aus besagten kan ich die Reim-
wörter wehlen/ die zu meinen Vorhaben am
schlicklichsten sind/ welches unschwer kan abge-
sehen und zu Werke gebracht werden.

3. Es ist aber kein zulässiger Reimschluß
wann das gantze Wort verbleibet/ und die Reim-
buchstaben nicht verändert werden/ als wann
ich setzen wolte auf den Bergen sich verber-
gen/
durch das Jagen erjagen etc. So offt al-
so der vorhergehende Reimbuchstab das Wort
verändert/ so oft gibt es einen guten/ und glei-
chen Reimschluß/ welcher das Gedicht lieb-
lich/ und wolklingend machet. Diese Wahl
der Reimwörter ist sehr dienlich/ und muß
man bedencken/ welche Reimung in einem
Gedichte nohtwendig/ oder welche mit an-
dern gleichdeutenden Reden auszutauschen.
Wie auch/ welche Wörter zu Ende der Mei-
nung zu stehen kommen/ und ist in den Sonne
ten/ oder Klingreimen sehr gebräuchlich/ daß man
alle Reimendungen zusammensuchet/ und dar-
aus vier anständige in Verfassung deß Gedichtes

weh-
C ij

Die dritte Stund.
zw. Wann ich nun die Reimendung agen
hinter dieſe Buchſtaben halte/ finde ich: fra-
gen/ klagen/ kragen/ plagen/ ſchlagen/
ſie
ſagen/ tragen/ zwagen. Die andern ſind
blinde Woͤrter. Aus beſagten kan ich die Reim-
woͤrter wehlen/ die zu meinen Vorhaben am
ſchlicklichſten ſind/ welches unſchwer kan abge-
ſehen und zu Werke gebracht werden.

3. Es iſt aber kein zulaͤſſiger Reimſchluß
wann das gantze Wort verbleibet/ und die Reim-
buchſtaben nicht veraͤndert werden/ als wann
ich ſetzen wolte auf den Bergen ſich verber-
gen/
durch das Jagen erjagen ꝛc. So offt al-
ſo der vorhergehende Reimbuchſtab das Wort
veraͤndert/ ſo oft gibt es einen guten/ und glei-
chen Reimſchluß/ welcher das Gedicht lieb-
lich/ und wolklingend machet. Dieſe Wahl
der Reimwoͤrter iſt ſehr dienlich/ und muß
man bedencken/ welche Reimung in einem
Gedichte nohtwendig/ oder welche mit an-
dern gleichdeutenden Reden auszutauſchen.
Wie auch/ welche Woͤrter zu Ende der Mei-
nung zu ſtehen kommen/ und iſt in den Sonne
ten/ oder Klingreimẽ ſehr gebraͤuchlich/ daß man
alle Reimendungen zuſammenſuchet/ und dar-
aus vier anſtaͤndige in Verfaſſung deß Gedichtes

weh-
C ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0053" n="35"/><fw place="top" type="header">Die dritte Stund.</fw><lb/><hi rendition="#fr">zw.</hi> Wann ich nun die Reimendung <hi rendition="#fr">agen</hi><lb/>
hinter die&#x017F;e Buch&#x017F;taben halte/ finde ich: <hi rendition="#fr">fra-<lb/>
gen/ klagen/ kragen/ plagen/ &#x017F;chlagen/</hi> &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;agen/ tragen/ zwagen.</hi> Die andern &#x017F;ind<lb/>
blinde Wo&#x0364;rter. Aus be&#x017F;agten kan ich die Reim-<lb/>
wo&#x0364;rter wehlen/ die zu meinen Vorhaben am<lb/>
&#x017F;chlicklich&#x017F;ten &#x017F;ind/ welches un&#x017F;chwer kan abge-<lb/>
&#x017F;ehen und zu Werke gebracht werden.</p><lb/>
        <p>3. Es i&#x017F;t aber kein zula&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Reim&#x017F;chluß<lb/>
wann das gantze Wort verbleibet/ und die Reim-<lb/>
buch&#x017F;taben nicht vera&#x0364;ndert werden/ als wann<lb/>
ich &#x017F;etzen wolte auf den <hi rendition="#fr">Bergen</hi> &#x017F;ich <hi rendition="#fr">verber-<lb/>
gen/</hi> durch das <hi rendition="#fr">Jagen</hi> erjagen &#xA75B;c. So offt al-<lb/>
&#x017F;o der vorhergehende Reimbuch&#x017F;tab das Wort<lb/>
vera&#x0364;ndert/ &#x017F;o oft gibt es einen guten/ und glei-<lb/>
chen Reim&#x017F;chluß/ welcher das Gedicht lieb-<lb/>
lich/ und wolklingend machet. Die&#x017F;e Wahl<lb/>
der Reimwo&#x0364;rter i&#x017F;t &#x017F;ehr dienlich/ und muß<lb/>
man bedencken/ welche Reimung in einem<lb/>
Gedichte nohtwendig/ oder welche mit an-<lb/>
dern gleichdeutenden Reden auszutau&#x017F;chen.<lb/>
Wie auch/ welche Wo&#x0364;rter zu Ende der Mei-<lb/>
nung zu &#x017F;tehen kommen/ und i&#x017F;t in den Sonne<lb/>
ten/ oder Klingreime&#x0303; &#x017F;ehr gebra&#x0364;uchlich/ daß man<lb/>
alle Reimendungen zu&#x017F;ammen&#x017F;uchet/ und dar-<lb/>
aus vier an&#x017F;ta&#x0364;ndige in Verfa&#x017F;&#x017F;ung deß Gedichtes<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C ij</fw><fw place="bottom" type="catch">weh-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0053] Die dritte Stund. zw. Wann ich nun die Reimendung agen hinter dieſe Buchſtaben halte/ finde ich: fra- gen/ klagen/ kragen/ plagen/ ſchlagen/ ſie ſagen/ tragen/ zwagen. Die andern ſind blinde Woͤrter. Aus beſagten kan ich die Reim- woͤrter wehlen/ die zu meinen Vorhaben am ſchlicklichſten ſind/ welches unſchwer kan abge- ſehen und zu Werke gebracht werden. 3. Es iſt aber kein zulaͤſſiger Reimſchluß wann das gantze Wort verbleibet/ und die Reim- buchſtaben nicht veraͤndert werden/ als wann ich ſetzen wolte auf den Bergen ſich verber- gen/ durch das Jagen erjagen ꝛc. So offt al- ſo der vorhergehende Reimbuchſtab das Wort veraͤndert/ ſo oft gibt es einen guten/ und glei- chen Reimſchluß/ welcher das Gedicht lieb- lich/ und wolklingend machet. Dieſe Wahl der Reimwoͤrter iſt ſehr dienlich/ und muß man bedencken/ welche Reimung in einem Gedichte nohtwendig/ oder welche mit an- dern gleichdeutenden Reden auszutauſchen. Wie auch/ welche Woͤrter zu Ende der Mei- nung zu ſtehen kommen/ und iſt in den Sonne ten/ oder Klingreimẽ ſehr gebraͤuchlich/ daß man alle Reimendungen zuſammenſuchet/ und dar- aus vier anſtaͤndige in Verfaſſung deß Gedichtes weh- C ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/53
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/53>, abgerufen am 28.11.2024.