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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
Das XXI. Capitul/

Hier hat Troll abermahl seltzame Possen bey einer Abdan-
ckung. Er machet auch etliche possierliche Carmina.

ALs der Pastor diese Grabschrifft lase/ muste er sich
zufrieden stellen/ ob er gleich wol errathen kun-
te/ wer sie muste gemacht haben/ dann eine Ehre
war der andern werth/ aber in seinem Hertzen war er
dem Trollen nicht geneigt/ welches er ihm auf den
Abend zu erkennen gab/ da er ihm nichts anders/ als
eine Schüssel voll Butter-Milch/ und einen alten
faulen Käß fürsetzen ließ. Er selber aber hatte ein
gebratenes Huhn/ und einen schönen Sallat/ welches
dem Rector dermassen zu Hertzen gieng/ daß er in sei-
nem Hertzen gedachte/ er wolle ihm solches wieder zu
Hauß bringen. Am folgenden Tag ward deß alten
Krachbeins Frau begraben/ und Troll bathe sich sel-
ber zu Gast bey ihm/ welches ihm der alte Mann/ auß
bewusten Ursachen/ nicht versagen durffte/ und die
Dirne trug das Beste auf/ was im Hauß war/ daß
er nur vergnüget würde. Er ward aber dargegen
gebetten/ nach gehaltener Leich-Predigt eine Abdan-
ckung zu thun/ und dieselbe fein wol einzurichten/ wie
deß Rectors seine vor 2. Tagen. Also setzte er sich nie-
der/ und machte einen Entwurff/ bald aber schickte
der Pastor zu ihm/ und sagte zu ihm/ wann er ihm auf
dem Todten-Kirch-Hof zuwinckete/ so solle er mit
dem Singen einhalten/ dann er müsse nach der Pro-
cession
noch 2. Meilen reiten/ und möchte ihm Nacht
werden/ wann er sich zu lang aufhielte. Troll sagte:
Gut! gut! Herrchen/ ich wil mich darauf bedencken/
nahm hierauf seinen Abschied/ und kehrete zum alten
Claß/ welcher sich von Hertzen freuete/ daß seine
Stein-alte Frau einmahl seinen Armen entrissen war.

Als endlich die Zeit kam/ hieng Troll seinen
schwartzen Mantel um/ unter welchem er ein seltzames

Kleid
Romans II. Buch.
Das XXI. Capitul/

Hier hat Troll abermahl ſeltzame Poſſen bey einer Abdan-
ckung. Er machet auch etliche poſſierliche Carmina.

ALs der Paſtor dieſe Grabſchrifft laſe/ muſte er ſich
zufrieden ſtellen/ ob er gleich wol errathen kun-
te/ wer ſie muſte gemacht haben/ dann eine Ehre
war der andern werth/ aber in ſeinem Hertzen war er
dem Trollen nicht geneigt/ welches er ihm auf den
Abend zu erkennen gab/ da er ihm nichts anders/ als
eine Schuͤſſel voll Butter-Milch/ und einen alten
faulen Kaͤß fuͤrſetzen ließ. Er ſelber aber hatte ein
gebratenes Huhn/ und einen ſchoͤnen Sallat/ welches
dem Rector dermaſſen zu Hertzen gieng/ daß er in ſei-
nem Hertzen gedachte/ er wolle ihm ſolches wieder zu
Hauß bringen. Am folgenden Tag ward deß alten
Krachbeins Frau begraben/ und Troll bathe ſich ſel-
ber zu Gaſt bey ihm/ welches ihm der alte Mann/ auß
bewuſten Urſachen/ nicht verſagen durffte/ und die
Dirne trug das Beſte auf/ was im Hauß war/ daß
er nur vergnuͤget wuͤrde. Er ward aber dargegen
gebetten/ nach gehaltener Leich-Predigt eine Abdan-
ckung zu thun/ und dieſelbe fein wol einzurichten/ wie
deß Rectors ſeine vor 2. Tagen. Alſo ſetzte er ſich nie-
der/ und machte einen Entwurff/ bald aber ſchickte
der Paſtor zu ihm/ und ſagte zu ihm/ wann er ihm auf
dem Todten-Kirch-Hof zuwinckete/ ſo ſolle er mit
dem Singen einhalten/ dann er muͤſſe nach der Pro-
ceſſion
noch 2. Meilen reiten/ und moͤchte ihm Nacht
werden/ wann er ſich zu lang aufhielte. Troll ſagte:
Gut! gut! Herꝛchen/ ich wil mich darauf bedencken/
nahm hierauf ſeinen Abſchied/ und kehrete zum alten
Claß/ welcher ſich von Hertzen freuete/ daß ſeine
Stein-alte Frau einmahl ſeinen Armen entriſſen war.

Als endlich die Zeit kam/ hieng Troll ſeinen
ſchwartzen Mantel um/ unter welchem er ein ſeltzames

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[779/0799] Romans II. Buch. Das XXI. Capitul/ Hier hat Troll abermahl ſeltzame Poſſen bey einer Abdan- ckung. Er machet auch etliche poſſierliche Carmina. ALs der Paſtor dieſe Grabſchrifft laſe/ muſte er ſich zufrieden ſtellen/ ob er gleich wol errathen kun- te/ wer ſie muſte gemacht haben/ dann eine Ehre war der andern werth/ aber in ſeinem Hertzen war er dem Trollen nicht geneigt/ welches er ihm auf den Abend zu erkennen gab/ da er ihm nichts anders/ als eine Schuͤſſel voll Butter-Milch/ und einen alten faulen Kaͤß fuͤrſetzen ließ. Er ſelber aber hatte ein gebratenes Huhn/ und einen ſchoͤnen Sallat/ welches dem Rector dermaſſen zu Hertzen gieng/ daß er in ſei- nem Hertzen gedachte/ er wolle ihm ſolches wieder zu Hauß bringen. Am folgenden Tag ward deß alten Krachbeins Frau begraben/ und Troll bathe ſich ſel- ber zu Gaſt bey ihm/ welches ihm der alte Mann/ auß bewuſten Urſachen/ nicht verſagen durffte/ und die Dirne trug das Beſte auf/ was im Hauß war/ daß er nur vergnuͤget wuͤrde. Er ward aber dargegen gebetten/ nach gehaltener Leich-Predigt eine Abdan- ckung zu thun/ und dieſelbe fein wol einzurichten/ wie deß Rectors ſeine vor 2. Tagen. Alſo ſetzte er ſich nie- der/ und machte einen Entwurff/ bald aber ſchickte der Paſtor zu ihm/ und ſagte zu ihm/ wann er ihm auf dem Todten-Kirch-Hof zuwinckete/ ſo ſolle er mit dem Singen einhalten/ dann er muͤſſe nach der Pro- ceſſion noch 2. Meilen reiten/ und moͤchte ihm Nacht werden/ wann er ſich zu lang aufhielte. Troll ſagte: Gut! gut! Herꝛchen/ ich wil mich darauf bedencken/ nahm hierauf ſeinen Abſchied/ und kehrete zum alten Claß/ welcher ſich von Hertzen freuete/ daß ſeine Stein-alte Frau einmahl ſeinen Armen entriſſen war. Als endlich die Zeit kam/ hieng Troll ſeinen ſchwartzen Mantel um/ unter welchem er ein ſeltzames Kleid

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/799>, abgerufen am 23.11.2024.