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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
Wann man aber fraget/ in was Exercitien oder
Aemtern es die ingenieusesten Leute gibt? Muß ich
bekennen daß hierauf nicht wol zu antworten sey/ weil
heutiges Tages in allen Professionen solche kluge
Köpffe gefunden werden/ daß man schwerlich sagen
kan/ in welcher die Ingenieusesten seynd. Etliche
werden die Theologos und Scholasticos darfür hal-
ten/ angesehen ihre Disputen voller Spitzfündigkeit.
Etliche die Medicos, die auch durch ihre vernünfftige
Schluß-Reden und Muthmassungen die Ursachen
der Kranckheiten errathen. Etliche die Mathemati-
cos,
die biß in den Himmel durchdringen. Jch mei-
nes Theils wil denen Beyfall geben/ die es mit den
Rechtsgelehrten und Practicis halten/ weilen sie nicht
allein so behend in anderer Leute Sachen ihr eigenes
Interesse finden können/ sondern auch noch darzu alle
Physicos Lügen straffen/ da sie statuiren/ daß alles/
was einen Anfang hat/ auch ein Ende habe/ da hinge-
gen sie ihre Processe unendlich oder unsterblich ma-
chen können; An statt/ daß die Naturkündiger nur
quatuor Causas Rerum setzen/ so machen die Causidici
Causas infinitas.
Endlich erweisen sie mit der Par-
theyen ihren Beuteln/ daß der Physicorum Lehre oder
Maxime, quod non detur vacuum in natura, falsch
und zu verwerffen sey.

Hierauf ward geantwortet: Daß die Jenigen/
so den Bau der Welt wol betrachten/ eigentlich dar-
von zu reden/ keine Orientalische oder Occidentalische
Theile darinnen finden werden/ weil solche Namen
nur in Vergleichung mit unserer Wohn-Stadt er-
funden worden/ denen das eine Volck Orientalisch/
das andere Occidentalisch/ nachdem sie von uns gegen
Morgen oder Abend gelegen sind/ dann die Welt ist
sonsten rund/ und alle Theile einer Sphaeren, oder

Kugel/

Deß Academiſchen
Wann man aber fraget/ in was Exercitien oder
Aemtern es die ingenieuſeſten Leute gibt? Muß ich
bekeñen daß hierauf nicht wol zu antworten ſey/ weil
heutiges Tages in allen Profeſſionen ſolche kluge
Koͤpffe gefunden werden/ daß man ſchwerlich ſagen
kan/ in welcher die Ingenieuſeſten ſeynd. Etliche
werden die Theologos und Scholaſticos darfuͤr hal-
ten/ angeſehen ihre Diſputen voller Spitzfuͤndigkeit.
Etliche die Medicos, die auch durch ihre vernuͤnfftige
Schluß-Reden und Muthmaſſungen die Urſachen
der Kranckheiten errathen. Etliche die Mathemati-
cos,
die biß in den Himmel durchdringen. Jch mei-
nes Theils wil denen Beyfall geben/ die es mit den
Rechtsgelehrten und Practicis halten/ weilen ſie nicht
allein ſo behend in anderer Leute Sachen ihr eigenes
Intereſſe finden koͤnnen/ ſondern auch noch darzu alle
Phyſicos Luͤgen ſtraffen/ da ſie ſtatuiren/ daß alles/
was einen Anfang hat/ auch ein Ende habe/ da hinge-
gen ſie ihre Proceſſe unendlich oder unſterblich ma-
chen koͤnnen; An ſtatt/ daß die Naturkuͤndiger nur
quatuor Cauſas Rerum ſetzen/ ſo machen die Cauſidici
Cauſas infinitas.
Endlich erweiſen ſie mit der Par-
theyen ihren Beuteln/ daß der Phyſicorum Lehre oder
Maxime, quod non detur vacuum in natura, falſch
und zu verwerffen ſey.

Hierauf ward geantwortet: Daß die Jenigen/
ſo den Bau der Welt wol betrachten/ eigentlich dar-
von zu reden/ keine Orientaliſche oder Occidentaliſche
Theile darinnen finden werden/ weil ſolche Namen
nur in Vergleichung mit unſerer Wohn-Stadt er-
funden worden/ denen das eine Volck Orientaliſch/
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ſonſten rund/ und alle Theile einer Sphæren, oder

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[622/0640] Deß Academiſchen Wann man aber fraget/ in was Exercitien oder Aemtern es die ingenieuſeſten Leute gibt? Muß ich bekeñen daß hierauf nicht wol zu antworten ſey/ weil heutiges Tages in allen Profeſſionen ſolche kluge Koͤpffe gefunden werden/ daß man ſchwerlich ſagen kan/ in welcher die Ingenieuſeſten ſeynd. Etliche werden die Theologos und Scholaſticos darfuͤr hal- ten/ angeſehen ihre Diſputen voller Spitzfuͤndigkeit. Etliche die Medicos, die auch durch ihre vernuͤnfftige Schluß-Reden und Muthmaſſungen die Urſachen der Kranckheiten errathen. Etliche die Mathemati- cos, die biß in den Himmel durchdringen. Jch mei- nes Theils wil denen Beyfall geben/ die es mit den Rechtsgelehrten und Practicis halten/ weilen ſie nicht allein ſo behend in anderer Leute Sachen ihr eigenes Intereſſe finden koͤnnen/ ſondern auch noch darzu alle Phyſicos Luͤgen ſtraffen/ da ſie ſtatuiren/ daß alles/ was einen Anfang hat/ auch ein Ende habe/ da hinge- gen ſie ihre Proceſſe unendlich oder unſterblich ma- chen koͤnnen; An ſtatt/ daß die Naturkuͤndiger nur quatuor Cauſas Rerum ſetzen/ ſo machen die Cauſidici Cauſas infinitas. Endlich erweiſen ſie mit der Par- theyen ihren Beuteln/ daß der Phyſicorum Lehre oder Maxime, quod non detur vacuum in natura, falſch und zu verwerffen ſey. Hierauf ward geantwortet: Daß die Jenigen/ ſo den Bau der Welt wol betrachten/ eigentlich dar- von zu reden/ keine Orientaliſche oder Occidentaliſche Theile darinnen finden werden/ weil ſolche Namen nur in Vergleichung mit unſerer Wohn-Stadt er- funden worden/ denen das eine Volck Orientaliſch/ das andere Occidentaliſch/ nachdem ſie von uns gegen Morgen oder Abend gelegen ſind/ dann die Welt iſt ſonſten rund/ und alle Theile einer Sphæren, oder Kugel/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/640>, abgerufen am 22.11.2024.