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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
der zu dem Printzen Condado zugelangen/ zumahl
er merckete/ daß er bey dem Teutschen Frauenzimmer
bey weitem nicht so wol zurechte kommen kunte/ als
bey dem Jtaliänischen/ jedoch hatte er Hoffnung daß
auf den Universitäten er noch ein angenehmes Biß-
lein für sich finden würde. Solchemnach setzte er sich
auf sein Pferd/ und ritte besser nach Norden/ in Hoff-
nung/ zu Basel die Ubrigen von seiner Gesellschafft
fordersamst wieder einzuholen. Er ritte nach der
Mittags-Mahlzeit auß/ und hoffete/ auf den Abend
eine bequeme Herberge zu erreichen/ aber er verfehlete
deß rechten Weges/ und kam auf einen Bauer-Weg/
der ihn ins Gehöltz leitete/ und sich darauf allgemach
verlohr/ daß er nicht wuste/ wo auß noch ein.

Als es ziemlich späth/ da hörete er Jemand zu
Pferd hinter ihm daher traben/ welches er vor ein
Gespenst hielte/ und deßwegen in grosse Furcht ge-
rieth. Jener kam inzwischen immer näher/ und Vene-
reus
sahe/ daß er auf einem weissen Pferd ritte/ dan-
nenhero fassete er alle seine Courage zusammen/ und
rieff auß vollem Halse: Wer da! Der andere dar-
gegen rieff: Wer bist du vielmehr? Also erkannten
sie einander an der Stimme/ dann dieser war der
Edelmann/ der bey Venereo in der Herberge zu Stern-
berg gelegen hatte. Dieser sagete: Er habe seinen
Weg nach einem reichen Mäyer/ der dieser Ends im
Feld allein wohnete/ gerichtet/ und weil die Nacht
darüber eingefallen/ sey er vom rechten Weg abkom-
men. Er berichtete weiter/ wie dieser Mäyer eine sehr
schöne junge Tochter von 16. Jahren habe/ in welche
er schon ein gantzes Jahr her hefftig verliebt gewesen/
und weil ihr Vatter allemahl sein guter Freund/ die
Tochter auch ihm jedes mahl gnugsame Kennzeichen
ihrer hertzlichen Gegen-Liebe ertheilet/ so wünsche er

nichts
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Romans II. Buch.
der zu dem Printzen Condado zugelangen/ zumahl
er merckete/ daß er bey dem Teutſchen Frauenzimmer
bey weitem nicht ſo wol zurechte kommen kunte/ als
bey dem Jtaliaͤniſchen/ jedoch hatte er Hoffnung daß
auf den Univerſitaͤten er noch ein angenehmes Biß-
lein fuͤr ſich finden wuͤrde. Solchemnach ſetzte er ſich
auf ſein Pferd/ und ritte beſſer nach Norden/ in Hoff-
nung/ zu Baſel die Ubrigen von ſeiner Geſellſchafft
forderſamſt wieder einzuholen. Er ritte nach der
Mittags-Mahlzeit auß/ und hoffete/ auf den Abend
eine bequeme Herberge zu erreichen/ aber er verfehlete
deß rechten Weges/ und kam auf einen Bauer-Weg/
der ihn ins Gehoͤltz leitete/ und ſich darauf allgemach
verlohr/ daß er nicht wuſte/ wo auß noch ein.

Als es ziemlich ſpaͤth/ da hoͤrete er Jemand zu
Pferd hinter ihm daher traben/ welches er vor ein
Geſpenſt hielte/ und deßwegen in groſſe Furcht ge-
rieth. Jener kam inzwiſchen immer naͤher/ und Vene-
reus
ſahe/ daß er auf einem weiſſen Pferd ritte/ dan-
nenhero faſſete er alle ſeine Courage zuſammen/ und
rieff auß vollem Halſe: Wer da! Der andere dar-
gegen rieff: Wer biſt du vielmehr? Alſo erkannten
ſie einander an der Stimme/ dann dieſer war der
Edelmañ/ der bey Venereo in der Herberge zu Stern-
berg gelegen hatte. Dieſer ſagete: Er habe ſeinen
Weg nach einem reichen Maͤyer/ der dieſer Ends im
Feld allein wohnete/ gerichtet/ und weil die Nacht
daruͤber eingefallen/ ſey er vom rechten Weg abkom-
men. Er berichtete weiter/ wie dieſer Maͤyer eine ſehr
ſchoͤne junge Tochter von 16. Jahren habe/ in welche
er ſchon ein gantzes Jahr her hefftig verliebt geweſen/
und weil ihr Vatter allemahl ſein guter Freund/ die
Tochter auch ihm jedes mahl gnugſame Kennzeichen
ihrer hertzlichen Gegen-Liebe ertheilet/ ſo wuͤnſche er

nichts
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[615/0633] Romans II. Buch. der zu dem Printzen Condado zugelangen/ zumahl er merckete/ daß er bey dem Teutſchen Frauenzimmer bey weitem nicht ſo wol zurechte kommen kunte/ als bey dem Jtaliaͤniſchen/ jedoch hatte er Hoffnung daß auf den Univerſitaͤten er noch ein angenehmes Biß- lein fuͤr ſich finden wuͤrde. Solchemnach ſetzte er ſich auf ſein Pferd/ und ritte beſſer nach Norden/ in Hoff- nung/ zu Baſel die Ubrigen von ſeiner Geſellſchafft forderſamſt wieder einzuholen. Er ritte nach der Mittags-Mahlzeit auß/ und hoffete/ auf den Abend eine bequeme Herberge zu erreichen/ aber er verfehlete deß rechten Weges/ und kam auf einen Bauer-Weg/ der ihn ins Gehoͤltz leitete/ und ſich darauf allgemach verlohr/ daß er nicht wuſte/ wo auß noch ein. Als es ziemlich ſpaͤth/ da hoͤrete er Jemand zu Pferd hinter ihm daher traben/ welches er vor ein Geſpenſt hielte/ und deßwegen in groſſe Furcht ge- rieth. Jener kam inzwiſchen immer naͤher/ und Vene- reus ſahe/ daß er auf einem weiſſen Pferd ritte/ dan- nenhero faſſete er alle ſeine Courage zuſammen/ und rieff auß vollem Halſe: Wer da! Der andere dar- gegen rieff: Wer biſt du vielmehr? Alſo erkannten ſie einander an der Stimme/ dann dieſer war der Edelmañ/ der bey Venereo in der Herberge zu Stern- berg gelegen hatte. Dieſer ſagete: Er habe ſeinen Weg nach einem reichen Maͤyer/ der dieſer Ends im Feld allein wohnete/ gerichtet/ und weil die Nacht daruͤber eingefallen/ ſey er vom rechten Weg abkom- men. Er berichtete weiter/ wie dieſer Maͤyer eine ſehr ſchoͤne junge Tochter von 16. Jahren habe/ in welche er ſchon ein gantzes Jahr her hefftig verliebt geweſen/ und weil ihr Vatter allemahl ſein guter Freund/ die Tochter auch ihm jedes mahl gnugſame Kennzeichen ihrer hertzlichen Gegen-Liebe ertheilet/ ſo wuͤnſche er nichts Q q 4

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/633>, abgerufen am 22.11.2024.