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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen

DEr Podesta und alle die andern musten heken-
nen/ daß sich dieser Student listig und recht-
schaffen gerochen hätte/ sie ersuchten aber un-
sern Klingenfeld/ ihnen noch etliche artige Studen-
ten-Streiche mitzutheilen/ weil sie vernommen/ daß
er um ihre Händel gute Wissenschafft hatte. Dieser
ließ ihm solches gefallen/ und erzehlete darvon ein und
anders/ wie folget:

ZU Jngolstadt logirte ein junger Edelmann auf der Univer-
sit
ät bey einem Wirth/ und lebete ziemlich in den Tag hinein/
daß der Wirth eine ansehnliche Summa von ihm zu fordern
hatte/ dannenhero begunte ihm Angst zu werden/ und er gedachte
auf mancherley Weise/ wie er Rath finden möchte/ zu seiner
Schuld zu gelangen. Jnzwischen begab es sich/ daß deß jungen
Edelmanns Vatter/ (welcher ein Richter war/) nach seinem
Sohn schickete/ er solte unverzüglich heim kommen. Da fieng
dem Wirth erst an/ wie die Katz den Rucken auf zulauffen/ er
wuste nicht/ wie er seinen Sachen thun wolte. Zuletzt gedachte
er/ wolan/ ich muß ein anders für die Hand nehmen/ ob ich doch
mit List zur Bezahlung kommen möchte. Er richtet ein gut
Panquet zu/ und saget zu dem Edelmann: Juncker/ ich verste-
he/ wie ihr heimreiten wollet/ nun müssen wir uns demnach zu-
vor mit einander letzen/ und einen guten Muth haben. Dieses
gefiel dem Edelmann wol/ und er sagete: Ja/ mein Herr Wirth/
in welcher Mahlzeit muß aber solches geschehen/ damit ich es
auch andern guten Gesellen/ so mir lieb sind/ verkündigen mag?
Der Wirth sprach: Juncker/ zum Nachtmahl bin ich sehr wol
gerüstet/ darum möget ihr wol gute Gesellen mitbringen/ so
wollen wir gantz leichtsinnig seyn; Jn Summa/ die Sach war
also abgeredet. Der Wirth befahl allem seinem Gesinde/ so bald
man zu Tisch käme/ solten sie nur nicht faul seyn/ mit Einschen-
cken/ so war der Bescheid auch gegeben/ daß sie den besten Wein
einschenckten. Nun/ so bald es um die Zeit war/ daß man zu
Tische saß/ trug man auf nach der Schwere/ da hub sich ein
grosses Fressen und Sauffen an. Der Wirth aber lieff stäts
von und zu dem Tisch/ damit man auf sein Fürnehmen nicht
achten/ und desto weniger Argwohn haben möchte. Er schierete
auch tapffer zu/ damit dem jungen Edelmann kein Mangel an
Trincken gelassen wurde. Nun hatte der junge Edelmann eine

schöne
Deß Academiſchen

DEr Podeſtà und alle die andern muſten heken-
nen/ daß ſich dieſer Student liſtig und recht-
ſchaffen gerochen haͤtte/ ſie erſuchten aber un-
ſern Klingenfeld/ ihnen noch etliche artige Studen-
ten-Streiche mitzutheilen/ weil ſie vernommen/ daß
er um ihre Haͤndel gute Wiſſenſchafft hatte. Dieſer
ließ ihm ſolches gefallen/ und erzehlete darvon ein und
anders/ wie folget:

ZU Jngolſtadt logirte ein junger Edelmann auf der Univer-
ſit
aͤt bey einem Wirth/ und lebete ziemlich in den Tag hinein/
daß der Wirth eine anſehnliche Summa von ihm zu fordern
hatte/ dannenhero begunte ihm Angſt zu werden/ und er gedachte
auf mancherley Weiſe/ wie er Rath finden moͤchte/ zu ſeiner
Schuld zu gelangen. Jnzwiſchen begab es ſich/ daß deß jungen
Edelmanns Vatter/ (welcher ein Richter war/) nach ſeinem
Sohn ſchickete/ er ſolte unverzuͤglich heim kommen. Da fieng
dem Wirth erſt an/ wie die Katz den Rucken auf zulauffen/ er
wuſte nicht/ wie er ſeinen Sachen thun wolte. Zuletzt gedachte
er/ wolan/ ich muß ein anders fuͤr die Hand nehmen/ ob ich doch
mit Liſt zur Bezahlung kommen moͤchte. Er richtet ein gut
Panquet zu/ und ſaget zu dem Edelmann: Juncker/ ich verſte-
he/ wie ihr heimreiten wollet/ nun muͤſſen wir uns demnach zu-
vor mit einander letzen/ und einen guten Muth haben. Dieſes
gefiel dem Edelmann wol/ und er ſagete: Ja/ mein Herꝛ Wirth/
in welcher Mahlzeit muß aber ſolches geſchehen/ damit ich es
auch andern guten Geſellen/ ſo mir lieb ſind/ verkuͤndigen mag?
Der Wirth ſprach: Juncker/ zum Nachtmahl bin ich ſehr wol
geruͤſtet/ darum moͤget ihr wol gute Geſellen mitbringen/ ſo
wollen wir gantz leichtſinnig ſeyn; Jn Summa/ die Sach war
alſo abgeredet. Der Wirth befahl allem ſeinem Geſinde/ ſo bald
man zu Tiſch kaͤme/ ſolten ſie nur nicht faul ſeyn/ mit Einſchen-
cken/ ſo war der Beſcheid auch gegeben/ daß ſie den beſten Wein
einſchenckten. Nun/ ſo bald es um die Zeit war/ daß man zu
Tiſche ſaß/ trug man auf nach der Schwere/ da hub ſich ein
groſſes Freſſen und Sauffen an. Der Wirth aber lieff ſtaͤts
von und zu dem Tiſch/ damit man auf ſein Fuͤrnehmen nicht
achten/ und deſto weniger Argwohn haben moͤchte. Er ſchierete
auch tapffer zu/ damit dem jungen Edelmann kein Mangel an
Trincken gelaſſen wurde. Nun hatte der junge Edelmann eine

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[348/0362] Deß Academiſchen DEr Podeſtà und alle die andern muſten heken- nen/ daß ſich dieſer Student liſtig und recht- ſchaffen gerochen haͤtte/ ſie erſuchten aber un- ſern Klingenfeld/ ihnen noch etliche artige Studen- ten-Streiche mitzutheilen/ weil ſie vernommen/ daß er um ihre Haͤndel gute Wiſſenſchafft hatte. Dieſer ließ ihm ſolches gefallen/ und erzehlete darvon ein und anders/ wie folget: ZU Jngolſtadt logirte ein junger Edelmann auf der Univer- ſitaͤt bey einem Wirth/ und lebete ziemlich in den Tag hinein/ daß der Wirth eine anſehnliche Summa von ihm zu fordern hatte/ dannenhero begunte ihm Angſt zu werden/ und er gedachte auf mancherley Weiſe/ wie er Rath finden moͤchte/ zu ſeiner Schuld zu gelangen. Jnzwiſchen begab es ſich/ daß deß jungen Edelmanns Vatter/ (welcher ein Richter war/) nach ſeinem Sohn ſchickete/ er ſolte unverzuͤglich heim kommen. Da fieng dem Wirth erſt an/ wie die Katz den Rucken auf zulauffen/ er wuſte nicht/ wie er ſeinen Sachen thun wolte. Zuletzt gedachte er/ wolan/ ich muß ein anders fuͤr die Hand nehmen/ ob ich doch mit Liſt zur Bezahlung kommen moͤchte. Er richtet ein gut Panquet zu/ und ſaget zu dem Edelmann: Juncker/ ich verſte- he/ wie ihr heimreiten wollet/ nun muͤſſen wir uns demnach zu- vor mit einander letzen/ und einen guten Muth haben. Dieſes gefiel dem Edelmann wol/ und er ſagete: Ja/ mein Herꝛ Wirth/ in welcher Mahlzeit muß aber ſolches geſchehen/ damit ich es auch andern guten Geſellen/ ſo mir lieb ſind/ verkuͤndigen mag? Der Wirth ſprach: Juncker/ zum Nachtmahl bin ich ſehr wol geruͤſtet/ darum moͤget ihr wol gute Geſellen mitbringen/ ſo wollen wir gantz leichtſinnig ſeyn; Jn Summa/ die Sach war alſo abgeredet. Der Wirth befahl allem ſeinem Geſinde/ ſo bald man zu Tiſch kaͤme/ ſolten ſie nur nicht faul ſeyn/ mit Einſchen- cken/ ſo war der Beſcheid auch gegeben/ daß ſie den beſten Wein einſchenckten. Nun/ ſo bald es um die Zeit war/ daß man zu Tiſche ſaß/ trug man auf nach der Schwere/ da hub ſich ein groſſes Freſſen und Sauffen an. Der Wirth aber lieff ſtaͤts von und zu dem Tiſch/ damit man auf ſein Fuͤrnehmen nicht achten/ und deſto weniger Argwohn haben moͤchte. Er ſchierete auch tapffer zu/ damit dem jungen Edelmann kein Mangel an Trincken gelaſſen wurde. Nun hatte der junge Edelmann eine ſchoͤne

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/362>, abgerufen am 22.11.2024.