Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans I. Buch. welcher Gestalt du mich/ als ich noch Hertod hiesse/die gantze Winter-Nacht über in der grimmigsten Kälte in deinem Hof stehen liessest/ darvon ich her- nach so kranck worden/ daß ich gemeynet/ ich würde sterben/ habe auch einen Sarg außtragen lassen/ als wann ich damahls gestorben wäre. Aber nein/ ich lebe unter meinem rechten Namen Brandano annoch zur Rache gegen dir/ die ich jetzo von dir nehmen wil. Damahl äffetest du mich/ um deß Jaques willen/ und nun solt du mir von dem Thurn nicht herunter kom- men/ biß du die Nacht-Kälte und Tages-Hitze recht- schaffen außgestanden hast. Das dienet dir zu wissen/ dann Jaques wird sich durch die Narren-Possen/ die ich dich überredet habe/ nicht wieder zu deiner Leicht- fertigkeit verleiten lassen. Jch habe es ihm schon er- zehlet/ was ich mit dir fürnehmen wolte/ darüber er hertzlich lachete. Als Jannetine den Brandano solcher Gestalt re- zu essen Y 5
Romans I. Buch. welcher Geſtalt du mich/ als ich noch Hertod hieſſe/die gantze Winter-Nacht uͤber in der grimmigſten Kaͤlte in deinem Hof ſtehen lieſſeſt/ darvon ich her- nach ſo kranck worden/ daß ich gemeynet/ ich wuͤrde ſterben/ habe auch einen Sarg außtragen laſſen/ als wann ich damahls geſtorben waͤre. Aber nein/ ich lebe unter meinem rechten Namen Brandano annoch zur Rache gegen dir/ die ich jetzo von dir nehmen wil. Damahl aͤffeteſt du mich/ um deß Jaques willen/ und nun ſolt du mir von dem Thurn nicht herunter kom- men/ biß du die Nacht-Kaͤlte und Tages-Hitze recht- ſchaffen außgeſtanden haſt. Das dienet dir zu wiſſen/ dann Jaques wird ſich durch die Narren-Poſſen/ die ich dich uͤberredet habe/ nicht wieder zu deiner Leicht- fertigkeit verleiten laſſen. Jch habe es ihm ſchon er- zehlet/ was ich mit dir fuͤrnehmen wolte/ daruͤber er hertzlich lachete. Als Jannetine den Brandano ſolcher Geſtalt re- zu eſſen Y 5
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Romans I. Buch.
welcher Geſtalt du mich/ als ich noch Hertod hieſſe/
die gantze Winter-Nacht uͤber in der grimmigſten
Kaͤlte in deinem Hof ſtehen lieſſeſt/ darvon ich her-
nach ſo kranck worden/ daß ich gemeynet/ ich wuͤrde
ſterben/ habe auch einen Sarg außtragen laſſen/ als
wann ich damahls geſtorben waͤre. Aber nein/ ich
lebe unter meinem rechten Namen Brandano annoch
zur Rache gegen dir/ die ich jetzo von dir nehmen wil.
Damahl aͤffeteſt du mich/ um deß Jaques willen/ und
nun ſolt du mir von dem Thurn nicht herunter kom-
men/ biß du die Nacht-Kaͤlte und Tages-Hitze recht-
ſchaffen außgeſtanden haſt. Das dienet dir zu wiſſen/
dann Jaques wird ſich durch die Narren-Poſſen/ die
ich dich uͤberredet habe/ nicht wieder zu deiner Leicht-
fertigkeit verleiten laſſen. Jch habe es ihm ſchon er-
zehlet/ was ich mit dir fuͤrnehmen wolte/ daruͤber er
hertzlich lachete.
Als Jannetine den Brandano ſolcher Geſtalt re-
den hoͤrete/ wolte ſie vor Eyfer berſten. Sie erkannte
wol/ daß ſie von Hertod hintergangen worden/ und
daß derſelbe Urſach haͤtte/ ſich gebuͤhrlich an ihr zu
raͤchen/ aber der Verdruß/ den ſie darauß empfand/
war ſo groß/ daß ſie ihm nicht ein einziges Woͤrtlein
antworten wolte. Sie legte ſich platt nieder auf das
Gewoͤlbe deß baufaͤlligen Thurn/ der kein Dach hat-
te/ und ließ ſich nicht ſehen/ fluchte auch bey ſich ſelber/
und vermaledeyete ihr Ungluͤck/ und inſonderheit den
Jaques, als welcher Urſach daran/ daß Hertod da-
mahl/ und ſie anjetzo/ alſo geplaget wurden. Jnzwi-
ſchen legte ſich deß Brandano Knecht ſchlaffen/ und
nachdem er ein paar Stunden geruhet/ ſtunde er wie-
der auf/ und verfuͤgte ſich nach dem Thurn/ ſolchen zu
bewahren. Brandano ſelber gieng in das vorige
Bauern-Hauß/ und ließ ihm um den Mittag etwas
zu eſſen
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