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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
doch diese Nacht über in Gedult stehen/ biß der fol-
gende Morgen anbrach/ da gieng er mit Cavina (weil
Klingenfeld sich nicht dahin wagen wolte/) selber
zum Podesta, als eben die Soldaten mit dem Troll
auch in den Pallast tratten. Es war ein grosser Zu-
lauff von Volck daselbst/ welche den verkleideten Ju-
den sehen wolten/ und so bald sich der Podesta, oder
Gouverneur, so ein fürnehmer Venetianischer Edel-
mann war/ praesentirete/ tratt der Printz zu ihm/ und
sagete: Mein Herr/ verfahret nicht zu strenge mit
dem Gefangenen/ er ist mein Diener/ und weder ein
Jud/ noch ein Dieb/ worüber er aber gefangen wor-
den/ ist eine sonderliche Sache/ die wir zur Ergötzlich-
keit für uns angestellet hatten. Der Podesta sagete:
Jch glaube weder euch/ noch diesen leichtfertigen Bu-
ben/ die Folter wird die Warheit schon entdecken.
Kaum hatte er dieses gesaget/ als ein junger Edel-
mann/ deß Podesta Vetter/ dem Printzen steiff in die
Augen sahe/ und endlich zu ihm sagete: Sehe ich
recht/ so stehet der junge Printz von Tursis vor uns.
Ob nun dieser gleich gerne unerkandt seyn wolte/
muste er doch anjetzo mit der Warheit hervor/ dan-
nenhero sagete er: Jch erinnere mich/ mein Freund/
daß ich euch in meines Herrn Vattern Diensten ehe-
mahlen gesehen habe. Als nun der Podesta hörete/
daß der Printz de Tursis vor ihm stund/ da tratt er zu
ihm/ bathe ihn demüthig um Verzeyhung/ und ver-
langete zu wissen/ was es eigentlich mit dem Troll für
eine Beschaffenheit habe.

Zu dem Ende giengen sie mit einander in ein
prächtiges Gemach/ Troll/ der nunmehro wieder frey/
folgete seinem Herrn nach/ und sprach zum Gouver-
neur:
Herr/ weil meine Unschuld am hellen Tage li-
get/ so müsset ihr Justitiam administriren/ und mir

mein
X

Romans I. Buch.
doch dieſe Nacht uͤber in Gedult ſtehen/ biß der fol-
gende Morgen anbrach/ da gieng er mit Cavina (weil
Klingenfeld ſich nicht dahin wagen wolte/) ſelber
zum Podeſtà, als eben die Soldaten mit dem Troll
auch in den Pallaſt tratten. Es war ein groſſer Zu-
lauff von Volck daſelbſt/ welche den verkleideten Ju-
den ſehen wolten/ und ſo bald ſich der Podeſtà, oder
Gouverneur, ſo ein fuͤrnehmer Venetianiſcher Edel-
mann war/ præſentirete/ tratt der Printz zu ihm/ und
ſagete: Mein Herꝛ/ verfahret nicht zu ſtrenge mit
dem Gefangenen/ er iſt mein Diener/ und weder ein
Jud/ noch ein Dieb/ woruͤber er aber gefangen wor-
den/ iſt eine ſonderliche Sache/ die wir zur Ergoͤtzlich-
keit fuͤr uns angeſtellet hatten. Der Podeſtà ſagete:
Jch glaube weder euch/ noch dieſen leichtfertigen Bu-
ben/ die Folter wird die Warheit ſchon entdecken.
Kaum hatte er dieſes geſaget/ als ein junger Edel-
mann/ deß Podeſtà Vetter/ dem Printzen ſteiff in die
Augen ſahe/ und endlich zu ihm ſagete: Sehe ich
recht/ ſo ſtehet der junge Printz von Turſis vor uns.
Ob nun dieſer gleich gerne unerkandt ſeyn wolte/
muſte er doch anjetzo mit der Warheit hervor/ dan-
nenhero ſagete er: Jch erinnere mich/ mein Freund/
daß ich euch in meines Herꝛn Vattern Dienſten ehe-
mahlen geſehen habe. Als nun der Podeſtà hoͤrete/
daß der Printz de Turſis vor ihm ſtund/ da tratt er zu
ihm/ bathe ihn demuͤthig um Verzeyhung/ und ver-
langete zu wiſſen/ was es eigentlich mit dem Troll fuͤr
eine Beſchaffenheit habe.

Zu dem Ende giengen ſie mit einander in ein
praͤchtiges Gemach/ Troll/ der nunmehro wieder frey/
folgete ſeinem Herꝛn nach/ und ſprach zum Gouver-
neur:
Herꝛ/ weil meine Unſchuld am hellen Tage li-
get/ ſo muͤſſet ihr Juſtitiam adminiſtriren/ und mir

mein
X
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[321/0335] Romans I. Buch. doch dieſe Nacht uͤber in Gedult ſtehen/ biß der fol- gende Morgen anbrach/ da gieng er mit Cavina (weil Klingenfeld ſich nicht dahin wagen wolte/) ſelber zum Podeſtà, als eben die Soldaten mit dem Troll auch in den Pallaſt tratten. Es war ein groſſer Zu- lauff von Volck daſelbſt/ welche den verkleideten Ju- den ſehen wolten/ und ſo bald ſich der Podeſtà, oder Gouverneur, ſo ein fuͤrnehmer Venetianiſcher Edel- mann war/ præſentirete/ tratt der Printz zu ihm/ und ſagete: Mein Herꝛ/ verfahret nicht zu ſtrenge mit dem Gefangenen/ er iſt mein Diener/ und weder ein Jud/ noch ein Dieb/ woruͤber er aber gefangen wor- den/ iſt eine ſonderliche Sache/ die wir zur Ergoͤtzlich- keit fuͤr uns angeſtellet hatten. Der Podeſtà ſagete: Jch glaube weder euch/ noch dieſen leichtfertigen Bu- ben/ die Folter wird die Warheit ſchon entdecken. Kaum hatte er dieſes geſaget/ als ein junger Edel- mann/ deß Podeſtà Vetter/ dem Printzen ſteiff in die Augen ſahe/ und endlich zu ihm ſagete: Sehe ich recht/ ſo ſtehet der junge Printz von Turſis vor uns. Ob nun dieſer gleich gerne unerkandt ſeyn wolte/ muſte er doch anjetzo mit der Warheit hervor/ dan- nenhero ſagete er: Jch erinnere mich/ mein Freund/ daß ich euch in meines Herꝛn Vattern Dienſten ehe- mahlen geſehen habe. Als nun der Podeſtà hoͤrete/ daß der Printz de Turſis vor ihm ſtund/ da tratt er zu ihm/ bathe ihn demuͤthig um Verzeyhung/ und ver- langete zu wiſſen/ was es eigentlich mit dem Troll fuͤr eine Beſchaffenheit habe. Zu dem Ende giengen ſie mit einander in ein praͤchtiges Gemach/ Troll/ der nunmehro wieder frey/ folgete ſeinem Herꝛn nach/ und ſprach zum Gouver- neur: Herꝛ/ weil meine Unſchuld am hellen Tage li- get/ ſo muͤſſet ihr Juſtitiam adminiſtriren/ und mir mein X

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/335>, abgerufen am 22.11.2024.