Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans I. Buch. zeigete/ und darauf giengen sie auf einander loß. DerHertzog/ und alle Anwesende/ verwunderten sich zum höchsten über diesen Kampff/ und über die hurtige Geschicklichkeit der Kämpffenden/ in 8. Gängen/ die sie mit einander hielten/ kunte keiner dem andern eine einzige Wunde anbringen. Aber im folgenden Gang glitsche der Räuber zur Seiten auß/ daß er zur Erden sanck/ Klingenfeld tratt damahl zurück/ und ließ ihm Zeit/ sich wieder in Postur zu stellen/ welches dem Räu- ber dermassen gefiel/ daß er sprach: O du unbeschreib- liche Teutsche Höflichkeit! warlich/ mein Freund/ die- ser Dienst muß euch belohnet werden. Hierauf thä- ten sie abermahl einen Gang/ in welchem der Räuber einen Stoß in die Pulß-Ader bekam/ welche er vor unheilbar achtete/ dannenhero warff er den Degen von sich/ und verlangete mit Klingenfeld allein zu seyn. Solches ward ihnen gegönnet/ und ein Logi- ment angewiesen. Als sie da hinein gekommen/ band Carniolani ein Schnupfftüchlein um die Wunde/ und sprach: Mein werthester Freund/ euch bekenne ich in meiner Todes-Noth/ daß ich zu Padua von der unzüchtigen Frauen/ eines gewissen gelehrten Manns/ dergestalt zu allerhand üppigen Excessen bin verfüh- ret worden/ daß ich capabel bin gewesen/ mich zu den ärgsten Greuel-Stücken zugebrauchen/ das Schlim- meste ist/ daß ich all mein Geld darbey zugesetzet/ daß auch auß meinem Vatterland ich nichts mehr zuge- warten gehabt/ und weil meine unzüchtige Buhlerin endlich an einer hitzigen und anklebenden Kranckheit gestorben/ hat mich die Desperation, weil ich kein Geld und auch nichts gelernet hatte/ zu dem beruffenen Venetianischen Banditen verleitet/ welche dieser Ends zu rauben und zu morden pflegen/ in dieser Compagnie habe ich schon 2. und 3. Monat zuge- bracht/ J 2
Romans I. Buch. zeigete/ und darauf giengen ſie auf einander loß. DerHertzog/ und alle Anweſende/ verwunderten ſich zum hoͤchſten uͤber dieſen Kampff/ und uͤber die hurtige Geſchicklichkeit der Kaͤmpffenden/ in 8. Gaͤngen/ die ſie mit einander hielten/ kunte keiner dem andern eine einzige Wunde anbringen. Aber im folgenden Gang glitſche der Raͤuber zur Seiten auß/ daß er zur Erden ſanck/ Klingenfeld tratt damahl zuruͤck/ und ließ ihm Zeit/ ſich wieder in Poſtur zu ſtellen/ welches dem Raͤu- ber dermaſſen gefiel/ daß er ſprach: O du unbeſchreib- liche Teutſche Hoͤflichkeit! warlich/ mein Freund/ die- ſer Dienſt muß euch belohnet werden. Hierauf thaͤ- ten ſie abermahl einen Gang/ in welchem der Raͤuber einen Stoß in die Pulß-Ader bekam/ welche er vor unheilbar achtete/ dannenhero warff er den Degen von ſich/ und verlangete mit Klingenfeld allein zu ſeyn. Solches ward ihnen gegoͤnnet/ und ein Logi- ment angewieſen. Als ſie da hinein gekommen/ band Carniolani ein Schnupfftuͤchlein um die Wunde/ und ſprach: Mein wertheſter Freund/ euch bekenne ich in meiner Todes-Noth/ daß ich zu Padua von der unzuͤchtigen Frauen/ eines gewiſſen gelehrten Mañs/ dergeſtalt zu allerhand uͤppigen Exceſſen bin verfuͤh- ret worden/ daß ich capabel bin geweſen/ mich zu den aͤrgſten Greuel-Stuͤcken zugebrauchen/ das Schlim- meſte iſt/ daß ich all mein Geld darbey zugeſetzet/ daß auch auß meinem Vatterland ich nichts mehr zuge- warten gehabt/ und weil meine unzuͤchtige Buhlerin endlich an einer hitzigen und anklebenden Kranckheit geſtorben/ hat mich die Deſperation, weil ich kein Geld und auch nichts gelernet hatte/ zu dem beruffenen Venetianiſchen Banditen verleitet/ welche dieſer Ends zu rauben und zu morden pflegen/ in dieſer Compagnie habe ich ſchon 2. und 3. Monat zuge- bracht/ J 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0143" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/> zeigete/ und darauf giengen ſie auf einander loß. Der<lb/> Hertzog/ und alle Anweſende/ verwunderten ſich zum<lb/> hoͤchſten uͤber dieſen Kampff/ und uͤber die hurtige<lb/> Geſchicklichkeit der Kaͤmpffenden/ in 8. Gaͤngen/ die<lb/> ſie mit einander hielten/ kunte keiner dem andern eine<lb/> einzige Wunde anbringen. Aber im folgenden Gang<lb/> glitſche der Raͤuber zur Seiten auß/ daß er zur Erden<lb/> ſanck/ Klingenfeld tratt damahl zuruͤck/ und ließ ihm<lb/> Zeit/ ſich wieder in <hi rendition="#aq">Poſtur</hi> zu ſtellen/ welches dem Raͤu-<lb/> ber dermaſſen gefiel/ daß er ſprach: O du unbeſchreib-<lb/> liche Teutſche Hoͤflichkeit! warlich/ mein Freund/ die-<lb/> ſer Dienſt muß euch belohnet werden. Hierauf thaͤ-<lb/> ten ſie abermahl einen Gang/ in welchem der Raͤuber<lb/> einen Stoß in die Pulß-Ader bekam/ welche er vor<lb/> unheilbar achtete/ dannenhero warff er den Degen<lb/> von ſich/ und verlangete mit Klingenfeld allein zu<lb/> ſeyn. Solches ward ihnen gegoͤnnet/ und ein <hi rendition="#aq">Logi-<lb/> ment</hi> angewieſen. Als ſie da hinein gekommen/ band<lb/><hi rendition="#aq">Carniolani</hi> ein Schnupfftuͤchlein um die Wunde/<lb/> und ſprach: Mein wertheſter Freund/ euch bekenne<lb/> ich in meiner Todes-Noth/ daß ich zu <hi rendition="#aq">Padua</hi> von der<lb/> unzuͤchtigen Frauen/ eines gewiſſen gelehrten Mañs/<lb/> dergeſtalt zu allerhand uͤppigen <hi rendition="#aq">Exceſſ</hi>en bin verfuͤh-<lb/> ret worden/ daß ich <hi rendition="#aq">capabel</hi> bin geweſen/ mich zu den<lb/> aͤrgſten Greuel-Stuͤcken zugebrauchen/ das Schlim-<lb/> meſte iſt/ daß ich all mein Geld darbey zugeſetzet/ daß<lb/> auch auß meinem Vatterland ich nichts mehr zuge-<lb/> warten gehabt/ und weil meine unzuͤchtige Buhlerin<lb/> endlich an einer hitzigen und anklebenden Kranckheit<lb/> geſtorben/ hat mich die <hi rendition="#aq">Deſperation,</hi> weil ich kein Geld<lb/> und auch nichts gelernet hatte/ zu dem beruffenen<lb/> Venetianiſchen Banditen verleitet/ welche dieſer<lb/> Ends zu rauben und zu morden pflegen/ in dieſer<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie</hi> habe ich ſchon 2. und 3. Monat zuge-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><fw place="bottom" type="catch">bracht/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0143]
Romans I. Buch.
zeigete/ und darauf giengen ſie auf einander loß. Der
Hertzog/ und alle Anweſende/ verwunderten ſich zum
hoͤchſten uͤber dieſen Kampff/ und uͤber die hurtige
Geſchicklichkeit der Kaͤmpffenden/ in 8. Gaͤngen/ die
ſie mit einander hielten/ kunte keiner dem andern eine
einzige Wunde anbringen. Aber im folgenden Gang
glitſche der Raͤuber zur Seiten auß/ daß er zur Erden
ſanck/ Klingenfeld tratt damahl zuruͤck/ und ließ ihm
Zeit/ ſich wieder in Poſtur zu ſtellen/ welches dem Raͤu-
ber dermaſſen gefiel/ daß er ſprach: O du unbeſchreib-
liche Teutſche Hoͤflichkeit! warlich/ mein Freund/ die-
ſer Dienſt muß euch belohnet werden. Hierauf thaͤ-
ten ſie abermahl einen Gang/ in welchem der Raͤuber
einen Stoß in die Pulß-Ader bekam/ welche er vor
unheilbar achtete/ dannenhero warff er den Degen
von ſich/ und verlangete mit Klingenfeld allein zu
ſeyn. Solches ward ihnen gegoͤnnet/ und ein Logi-
ment angewieſen. Als ſie da hinein gekommen/ band
Carniolani ein Schnupfftuͤchlein um die Wunde/
und ſprach: Mein wertheſter Freund/ euch bekenne
ich in meiner Todes-Noth/ daß ich zu Padua von der
unzuͤchtigen Frauen/ eines gewiſſen gelehrten Mañs/
dergeſtalt zu allerhand uͤppigen Exceſſen bin verfuͤh-
ret worden/ daß ich capabel bin geweſen/ mich zu den
aͤrgſten Greuel-Stuͤcken zugebrauchen/ das Schlim-
meſte iſt/ daß ich all mein Geld darbey zugeſetzet/ daß
auch auß meinem Vatterland ich nichts mehr zuge-
warten gehabt/ und weil meine unzuͤchtige Buhlerin
endlich an einer hitzigen und anklebenden Kranckheit
geſtorben/ hat mich die Deſperation, weil ich kein Geld
und auch nichts gelernet hatte/ zu dem beruffenen
Venetianiſchen Banditen verleitet/ welche dieſer
Ends zu rauben und zu morden pflegen/ in dieſer
Compagnie habe ich ſchon 2. und 3. Monat zuge-
bracht/
J 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/143 |
Zitationshilfe: | Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/143>, abgerufen am 25.07.2024. |