Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
seltener/ als ein weisser Rab/ warff Klingenfeld dar-
zwischen: Dann in der Wildnüß wachsen selten
Lorbeer-Bäume/ und unter den Räubern/ und wil-
den Kriegs-Gurgeln bleibet die Keuschheit deß
Frauenzimmers Wunder-selten in unverwelckter
Blüthe. Kan man auch Trauben lesen von den Dor-
nen/ und Feigen von den Disteln/ so wird man auch
Zucht und Frömmigkeit von den Räubern und Sol-
daten hoffen können: Bevorab wann ihnen Feind-
lich zu handeln erlaubet ist. Dann da stürmen sie
nicht allein Wälle und Mauren/ sondern auch Ehre/
Zucht/ samt andern Tugenden/ übern Hauffen/ und
verhängen ihrem geilen Frevel den vollen Zaum. Ja
es ist leyder so weit kommen/ daß/ wann an den Kriegs-
Leuten diese ihnen ungemeine Tugend verlanget
wird/ man schier zu den Heyden in fremde Länder ge-
hen/ und sie von dannen holen muß/ unserer Läufften
und Länder Untugenden damit außzuschänden.

Man schreibet von einem General der wilden
Karayber oder Menschenfresser in den Antilles, oder
Americanischen Vor-Jnsuln/ welcher Baron hieß/
und mit seinem Streiffen so wol den Frantzosen/ als
Engelländern viel zu thun gab/ daß er einsmahls un-
ter andern Einfällen/ so von ihm in die Jnsul Mont-
ferrat
geschehen/ welche die Engelländer besassen/ die
nahe am Meer gelegene Wohnungen verwüstet/ und
eine gewaltige Beute darvon geführet. Unter den
Gefangenen/ so er bekam/ befand sich ein gar schönes
Frauen-Bild/ welches einem Englischen Officier
selbiger Jnsul ehelich angehörete. Diese Frau ließ
er in eines seiner Häuser auf der Jnsul Dominico
bringen/ und allda ehrlicher halten/ weder hre Bey-
sorge vielleicht hatte vermuthet. Sie kam mit einem
schwangern Leib in der Feinde Hände/ und muste ihre

Frucht

Romans II. Buch.
ſeltener/ als ein weiſſer Rab/ warff Klingenfeld dar-
zwiſchen: Dann in der Wildnuͤß wachſen ſelten
Lorbeer-Baͤume/ und unter den Raͤubern/ und wil-
den Kriegs-Gurgeln bleibet die Keuſchheit deß
Frauenzimmers Wunder-ſelten in unverwelckter
Bluͤthe. Kan man auch Trauben leſen von den Dor-
nen/ und Feigen von den Diſteln/ ſo wird man auch
Zucht und Froͤmmigkeit von den Raͤubern und Sol-
daten hoffen koͤnnen: Bevorab wann ihnen Feind-
lich zu handeln erlaubet iſt. Dann da ſtuͤrmen ſie
nicht allein Waͤlle und Mauren/ ſondern auch Ehre/
Zucht/ ſamt andern Tugenden/ uͤbern Hauffen/ und
verhaͤngen ihrem geilen Frevel den vollen Zaum. Ja
es iſt leyder ſo weit kom̃en/ daß/ wann an den Kriegs-
Leuten dieſe ihnen ungemeine Tugend verlanget
wird/ man ſchier zu den Heyden in fremde Laͤnder ge-
hen/ und ſie von dannen holen muß/ unſerer Laͤufften
und Laͤnder Untugenden damit außzuſchaͤnden.

Man ſchreibet von einem General der wilden
Karayber oder Menſchenfreſſer in den Antilles, oder
Americaniſchen Vor-Jnſuln/ welcher Baron hieß/
und mit ſeinem Streiffen ſo wol den Frantzoſen/ als
Engellaͤndern viel zu thun gab/ daß er einsmahls un-
ter andern Einfaͤllen/ ſo von ihm in die Jnſul Mont-
ferrat
geſchehen/ welche die Engellaͤnder beſaſſen/ die
nahe am Meer gelegene Wohnungen verwuͤſtet/ und
eine gewaltige Beute darvon gefuͤhret. Unter den
Gefangenen/ ſo er bekam/ befand ſich ein gar ſchoͤnes
Frauen-Bild/ welches einem Engliſchen Officier
ſelbiger Jnſul ehelich angehoͤrete. Dieſe Frau ließ
er in eines ſeiner Haͤuſer auf der Jnſul Dominico
bringen/ und allda ehrlicher halten/ weder hre Bey-
ſorge vielleicht hatte vermuthet. Sie kam mit einem
ſchwangern Leib in der Feinde Haͤnde/ und muſte ihre

Frucht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1027" n="1005"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;eltener/ als ein wei&#x017F;&#x017F;er Rab/ warff Klingenfeld dar-<lb/>
zwi&#x017F;chen: Dann in der Wildnu&#x0364;ß wach&#x017F;en &#x017F;elten<lb/>
Lorbeer-Ba&#x0364;ume/ und unter den Ra&#x0364;ubern/ und wil-<lb/>
den Kriegs-Gurgeln bleibet die Keu&#x017F;chheit deß<lb/>
Frauenzimmers Wunder-&#x017F;elten in unverwelckter<lb/>
Blu&#x0364;the. Kan man auch Trauben le&#x017F;en von den Dor-<lb/>
nen/ und Feigen von den Di&#x017F;teln/ &#x017F;o wird man auch<lb/>
Zucht und Fro&#x0364;mmigkeit von den Ra&#x0364;ubern und Sol-<lb/>
daten hoffen ko&#x0364;nnen: Bevorab wann ihnen Feind-<lb/>
lich zu handeln erlaubet i&#x017F;t. Dann da &#x017F;tu&#x0364;rmen &#x017F;ie<lb/>
nicht allein Wa&#x0364;lle und Mauren/ &#x017F;ondern auch Ehre/<lb/>
Zucht/ &#x017F;amt andern Tugenden/ u&#x0364;bern Hauffen/ und<lb/>
verha&#x0364;ngen ihrem geilen Frevel den vollen Zaum. Ja<lb/>
es i&#x017F;t leyder &#x017F;o weit kom&#x0303;en/ daß/ wann an den Kriegs-<lb/>
Leuten die&#x017F;e ihnen ungemeine Tugend verlanget<lb/>
wird/ man &#x017F;chier zu den Heyden in fremde La&#x0364;nder ge-<lb/>
hen/ und &#x017F;ie von dannen holen muß/ un&#x017F;erer La&#x0364;ufften<lb/>
und La&#x0364;nder Untugenden damit außzu&#x017F;cha&#x0364;nden.</p><lb/>
          <p>Man &#x017F;chreibet von einem General der wilden<lb/>
Karayber oder Men&#x017F;chenfre&#x017F;&#x017F;er in den <hi rendition="#aq">Antilles,</hi> oder<lb/>
Americani&#x017F;chen Vor-Jn&#x017F;uln/ welcher <hi rendition="#aq">Baron</hi> hieß/<lb/>
und mit &#x017F;einem Streiffen &#x017F;o wol den Frantzo&#x017F;en/ als<lb/>
Engella&#x0364;ndern viel zu thun gab/ daß er einsmahls un-<lb/>
ter andern Einfa&#x0364;llen/ &#x017F;o von ihm in die Jn&#x017F;ul <hi rendition="#aq">Mont-<lb/>
ferrat</hi> ge&#x017F;chehen/ welche die Engella&#x0364;nder be&#x017F;a&#x017F;&#x017F;en/ die<lb/>
nahe am Meer gelegene Wohnungen verwu&#x0364;&#x017F;tet/ und<lb/>
eine gewaltige Beute darvon gefu&#x0364;hret. Unter den<lb/>
Gefangenen/ &#x017F;o er bekam/ befand &#x017F;ich ein gar &#x017F;cho&#x0364;nes<lb/>
Frauen-Bild/ welches einem Engli&#x017F;chen Officier<lb/>
&#x017F;elbiger Jn&#x017F;ul ehelich angeho&#x0364;rete. Die&#x017F;e Frau ließ<lb/>
er in eines &#x017F;einer Ha&#x0364;u&#x017F;er auf der Jn&#x017F;ul <hi rendition="#aq">Dominico</hi><lb/>
bringen/ und allda ehrlicher halten/ weder hre Bey-<lb/>
&#x017F;orge vielleicht hatte vermuthet. Sie kam mit einem<lb/>
&#x017F;chwangern Leib in der Feinde Ha&#x0364;nde/ und mu&#x017F;te ihre<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Frucht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1005/1027] Romans II. Buch. ſeltener/ als ein weiſſer Rab/ warff Klingenfeld dar- zwiſchen: Dann in der Wildnuͤß wachſen ſelten Lorbeer-Baͤume/ und unter den Raͤubern/ und wil- den Kriegs-Gurgeln bleibet die Keuſchheit deß Frauenzimmers Wunder-ſelten in unverwelckter Bluͤthe. Kan man auch Trauben leſen von den Dor- nen/ und Feigen von den Diſteln/ ſo wird man auch Zucht und Froͤmmigkeit von den Raͤubern und Sol- daten hoffen koͤnnen: Bevorab wann ihnen Feind- lich zu handeln erlaubet iſt. Dann da ſtuͤrmen ſie nicht allein Waͤlle und Mauren/ ſondern auch Ehre/ Zucht/ ſamt andern Tugenden/ uͤbern Hauffen/ und verhaͤngen ihrem geilen Frevel den vollen Zaum. Ja es iſt leyder ſo weit kom̃en/ daß/ wann an den Kriegs- Leuten dieſe ihnen ungemeine Tugend verlanget wird/ man ſchier zu den Heyden in fremde Laͤnder ge- hen/ und ſie von dannen holen muß/ unſerer Laͤufften und Laͤnder Untugenden damit außzuſchaͤnden. Man ſchreibet von einem General der wilden Karayber oder Menſchenfreſſer in den Antilles, oder Americaniſchen Vor-Jnſuln/ welcher Baron hieß/ und mit ſeinem Streiffen ſo wol den Frantzoſen/ als Engellaͤndern viel zu thun gab/ daß er einsmahls un- ter andern Einfaͤllen/ ſo von ihm in die Jnſul Mont- ferrat geſchehen/ welche die Engellaͤnder beſaſſen/ die nahe am Meer gelegene Wohnungen verwuͤſtet/ und eine gewaltige Beute darvon gefuͤhret. Unter den Gefangenen/ ſo er bekam/ befand ſich ein gar ſchoͤnes Frauen-Bild/ welches einem Engliſchen Officier ſelbiger Jnſul ehelich angehoͤrete. Dieſe Frau ließ er in eines ſeiner Haͤuſer auf der Jnſul Dominico bringen/ und allda ehrlicher halten/ weder hre Bey- ſorge vielleicht hatte vermuthet. Sie kam mit einem ſchwangern Leib in der Feinde Haͤnde/ und muſte ihre Frucht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1027
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 1005. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/1027>, abgerufen am 03.07.2024.