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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
sichere Fundament seiner Macht. Im burgundischen Reiche, der
Heimat seiner Gemahlin Beatrix, hat er eben damals, nach dem
Frieden, in umfassenderer Weise wieder persönlich die Hoheits-
rechte wahrgenommen und sich zum Zeichen seiner Herrschaft in
Arles zum König krönen lassen (1178). In Italien hatte es zwar
bei dem schon 1175 ausgesprochenen Verzicht auf die Durch-
führung der roncalischen Beschlüsse in der Lombardei, jenem
andern Hauptprogrammpunkte von Reinalds Politik, sein Bewenden
haben müssen, aber die letzten diplomatischen Erfolge des Kaisers
hatten seine Machtstellung doch auch da wieder gehoben. Dem
in sich gespaltenen, dem päpstlichen Einfluß mehr und mehr ent-
rückten Lombardenbunde stand er viel sicherer, als noch vor kurzem,
gegenüber, von Sizilien war vorab nichts zu besorgen; in Mittel-
italien aber war zuletzt der Umfang der kaiserlichen Herrschaft
durchaus behauptet, hier konnten die Tendenzen des unmittelbaren
Beamtenregiments bald mit voller Energie wieder aufgenommen
werden. Damit aber war die Gefahr eines politisch-militärischen
Druckes auf die Kurie erneuert. Nur durch kaiserliche Truppen
hatte Alexander nach Rom zurückgeführt werden können (1178),
ohne daß er sich doch auf die Dauer zu halten vermochte. Bald
genug kam es zu erneuten Reibungen der kaiserlichen und päpst-
lichen Ansprüche. Noch wahrte Alexander durch kluge Zurück-
haltung den Frieden, aber als er 1181 starb, konnte er nicht mit
der gleichen Befriedigung, mit der er auf den dornenreichen, aber
ehrenvollen Kampf seines Lebens zurückblickte, auch in die Zukunft
schauen. Denn Friedrich Barbarossa war unbestritten der erste
Herrscher Europas, und schon hatte mit der Niederwerfung seines
mächtigsten Vasallen in Deutschland die Epoche seiner letzten
großenErfolge begonnen.

§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I.
(1178-1190).

Die Machtstellung Heinrichs des Löwen1) wäre schon durch
die Verbindung des innerlich noch immer kräftigsten, wenn auch
durch Abtrennungen verkleinerten Herzogtums Bayern mit dem in
dem Umfang seiner herzoglichen Gewalt zwar beschränkten, aber
durch die Stärke seines Sondergeistes von je hervorragenden Sachsen

1) Eine wirklich befriedigende Biographie fehlt. Die kurz nacheinander
erschienenen Werke von Prutz (1865) und Philippson (1867) genügen nicht
allen Wünschen. Von Spezialarbeiten sind daneben namentlich die von Heigel-
Riezler für Bayern (1867) und von Weiland für Sachsen (1866) heranzuziehen.

II. Die Zeit der Staufer.
sichere Fundament seiner Macht. Im burgundischen Reiche, der
Heimat seiner Gemahlin Beatrix, hat er eben damals, nach dem
Frieden, in umfassenderer Weise wieder persönlich die Hoheits-
rechte wahrgenommen und sich zum Zeichen seiner Herrschaft in
Arles zum König krönen lassen (1178). In Italien hatte es zwar
bei dem schon 1175 ausgesprochenen Verzicht auf die Durch-
führung der roncalischen Beschlüsse in der Lombardei, jenem
andern Hauptprogrammpunkte von Reinalds Politik, sein Bewenden
haben müssen, aber die letzten diplomatischen Erfolge des Kaisers
hatten seine Machtstellung doch auch da wieder gehoben. Dem
in sich gespaltenen, dem päpstlichen Einfluß mehr und mehr ent-
rückten Lombardenbunde stand er viel sicherer, als noch vor kurzem,
gegenüber, von Sizilien war vorab nichts zu besorgen; in Mittel-
italien aber war zuletzt der Umfang der kaiserlichen Herrschaft
durchaus behauptet, hier konnten die Tendenzen des unmittelbaren
Beamtenregiments bald mit voller Energie wieder aufgenommen
werden. Damit aber war die Gefahr eines politisch-militärischen
Druckes auf die Kurie erneuert. Nur durch kaiserliche Truppen
hatte Alexander nach Rom zurückgeführt werden können (1178),
ohne daß er sich doch auf die Dauer zu halten vermochte. Bald
genug kam es zu erneuten Reibungen der kaiserlichen und päpst-
lichen Ansprüche. Noch wahrte Alexander durch kluge Zurück-
haltung den Frieden, aber als er 1181 starb, konnte er nicht mit
der gleichen Befriedigung, mit der er auf den dornenreichen, aber
ehrenvollen Kampf seines Lebens zurückblickte, auch in die Zukunft
schauen. Denn Friedrich Barbarossa war unbestritten der erste
Herrscher Europas, und schon hatte mit der Niederwerfung seines
mächtigsten Vasallen in Deutschland die Epoche seiner letzten
großenErfolge begonnen.

§ 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I.
(1178‒1190).

Die Machtstellung Heinrichs des Löwen1) wäre schon durch
die Verbindung des innerlich noch immer kräftigsten, wenn auch
durch Abtrennungen verkleinerten Herzogtums Bayern mit dem in
dem Umfang seiner herzoglichen Gewalt zwar beschränkten, aber
durch die Stärke seines Sondergeistes von je hervorragenden Sachsen

1) Eine wirklich befriedigende Biographie fehlt. Die kurz nacheinander
erschienenen Werke von Prutz (1865) und Philippson (1867) genügen nicht
allen Wünschen. Von Spezialarbeiten sind daneben namentlich die von Heigel-
Riezler für Bayern (1867) und von Weiland für Sachsen (1866) heranzuziehen.
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[156/0164] II. Die Zeit der Staufer. sichere Fundament seiner Macht. Im burgundischen Reiche, der Heimat seiner Gemahlin Beatrix, hat er eben damals, nach dem Frieden, in umfassenderer Weise wieder persönlich die Hoheits- rechte wahrgenommen und sich zum Zeichen seiner Herrschaft in Arles zum König krönen lassen (1178). In Italien hatte es zwar bei dem schon 1175 ausgesprochenen Verzicht auf die Durch- führung der roncalischen Beschlüsse in der Lombardei, jenem andern Hauptprogrammpunkte von Reinalds Politik, sein Bewenden haben müssen, aber die letzten diplomatischen Erfolge des Kaisers hatten seine Machtstellung doch auch da wieder gehoben. Dem in sich gespaltenen, dem päpstlichen Einfluß mehr und mehr ent- rückten Lombardenbunde stand er viel sicherer, als noch vor kurzem, gegenüber, von Sizilien war vorab nichts zu besorgen; in Mittel- italien aber war zuletzt der Umfang der kaiserlichen Herrschaft durchaus behauptet, hier konnten die Tendenzen des unmittelbaren Beamtenregiments bald mit voller Energie wieder aufgenommen werden. Damit aber war die Gefahr eines politisch-militärischen Druckes auf die Kurie erneuert. Nur durch kaiserliche Truppen hatte Alexander nach Rom zurückgeführt werden können (1178), ohne daß er sich doch auf die Dauer zu halten vermochte. Bald genug kam es zu erneuten Reibungen der kaiserlichen und päpst- lichen Ansprüche. Noch wahrte Alexander durch kluge Zurück- haltung den Frieden, aber als er 1181 starb, konnte er nicht mit der gleichen Befriedigung, mit der er auf den dornenreichen, aber ehrenvollen Kampf seines Lebens zurückblickte, auch in die Zukunft schauen. Denn Friedrich Barbarossa war unbestritten der erste Herrscher Europas, und schon hatte mit der Niederwerfung seines mächtigsten Vasallen in Deutschland die Epoche seiner letzten großenErfolge begonnen. § 13. Die Zeit der letzten großen Erfolge Friedrichs I. (1178‒1190). Die Machtstellung Heinrichs des Löwen 1) wäre schon durch die Verbindung des innerlich noch immer kräftigsten, wenn auch durch Abtrennungen verkleinerten Herzogtums Bayern mit dem in dem Umfang seiner herzoglichen Gewalt zwar beschränkten, aber durch die Stärke seines Sondergeistes von je hervorragenden Sachsen 1) Eine wirklich befriedigende Biographie fehlt. Die kurz nacheinander erschienenen Werke von Prutz (1865) und Philippson (1867) genügen nicht allen Wünschen. Von Spezialarbeiten sind daneben namentlich die von Heigel- Riezler für Bayern (1867) und von Weiland für Sachsen (1866) heranzuziehen.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/164>, abgerufen am 25.11.2024.