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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
Daher suchte Friedrich sogleich unter scheinbar möglichster Wahrung
der Unparteilichkeit eine europäische Entscheidung durch ein allge-
meines Konzil herbeizuführen, das er nach dem Vorbilde der früheren
römischen und fränkisch-deutschen Kaiser als Schirmvogt der Kirche
nach Pavia berief (1160). Obwohl aber die meisten europäischen
Staaten dorthin ihre Abgesandten schickten, so konnte die Ver-
sammlung mit ihrem Übergewicht von Reichsbischöfen doch schwer-
lich als eine unparteiische Vertretung der Gesamtkirche betrachtet
werden. Es war vorauszusehen, daß sie sich entweder für Viktor
entscheiden oder beide Päpste für unrechtmäßig erklären würde.
Alexander III. aber war klug genug, sie nicht anzuerkennen, da er
als Papst keinen irdischen Richter über sich habe. Das Konzil,
vor dem seine Reichsfeindschaft durch aufgefangene Briefe an die
Mailänder erwiesen wurde, entschied sich nun zwar für die Bannung
Alexanders und die Anerkennung Viktors, aber es befestigte dadurch
doch nur das Schisma, denn die zu erwartende Antwort Alexanders
war die Bannung des Gegenpapstes, des Kaisers und seiner Haupt-
ratgeber. Ein achtzehnjähriger Kampf war damit eröffnet.

Alexander III.1) hat ihn bei aller Schärfe und Kühnheit mit
kluger Besonnenheit und ausharrender Geduld geführt, mehr noch
mit kirchlichen, als kriegerischen Mitteln, trotz aller Leidenschaft im
ganzen doch mit würdevollem Anstand und einem Mindestmaß
persönlicher Verdächtigungen, wie sie völlig in diesen mittelalter-
lichen Kämpfen ja nie fehlen konnten. Zwischen dem leidenschaft-
lichen Stürmer Gregor VII. und dem politischen Rechner Innozenz III.
nimmt er in jeder Hinsicht die Mitte ein. Seine weltgeschichtliche
Aufgabe war, die in dem letzten Jahrhundert errungene Weltstellung
der römischen Kirche unter den schwierigsten Verhältnissen zu be-
haupten, gewissermaßen die Feuerprobe auf die politische Souverä-
nität des Papsttums zu bestehen. Er hat sie bestanden unter
Sorgen, Mühen und Gefahren, aber mit unerschütterlichem Mute,
steigendem Ansehen und schließlichem Erfolg!

Seine Hauptstütze dabei war die Eifersucht der europäischen
Nationen auf die wachsende Macht des Kaisers. Wie tief griff
jetzt allenthalben das Papsttum in die Geschicke der Völker ein!
Seine erneute Abhängigkeit vom Imperium mußte auch sie mittel-

1) Vgl. die zeitgenössische, stark parteiische Biographie des Kardinal-
priesters Boso, der die Arbeit am Papstbuch wieder aufnahm (Duchesne, Liber
pontificalis II, 351 ff. u. von neueren Darstellungen die trotz mancher Ver-
kehrtheiten und heute veralteter Abschnitte noch immer bedeutende Gesamt-
würdigung von H. Reuter, Gesch. A. III. und der Kirche seiner Zeit, 3 Bde.
1860-64. Gegen die ungünstigere Beurteilung A.s durch Hauck vgl. Hist.
Zeitschr. 93, 415.

II. Die Zeit der Staufer.
Daher suchte Friedrich sogleich unter scheinbar möglichster Wahrung
der Unparteilichkeit eine europäische Entscheidung durch ein allge-
meines Konzil herbeizuführen, das er nach dem Vorbilde der früheren
römischen und fränkisch-deutschen Kaiser als Schirmvogt der Kirche
nach Pavia berief (1160). Obwohl aber die meisten europäischen
Staaten dorthin ihre Abgesandten schickten, so konnte die Ver-
sammlung mit ihrem Übergewicht von Reichsbischöfen doch schwer-
lich als eine unparteiische Vertretung der Gesamtkirche betrachtet
werden. Es war vorauszusehen, daß sie sich entweder für Viktor
entscheiden oder beide Päpste für unrechtmäßig erklären würde.
Alexander III. aber war klug genug, sie nicht anzuerkennen, da er
als Papst keinen irdischen Richter über sich habe. Das Konzil,
vor dem seine Reichsfeindschaft durch aufgefangene Briefe an die
Mailänder erwiesen wurde, entschied sich nun zwar für die Bannung
Alexanders und die Anerkennung Viktors, aber es befestigte dadurch
doch nur das Schisma, denn die zu erwartende Antwort Alexanders
war die Bannung des Gegenpapstes, des Kaisers und seiner Haupt-
ratgeber. Ein achtzehnjähriger Kampf war damit eröffnet.

Alexander III.1) hat ihn bei aller Schärfe und Kühnheit mit
kluger Besonnenheit und ausharrender Geduld geführt, mehr noch
mit kirchlichen, als kriegerischen Mitteln, trotz aller Leidenschaft im
ganzen doch mit würdevollem Anstand und einem Mindestmaß
persönlicher Verdächtigungen, wie sie völlig in diesen mittelalter-
lichen Kämpfen ja nie fehlen konnten. Zwischen dem leidenschaft-
lichen Stürmer Gregor VII. und dem politischen Rechner Innozenz III.
nimmt er in jeder Hinsicht die Mitte ein. Seine weltgeschichtliche
Aufgabe war, die in dem letzten Jahrhundert errungene Weltstellung
der römischen Kirche unter den schwierigsten Verhältnissen zu be-
haupten, gewissermaßen die Feuerprobe auf die politische Souverä-
nität des Papsttums zu bestehen. Er hat sie bestanden unter
Sorgen, Mühen und Gefahren, aber mit unerschütterlichem Mute,
steigendem Ansehen und schließlichem Erfolg!

Seine Hauptstütze dabei war die Eifersucht der europäischen
Nationen auf die wachsende Macht des Kaisers. Wie tief griff
jetzt allenthalben das Papsttum in die Geschicke der Völker ein!
Seine erneute Abhängigkeit vom Imperium mußte auch sie mittel-

1) Vgl. die zeitgenössische, stark parteiische Biographie des Kardinal-
priesters Boso, der die Arbeit am Papstbuch wieder aufnahm (Duchesne, Liber
pontificalis II, 351 ff. u. von neueren Darstellungen die trotz mancher Ver-
kehrtheiten und heute veralteter Abschnitte noch immer bedeutende Gesamt-
würdigung von H. Reuter, Gesch. A. III. und der Kirche seiner Zeit, 3 Bde.
1860‒64. Gegen die ungünstigere Beurteilung A.s durch Hauck vgl. Hist.
Zeitschr. 93, 415.
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[136/0144] II. Die Zeit der Staufer. Daher suchte Friedrich sogleich unter scheinbar möglichster Wahrung der Unparteilichkeit eine europäische Entscheidung durch ein allge- meines Konzil herbeizuführen, das er nach dem Vorbilde der früheren römischen und fränkisch-deutschen Kaiser als Schirmvogt der Kirche nach Pavia berief (1160). Obwohl aber die meisten europäischen Staaten dorthin ihre Abgesandten schickten, so konnte die Ver- sammlung mit ihrem Übergewicht von Reichsbischöfen doch schwer- lich als eine unparteiische Vertretung der Gesamtkirche betrachtet werden. Es war vorauszusehen, daß sie sich entweder für Viktor entscheiden oder beide Päpste für unrechtmäßig erklären würde. Alexander III. aber war klug genug, sie nicht anzuerkennen, da er als Papst keinen irdischen Richter über sich habe. Das Konzil, vor dem seine Reichsfeindschaft durch aufgefangene Briefe an die Mailänder erwiesen wurde, entschied sich nun zwar für die Bannung Alexanders und die Anerkennung Viktors, aber es befestigte dadurch doch nur das Schisma, denn die zu erwartende Antwort Alexanders war die Bannung des Gegenpapstes, des Kaisers und seiner Haupt- ratgeber. Ein achtzehnjähriger Kampf war damit eröffnet. Alexander III. 1) hat ihn bei aller Schärfe und Kühnheit mit kluger Besonnenheit und ausharrender Geduld geführt, mehr noch mit kirchlichen, als kriegerischen Mitteln, trotz aller Leidenschaft im ganzen doch mit würdevollem Anstand und einem Mindestmaß persönlicher Verdächtigungen, wie sie völlig in diesen mittelalter- lichen Kämpfen ja nie fehlen konnten. Zwischen dem leidenschaft- lichen Stürmer Gregor VII. und dem politischen Rechner Innozenz III. nimmt er in jeder Hinsicht die Mitte ein. Seine weltgeschichtliche Aufgabe war, die in dem letzten Jahrhundert errungene Weltstellung der römischen Kirche unter den schwierigsten Verhältnissen zu be- haupten, gewissermaßen die Feuerprobe auf die politische Souverä- nität des Papsttums zu bestehen. Er hat sie bestanden unter Sorgen, Mühen und Gefahren, aber mit unerschütterlichem Mute, steigendem Ansehen und schließlichem Erfolg! Seine Hauptstütze dabei war die Eifersucht der europäischen Nationen auf die wachsende Macht des Kaisers. Wie tief griff jetzt allenthalben das Papsttum in die Geschicke der Völker ein! Seine erneute Abhängigkeit vom Imperium mußte auch sie mittel- 1) Vgl. die zeitgenössische, stark parteiische Biographie des Kardinal- priesters Boso, der die Arbeit am Papstbuch wieder aufnahm (Duchesne, Liber pontificalis II, 351 ff. u. von neueren Darstellungen die trotz mancher Ver- kehrtheiten und heute veralteter Abschnitte noch immer bedeutende Gesamt- würdigung von H. Reuter, Gesch. A. III. und der Kirche seiner Zeit, 3 Bde. 1860‒64. Gegen die ungünstigere Beurteilung A.s durch Hauck vgl. Hist. Zeitschr. 93, 415.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/144>, abgerufen am 25.11.2024.