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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinalds v. Dassel (1157-1167).
gewalt eingeschränkten, absoluten und geheiligten Majestät kennen,
wie er dem germanischen Königtum fremd war. Friedrich I. konnte
nach seiner ganzen Vergangenheit und Rechtsanschauung kaum
anders, als ihn für seine Person abzulehnen. Wenn Rahewin ihn
in Roncaglia sagen läßt:
"Obwohl wir den königlichen Namen tragen, so wollen wir doch lieber
ein gesetzliches Regiment führen, das auf Erhaltung der Freiheit und des
Rechtes eines jeden gerichtet ist, als, wie man es als die Art eines Königs
bezeichnet, alles ungestraft zu tun, durch Ungebundenheit übermütig zu werden
und die Pflicht des Regierens in Stolz und Herrschbegier zu verwandeln",

so traf das trotz der sallustischen Phrasen doch wohl den Kern
seiner Auffassung. Und trotzdem ist es nur zu begreiflich, daß
jene der Kronmacht so förderlichen römischen Vorstellungen auf
den Kaiser und seine Umgebung ihren Eindruck nicht verfehlten,
daß sie zunächst in äußeren Formen ihren Niederschlag fanden
und allmählich doch unwiderstehlich zu einer Steigerung des kaiser-
lichen Ansehens und Selbstbewußtseins, zu einer Verschärfung der
imperialistischen Bestrebungen, einer Entnationalisierung des Herr-
schertums und einer Verschiebung des politischen Schwerpunktes im
Reiche führen mußten.1) Man kann die Wirkungen solcher unwäg-
baren Momente nicht mit Händen greifen, aber wie sollten die
besonderen Ansprüche auf Rom als alten Sitz des Kaisertums, die
aus der Wiedererweckung spätantiker Vorstellungen ganz natürlich
erwuchsen, nicht das Verhältnis zum Papsttum verbittern, wie sollten
jene neu erwachenden universalen Herrschaftstendenzen nicht auf
die Beziehungen zu den Königen Europas wirken, wie sollten An-
schauungen, die eine Auflehnung gegen die Majestät als das
schwerste Verbrechen brandmarkten und selbst kaiserliche Zusiche-
rungen für rücknehmbar erklärten, wenn es das Wohl des Staates
erfordere, wie sollten sie nicht den Kampf gegen die Lombarden
verschärfen?

Ähnlich liegt die Sache bei den roncalischen Beschlüssen, die
das Ergebnis jener Kommissionsberatungen waren (Nov. 1158).
Man hat die römisch-rechtlichen Einflüsse darauf übertrieben. Im
Grunde waren alle jene Regalien, die nun unter Zustimmung der
lombardischen Großen und städtischen Konsuln dem Kaiser zu-
gesprochen wurden, zweifellos nur die hergestellten Rechte der

1) Über die von da ab sich vollziehende Umwandlung des durch das
deutsche Königtum charakterisierten Staatsbegriffs in den römisch-kaiserlichen
vergl. neuerdings die sehr lehrreiche Studie von Krammer, D. Reichsgedanke
des stauf. Kaiserhauses 1908, wo m. E. indes der Gegensatz zwischen den
beiden Auffassungen allzu scharf zugespitzt, und das Vorbild, das auch in dieser
Hinsicht Karl d. Gr. und Otto I. mit ihren Nachfolgern boten, zu sehr außer
Acht gelassen wird.
9*

§ 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinalds v. Dassel (1157‒1167).
gewalt eingeschränkten, absoluten und geheiligten Majestät kennen,
wie er dem germanischen Königtum fremd war. Friedrich I. konnte
nach seiner ganzen Vergangenheit und Rechtsanschauung kaum
anders, als ihn für seine Person abzulehnen. Wenn Rahewin ihn
in Roncaglia sagen läßt:
„Obwohl wir den königlichen Namen tragen, so wollen wir doch lieber
ein gesetzliches Regiment führen, das auf Erhaltung der Freiheit und des
Rechtes eines jeden gerichtet ist, als, wie man es als die Art eines Königs
bezeichnet, alles ungestraft zu tun, durch Ungebundenheit übermütig zu werden
und die Pflicht des Regierens in Stolz und Herrschbegier zu verwandeln“,

so traf das trotz der sallustischen Phrasen doch wohl den Kern
seiner Auffassung. Und trotzdem ist es nur zu begreiflich, daß
jene der Kronmacht so förderlichen römischen Vorstellungen auf
den Kaiser und seine Umgebung ihren Eindruck nicht verfehlten,
daß sie zunächst in äußeren Formen ihren Niederschlag fanden
und allmählich doch unwiderstehlich zu einer Steigerung des kaiser-
lichen Ansehens und Selbstbewußtseins, zu einer Verschärfung der
imperialistischen Bestrebungen, einer Entnationalisierung des Herr-
schertums und einer Verschiebung des politischen Schwerpunktes im
Reiche führen mußten.1) Man kann die Wirkungen solcher unwäg-
baren Momente nicht mit Händen greifen, aber wie sollten die
besonderen Ansprüche auf Rom als alten Sitz des Kaisertums, die
aus der Wiedererweckung spätantiker Vorstellungen ganz natürlich
erwuchsen, nicht das Verhältnis zum Papsttum verbittern, wie sollten
jene neu erwachenden universalen Herrschaftstendenzen nicht auf
die Beziehungen zu den Königen Europas wirken, wie sollten An-
schauungen, die eine Auflehnung gegen die Majestät als das
schwerste Verbrechen brandmarkten und selbst kaiserliche Zusiche-
rungen für rücknehmbar erklärten, wenn es das Wohl des Staates
erfordere, wie sollten sie nicht den Kampf gegen die Lombarden
verschärfen?

Ähnlich liegt die Sache bei den roncalischen Beschlüssen, die
das Ergebnis jener Kommissionsberatungen waren (Nov. 1158).
Man hat die römisch-rechtlichen Einflüsse darauf übertrieben. Im
Grunde waren alle jene Regalien, die nun unter Zustimmung der
lombardischen Großen und städtischen Konsuln dem Kaiser zu-
gesprochen wurden, zweifellos nur die hergestellten Rechte der

1) Über die von da ab sich vollziehende Umwandlung des durch das
deutsche Königtum charakterisierten Staatsbegriffs in den römisch-kaiserlichen
vergl. neuerdings die sehr lehrreiche Studie von Krammer, D. Reichsgedanke
des stauf. Kaiserhauses 1908, wo m. E. indes der Gegensatz zwischen den
beiden Auffassungen allzu scharf zugespitzt, und das Vorbild, das auch in dieser
Hinsicht Karl d. Gr. und Otto I. mit ihren Nachfolgern boten, zu sehr außer
Acht gelassen wird.
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[131/0139] § 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinalds v. Dassel (1157‒1167). gewalt eingeschränkten, absoluten und geheiligten Majestät kennen, wie er dem germanischen Königtum fremd war. Friedrich I. konnte nach seiner ganzen Vergangenheit und Rechtsanschauung kaum anders, als ihn für seine Person abzulehnen. Wenn Rahewin ihn in Roncaglia sagen läßt: „Obwohl wir den königlichen Namen tragen, so wollen wir doch lieber ein gesetzliches Regiment führen, das auf Erhaltung der Freiheit und des Rechtes eines jeden gerichtet ist, als, wie man es als die Art eines Königs bezeichnet, alles ungestraft zu tun, durch Ungebundenheit übermütig zu werden und die Pflicht des Regierens in Stolz und Herrschbegier zu verwandeln“, so traf das trotz der sallustischen Phrasen doch wohl den Kern seiner Auffassung. Und trotzdem ist es nur zu begreiflich, daß jene der Kronmacht so förderlichen römischen Vorstellungen auf den Kaiser und seine Umgebung ihren Eindruck nicht verfehlten, daß sie zunächst in äußeren Formen ihren Niederschlag fanden und allmählich doch unwiderstehlich zu einer Steigerung des kaiser- lichen Ansehens und Selbstbewußtseins, zu einer Verschärfung der imperialistischen Bestrebungen, einer Entnationalisierung des Herr- schertums und einer Verschiebung des politischen Schwerpunktes im Reiche führen mußten. 1) Man kann die Wirkungen solcher unwäg- baren Momente nicht mit Händen greifen, aber wie sollten die besonderen Ansprüche auf Rom als alten Sitz des Kaisertums, die aus der Wiedererweckung spätantiker Vorstellungen ganz natürlich erwuchsen, nicht das Verhältnis zum Papsttum verbittern, wie sollten jene neu erwachenden universalen Herrschaftstendenzen nicht auf die Beziehungen zu den Königen Europas wirken, wie sollten An- schauungen, die eine Auflehnung gegen die Majestät als das schwerste Verbrechen brandmarkten und selbst kaiserliche Zusiche- rungen für rücknehmbar erklärten, wenn es das Wohl des Staates erfordere, wie sollten sie nicht den Kampf gegen die Lombarden verschärfen? Ähnlich liegt die Sache bei den roncalischen Beschlüssen, die das Ergebnis jener Kommissionsberatungen waren (Nov. 1158). Man hat die römisch-rechtlichen Einflüsse darauf übertrieben. Im Grunde waren alle jene Regalien, die nun unter Zustimmung der lombardischen Großen und städtischen Konsuln dem Kaiser zu- gesprochen wurden, zweifellos nur die hergestellten Rechte der 1) Über die von da ab sich vollziehende Umwandlung des durch das deutsche Königtum charakterisierten Staatsbegriffs in den römisch-kaiserlichen vergl. neuerdings die sehr lehrreiche Studie von Krammer, D. Reichsgedanke des stauf. Kaiserhauses 1908, wo m. E. indes der Gegensatz zwischen den beiden Auffassungen allzu scharf zugespitzt, und das Vorbild, das auch in dieser Hinsicht Karl d. Gr. und Otto I. mit ihren Nachfolgern boten, zu sehr außer Acht gelassen wird. 9*

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/139>, abgerufen am 24.11.2024.