Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Die Zeit der Staufer.

Konnte dieser Friede der Kurie gegenüber von Dauer sein?
Eine Weile ward er noch durch die Gemeinsamkeit der italienischen
Interessen aufrecht erhalten. Eugen III. sah sich nach wie vor
auf die deutsche Hilfe gegen die aufständischen Römer und feind-
lichen Normannen angewiesen. Friedrich war umso mehr bereit,
sie zu leisten, als er nach der Kaiserkrone verlangte. Sie aus den
Händen der römischen Revolutionäre zu nehmen, die ihm dies
Anerbieten in stolz-überlegenem Tone machten, daran dachte er
nicht entfernt; er hielt hier wie stets an dem historischen Rechte
fest und konnte die Krönung ja auch vom Papst als Gegengabe
erwarten. Kurie und Königtum waren endlich gleichmäßig daran
interessiert, eine erneute Festsetzung der Griechen in Italien unter
dem ehrgeizigen Kaiser Manuel zu verhindern. Diese beiderseitigen
Wünsche fanden ihren Ausdruck in dem Konstanzer Vertrage von
1153. Ein baldiger Romzug sollte dem Papste Sicherheit gegen
seine römischen und normannischen Feinde, dem deutschen König
die Kaiserkrone und die geistliche Hilfe der Kurie gegen alle
Reichsfeinde bringen. Eugen III. erlebte das Unternehmen nicht
mehr (+ 1153), aber auch seine Nachfolger hielten an dem Ver-
trage fest.

Friedrichs erster Romzug (1154/55) nahm noch keinen glän-
zenden Verlauf und konnte in Zielen und Ergebnissen wohl an
die erste Romfahrt Lothars erinnern. Bei den damals noch un-
ausgeglichenen deutschen Gegensätzen bestand das kriegerische Auf-
gebot nur aus 1800 Rittern. Gleichwohl verriet das Auftreten des
Königs ein lange nicht mehr gekanntes, stolzes Selbstbewußtsein.
In der Lombardei klangen bereits vernehmlich die Motive des
künftigen großen Dramas an: das an Lothar anknüpfende Lehens-
gesetz mit seiner gegen die städtischen Aneignungen gerichteten
rückwirkenden Kraft, feindliche Reibungen mit dem trotzigen Mai-
land, die zur Belagerung und Zerstörung seiner Bundesgenossin
Tortona, zum schützenden Eintreten für seine vergewaltigten kleinen
Nachbarn führten, endlich in Bologna die freundschaftliche An-
knüpfung mit den gelehrten Vertretern des zu neuem Leben er-
weckten römischen Rechts. Noch fehlte zur Durchführung des
bereits klar erkennbaren Programms die Macht. Auch Rom gegen-
über war es sehr zweifelhaft, ob man mit den unzulänglichen Streit-
kräften auch nur den zur Krönung nötigen Eintritt erzwungen
haben würde, wenn nicht kurz vorher ein Umschwung zugunsten
der Kurie erfolgt wäre.

Der Wechsel der Zeitströmung ergriff auch das Papsttum
und führte tatkräftige Politiker an die Spitze der Kirche. Ha-
drian IV. (1154-59), bis heute der einzige Engländer auf dem

II. Die Zeit der Staufer.

Konnte dieser Friede der Kurie gegenüber von Dauer sein?
Eine Weile ward er noch durch die Gemeinsamkeit der italienischen
Interessen aufrecht erhalten. Eugen III. sah sich nach wie vor
auf die deutsche Hilfe gegen die aufständischen Römer und feind-
lichen Normannen angewiesen. Friedrich war umso mehr bereit,
sie zu leisten, als er nach der Kaiserkrone verlangte. Sie aus den
Händen der römischen Revolutionäre zu nehmen, die ihm dies
Anerbieten in stolz-überlegenem Tone machten, daran dachte er
nicht entfernt; er hielt hier wie stets an dem historischen Rechte
fest und konnte die Krönung ja auch vom Papst als Gegengabe
erwarten. Kurie und Königtum waren endlich gleichmäßig daran
interessiert, eine erneute Festsetzung der Griechen in Italien unter
dem ehrgeizigen Kaiser Manuel zu verhindern. Diese beiderseitigen
Wünsche fanden ihren Ausdruck in dem Konstanzer Vertrage von
1153. Ein baldiger Romzug sollte dem Papste Sicherheit gegen
seine römischen und normannischen Feinde, dem deutschen König
die Kaiserkrone und die geistliche Hilfe der Kurie gegen alle
Reichsfeinde bringen. Eugen III. erlebte das Unternehmen nicht
mehr († 1153), aber auch seine Nachfolger hielten an dem Ver-
trage fest.

Friedrichs erster Romzug (1154/55) nahm noch keinen glän-
zenden Verlauf und konnte in Zielen und Ergebnissen wohl an
die erste Romfahrt Lothars erinnern. Bei den damals noch un-
ausgeglichenen deutschen Gegensätzen bestand das kriegerische Auf-
gebot nur aus 1800 Rittern. Gleichwohl verriet das Auftreten des
Königs ein lange nicht mehr gekanntes, stolzes Selbstbewußtsein.
In der Lombardei klangen bereits vernehmlich die Motive des
künftigen großen Dramas an: das an Lothar anknüpfende Lehens-
gesetz mit seiner gegen die städtischen Aneignungen gerichteten
rückwirkenden Kraft, feindliche Reibungen mit dem trotzigen Mai-
land, die zur Belagerung und Zerstörung seiner Bundesgenossin
Tortona, zum schützenden Eintreten für seine vergewaltigten kleinen
Nachbarn führten, endlich in Bologna die freundschaftliche An-
knüpfung mit den gelehrten Vertretern des zu neuem Leben er-
weckten römischen Rechts. Noch fehlte zur Durchführung des
bereits klar erkennbaren Programms die Macht. Auch Rom gegen-
über war es sehr zweifelhaft, ob man mit den unzulänglichen Streit-
kräften auch nur den zur Krönung nötigen Eintritt erzwungen
haben würde, wenn nicht kurz vorher ein Umschwung zugunsten
der Kurie erfolgt wäre.

Der Wechsel der Zeitströmung ergriff auch das Papsttum
und führte tatkräftige Politiker an die Spitze der Kirche. Ha-
drian IV. (1154‒59), bis heute der einzige Engländer auf dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0130" n="122"/>
          <fw place="top" type="header">II. Die Zeit der Staufer.</fw><lb/>
          <p>Konnte dieser Friede der Kurie gegenüber von Dauer sein?<lb/>
Eine Weile ward er noch durch die Gemeinsamkeit der italienischen<lb/>
Interessen aufrecht erhalten. Eugen III. sah sich nach wie vor<lb/>
auf die deutsche Hilfe gegen die aufständischen Römer und feind-<lb/>
lichen Normannen angewiesen. Friedrich war umso mehr bereit,<lb/>
sie zu leisten, als er nach der Kaiserkrone verlangte. Sie aus den<lb/>
Händen der römischen Revolutionäre zu nehmen, die ihm dies<lb/>
Anerbieten in stolz-überlegenem Tone machten, daran dachte er<lb/>
nicht entfernt; er hielt hier wie stets an dem historischen Rechte<lb/>
fest und konnte die Krönung ja auch vom Papst als Gegengabe<lb/>
erwarten. Kurie und Königtum waren endlich gleichmäßig daran<lb/>
interessiert, eine erneute Festsetzung der Griechen in Italien unter<lb/>
dem ehrgeizigen Kaiser Manuel zu verhindern. Diese beiderseitigen<lb/>
Wünsche fanden ihren Ausdruck in dem Konstanzer Vertrage von<lb/>
1153. Ein baldiger Romzug sollte dem Papste Sicherheit gegen<lb/>
seine römischen und normannischen Feinde, dem deutschen König<lb/>
die Kaiserkrone und die geistliche Hilfe der Kurie gegen alle<lb/>
Reichsfeinde bringen. Eugen III. erlebte das Unternehmen nicht<lb/>
mehr (&#x2020; 1153), aber auch seine Nachfolger hielten an dem Ver-<lb/>
trage fest.</p><lb/>
          <p>Friedrichs erster Romzug (1154/55) nahm noch keinen glän-<lb/>
zenden Verlauf und konnte in Zielen und Ergebnissen wohl an<lb/>
die erste Romfahrt Lothars erinnern. Bei den damals noch un-<lb/>
ausgeglichenen deutschen Gegensätzen bestand das kriegerische Auf-<lb/>
gebot nur aus 1800 Rittern. Gleichwohl verriet das Auftreten des<lb/>
Königs ein lange nicht mehr gekanntes, stolzes Selbstbewußtsein.<lb/>
In der Lombardei klangen bereits vernehmlich die Motive des<lb/>
künftigen großen Dramas an: das an Lothar anknüpfende Lehens-<lb/>
gesetz mit seiner gegen die städtischen Aneignungen gerichteten<lb/>
rückwirkenden Kraft, feindliche Reibungen mit dem trotzigen Mai-<lb/>
land, die zur Belagerung und Zerstörung seiner Bundesgenossin<lb/>
Tortona, zum schützenden Eintreten für seine vergewaltigten kleinen<lb/>
Nachbarn führten, endlich in Bologna die freundschaftliche An-<lb/>
knüpfung mit den gelehrten Vertretern des zu neuem Leben er-<lb/>
weckten römischen Rechts. Noch fehlte zur Durchführung des<lb/>
bereits klar erkennbaren Programms die Macht. Auch Rom gegen-<lb/>
über war es sehr zweifelhaft, ob man mit den unzulänglichen Streit-<lb/>
kräften auch nur den zur Krönung nötigen Eintritt erzwungen<lb/>
haben würde, wenn nicht kurz vorher ein Umschwung zugunsten<lb/>
der Kurie erfolgt wäre.</p><lb/>
          <p>Der Wechsel der Zeitströmung ergriff auch das Papsttum<lb/>
und führte tatkräftige Politiker an die Spitze der Kirche. Ha-<lb/>
drian IV. (1154&#x2012;59), bis heute der einzige Engländer auf dem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0130] II. Die Zeit der Staufer. Konnte dieser Friede der Kurie gegenüber von Dauer sein? Eine Weile ward er noch durch die Gemeinsamkeit der italienischen Interessen aufrecht erhalten. Eugen III. sah sich nach wie vor auf die deutsche Hilfe gegen die aufständischen Römer und feind- lichen Normannen angewiesen. Friedrich war umso mehr bereit, sie zu leisten, als er nach der Kaiserkrone verlangte. Sie aus den Händen der römischen Revolutionäre zu nehmen, die ihm dies Anerbieten in stolz-überlegenem Tone machten, daran dachte er nicht entfernt; er hielt hier wie stets an dem historischen Rechte fest und konnte die Krönung ja auch vom Papst als Gegengabe erwarten. Kurie und Königtum waren endlich gleichmäßig daran interessiert, eine erneute Festsetzung der Griechen in Italien unter dem ehrgeizigen Kaiser Manuel zu verhindern. Diese beiderseitigen Wünsche fanden ihren Ausdruck in dem Konstanzer Vertrage von 1153. Ein baldiger Romzug sollte dem Papste Sicherheit gegen seine römischen und normannischen Feinde, dem deutschen König die Kaiserkrone und die geistliche Hilfe der Kurie gegen alle Reichsfeinde bringen. Eugen III. erlebte das Unternehmen nicht mehr († 1153), aber auch seine Nachfolger hielten an dem Ver- trage fest. Friedrichs erster Romzug (1154/55) nahm noch keinen glän- zenden Verlauf und konnte in Zielen und Ergebnissen wohl an die erste Romfahrt Lothars erinnern. Bei den damals noch un- ausgeglichenen deutschen Gegensätzen bestand das kriegerische Auf- gebot nur aus 1800 Rittern. Gleichwohl verriet das Auftreten des Königs ein lange nicht mehr gekanntes, stolzes Selbstbewußtsein. In der Lombardei klangen bereits vernehmlich die Motive des künftigen großen Dramas an: das an Lothar anknüpfende Lehens- gesetz mit seiner gegen die städtischen Aneignungen gerichteten rückwirkenden Kraft, feindliche Reibungen mit dem trotzigen Mai- land, die zur Belagerung und Zerstörung seiner Bundesgenossin Tortona, zum schützenden Eintreten für seine vergewaltigten kleinen Nachbarn führten, endlich in Bologna die freundschaftliche An- knüpfung mit den gelehrten Vertretern des zu neuem Leben er- weckten römischen Rechts. Noch fehlte zur Durchführung des bereits klar erkennbaren Programms die Macht. Auch Rom gegen- über war es sehr zweifelhaft, ob man mit den unzulänglichen Streit- kräften auch nur den zur Krönung nötigen Eintritt erzwungen haben würde, wenn nicht kurz vorher ein Umschwung zugunsten der Kurie erfolgt wäre. Der Wechsel der Zeitströmung ergriff auch das Papsttum und führte tatkräftige Politiker an die Spitze der Kirche. Ha- drian IV. (1154‒59), bis heute der einzige Engländer auf dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/130
Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/130>, abgerufen am 25.11.2024.