eröffnet so tiefe Einblicke wie diese in das diplomatische Getriebe der Kampfzeit.
In viele der genannten Geschichtswerke sind zerstreute Briefe eingefügt. Sorgfältiger gepflegt wird die Briefkunst erst seit dem Ende des 11. Jahrh. Von da ab beginnen die wichtigen Sammlungen von unverändert aufgenommenen oder mehr oder weniger zu Formeln verarbeiteten Briefmustern, sogleich für den Ausgang der Salier die höchst wertvolle, in der kaiserlichen Kanzlei eine Zeitlang eifrig benutzte Sammlung des Bamberger Geistlichen Ulrich, der sog. Codex Udalrici bis 1125, mit Zusätzen bis 1134, gedruckt in Jaffes Bibl. V.
Von neueren Darstellungen der Salierzeit sei hier außer den vorn genannten umfassenden Werken noch das fleißige, aber in der politischen Auffassung nicht gerade tief dringende Werk von Manitius, Deutsche Ge- schichte unter den sächs. und sal. Kaisern 1889 genannt. Die wichtigeren Monographien sind an ihrem Ort verzeichnet.
§ 1. Konrad II. (1024-1039).
Als das karolingische Weltreich schon ein Menschenalter nach Karls Tode auseinanderfiel, war es sehr zweifelhaft, ob gegenüber dynastischen Erbteilungsansprüchen, volklichen Verschiedenheiten und provinziellen Sonderentwicklungen auch nur die Teilgebiete sich in ihrem Bestande würden behaupten können. Durch den Vorsprung nationaler Geschlossenheit brachten es zuerst die öst- lichen Reichslande zur endgültigen Ablösung aus der karolingischen Monarchie und zur Errichtung eines selbständigen und einheitlichen deutschen Königtums (911). Aber der Zusammenhalt der aus- einanderstrebenden Stämme ward dauernd doch erst gewährleistet, als Otto d. Gr. an dem festgefügten Bau der deutschen Kirche Gegengewicht und Stütze fand und deren Abhängigkeit von seinem Willen auch nach außen hin durch die Beherrschung des Papst- tums, zu der die Eroberung Italiens führte, sicherstellte. In den schweren Zeitläuften unter Otto III. bestand dieses Regierungs- system seine Belastungsprobe; nur dem staatlichen Sinne des deut- schen Episkopats war es zu danken, daß das Reich in allem Zer- fall sich wenigstens ein starkes Fundament bewahrte, auf dem dann Heinrich II. den Wiederaufbau ganz im Geiste Ottos d. Gr. durch- führen konnte.
Als jetzt mit seinem Tode (1024) das Haus der Ottonen ausstarb, ohne daß die Nachfolgeverhältnisse anderweit geregelt gewesen wären, lag trotzdem jeder Gedanke an ein Auseinander- fallen des Reiches völlig fern. Das nie ganz erloschene Wahlrecht trat wieder in volle Geltung, aber der Erbanspruch des letzt- regierenden Hauses hatte so tief Wurzel gefaßt, daß ernstlich nur zwei Anverwandte weiblicher Linie, die beiden fränkischen Konrade,
§ 1. Konrad II. (1024‒1039).
eröffnet so tiefe Einblicke wie diese in das diplomatische Getriebe der Kampfzeit.
In viele der genannten Geschichtswerke sind zerstreute Briefe eingefügt. Sorgfältiger gepflegt wird die Briefkunst erst seit dem Ende des 11. Jahrh. Von da ab beginnen die wichtigen Sammlungen von unverändert aufgenommenen oder mehr oder weniger zu Formeln verarbeiteten Briefmustern, sogleich für den Ausgang der Salier die höchst wertvolle, in der kaiserlichen Kanzlei eine Zeitlang eifrig benutzte Sammlung des Bamberger Geistlichen Ulrich, der sog. Codex Udalrici bis 1125, mit Zusätzen bis 1134, gedruckt in Jaffés Bibl. V.
Von neueren Darstellungen der Salierzeit sei hier außer den vorn genannten umfassenden Werken noch das fleißige, aber in der politischen Auffassung nicht gerade tief dringende Werk von Manitius, Deutsche Ge- schichte unter den sächs. und sal. Kaisern 1889 genannt. Die wichtigeren Monographien sind an ihrem Ort verzeichnet.
§ 1. Konrad II. (1024‒1039).
Als das karolingische Weltreich schon ein Menschenalter nach Karls Tode auseinanderfiel, war es sehr zweifelhaft, ob gegenüber dynastischen Erbteilungsansprüchen, volklichen Verschiedenheiten und provinziellen Sonderentwicklungen auch nur die Teilgebiete sich in ihrem Bestande würden behaupten können. Durch den Vorsprung nationaler Geschlossenheit brachten es zuerst die öst- lichen Reichslande zur endgültigen Ablösung aus der karolingischen Monarchie und zur Errichtung eines selbständigen und einheitlichen deutschen Königtums (911). Aber der Zusammenhalt der aus- einanderstrebenden Stämme ward dauernd doch erst gewährleistet, als Otto d. Gr. an dem festgefügten Bau der deutschen Kirche Gegengewicht und Stütze fand und deren Abhängigkeit von seinem Willen auch nach außen hin durch die Beherrschung des Papst- tums, zu der die Eroberung Italiens führte, sicherstellte. In den schweren Zeitläuften unter Otto III. bestand dieses Regierungs- system seine Belastungsprobe; nur dem staatlichen Sinne des deut- schen Episkopats war es zu danken, daß das Reich in allem Zer- fall sich wenigstens ein starkes Fundament bewahrte, auf dem dann Heinrich II. den Wiederaufbau ganz im Geiste Ottos d. Gr. durch- führen konnte.
Als jetzt mit seinem Tode (1024) das Haus der Ottonen ausstarb, ohne daß die Nachfolgeverhältnisse anderweit geregelt gewesen wären, lag trotzdem jeder Gedanke an ein Auseinander- fallen des Reiches völlig fern. Das nie ganz erloschene Wahlrecht trat wieder in volle Geltung, aber der Erbanspruch des letzt- regierenden Hauses hatte so tief Wurzel gefaßt, daß ernstlich nur zwei Anverwandte weiblicher Linie, die beiden fränkischen Konrade,
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§ 1. Konrad II. (1024‒1039).
eröffnet so tiefe Einblicke wie diese in das diplomatische Getriebe der
Kampfzeit.
In viele der genannten Geschichtswerke sind zerstreute Briefe eingefügt.
Sorgfältiger gepflegt wird die Briefkunst erst seit dem Ende des 11. Jahrh.
Von da ab beginnen die wichtigen Sammlungen von unverändert aufgenommenen
oder mehr oder weniger zu Formeln verarbeiteten Briefmustern, sogleich für
den Ausgang der Salier die höchst wertvolle, in der kaiserlichen Kanzlei eine
Zeitlang eifrig benutzte Sammlung des Bamberger Geistlichen Ulrich,
der sog. Codex Udalrici bis 1125, mit Zusätzen bis 1134, gedruckt in
Jaffés Bibl. V.
Von neueren Darstellungen der Salierzeit sei hier außer den vorn
genannten umfassenden Werken noch das fleißige, aber in der politischen
Auffassung nicht gerade tief dringende Werk von Manitius, Deutsche Ge-
schichte unter den sächs. und sal. Kaisern 1889 genannt. Die wichtigeren
Monographien sind an ihrem Ort verzeichnet.
§ 1. Konrad II. (1024‒1039).
Als das karolingische Weltreich schon ein Menschenalter nach
Karls Tode auseinanderfiel, war es sehr zweifelhaft, ob gegenüber
dynastischen Erbteilungsansprüchen, volklichen Verschiedenheiten
und provinziellen Sonderentwicklungen auch nur die Teilgebiete
sich in ihrem Bestande würden behaupten können. Durch den
Vorsprung nationaler Geschlossenheit brachten es zuerst die öst-
lichen Reichslande zur endgültigen Ablösung aus der karolingischen
Monarchie und zur Errichtung eines selbständigen und einheitlichen
deutschen Königtums (911). Aber der Zusammenhalt der aus-
einanderstrebenden Stämme ward dauernd doch erst gewährleistet,
als Otto d. Gr. an dem festgefügten Bau der deutschen Kirche
Gegengewicht und Stütze fand und deren Abhängigkeit von seinem
Willen auch nach außen hin durch die Beherrschung des Papst-
tums, zu der die Eroberung Italiens führte, sicherstellte. In den
schweren Zeitläuften unter Otto III. bestand dieses Regierungs-
system seine Belastungsprobe; nur dem staatlichen Sinne des deut-
schen Episkopats war es zu danken, daß das Reich in allem Zer-
fall sich wenigstens ein starkes Fundament bewahrte, auf dem dann
Heinrich II. den Wiederaufbau ganz im Geiste Ottos d. Gr. durch-
führen konnte.
Als jetzt mit seinem Tode (1024) das Haus der Ottonen
ausstarb, ohne daß die Nachfolgeverhältnisse anderweit geregelt
gewesen wären, lag trotzdem jeder Gedanke an ein Auseinander-
fallen des Reiches völlig fern. Das nie ganz erloschene Wahlrecht
trat wieder in volle Geltung, aber der Erbanspruch des letzt-
regierenden Hauses hatte so tief Wurzel gefaßt, daß ernstlich nur
zwei Anverwandte weiblicher Linie, die beiden fränkischen Konrade,
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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/13>, abgerufen am 16.02.2025.
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