Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.II. Die Zeit der Staufer. noch wird die Erinnerung an den großen Sachsenkaiser wachgerufen,wenn Lothar auch während der Krönungsfeierlichkeiten in Rom diese östlichen Verhältnisse im Auge behielt, indem damals (1133) nicht nur dem Bremer Erzbischof seine Hoheitsrechte über die nordischen Reiche entgegen den Ansprüchen des neuen schwedischen Erzbistums Lund vom Papste bestätigt wurden, sondern auch der Versuch gemacht ward, die seit den Tagen Ottos III. preisgegebenen Metropolitanrechte über die polnische Kirche für Norbert als Erz- bischof von Magdeburg wiederherzustellen. Solche Versuche mußten freilich hier wie dort bald genug an dem nationalen Widerstande scheitern. Praktisch wertvoller waren die Missionsbestrebungen; auch hier zeigte der Kaiser wohlwollendes Verständnis, und es ge- reicht ihm zum Verdienst, daß er sowohl das menschenfreundliche Werk des aufopferungsvollen und gesundsinnigen Bischofs Otto von Bamberg1) bei den Pommern mit seiner Teilnahme förderte, als auch die auf das östliche Holstein gerichtete Wirksamkeit des Priesters Vicelin2) in ihren vorbereitenden Anfängen tatkräftig unter- stützte. Er selbst mochte bedauern, daß ihm die Pflichten seines kaiserlichen Amtes nicht noch mehr Muße für diese Dinge ließen. Aber reicher, als durch einzelne Eingriffe, wurden sie ja gefördert durch die Steigerung des Ansehens, die Lothar dem Reiche in dem ganzen weiteren Umkreise des Ostens und Nordens gewann. Hatte er gegen Böhmen im Anfang seiner Regierung eine schwere Nieder- lage erlitten (1126), so stellte sich doch bald das alte Abhängig- keitsverhältnis des Herzogs in besonders freundschaftlichen Formen her. Der dänische König, der sich aus längeren Thronwirren emporrang, huldigte dem deutschen Kaiser (1135). Lothar ver- mittelte in einem Kriege zwischen Ungarn und Polen und hatte auf dem Merseburger Tage von 1135 den Triumph, daß der lange widerspänstige polnische Herzog ihm zum Zeichen seiner Abhängig- keit beim Kirchgang persönlich das Schwert vortrug, den seit zwölf Jahren rückständigen Tribut nachzahlte und die Belehnung mit Pommern und Rügen von ihm empfing. Man kann doch sagen, daß Lothar hier in den nordöstlichen Gebieten bereits eine Rolle vorgezeichnet hat, wie sie ein Menschenalter später sein Enkel Heinrich der Löwe dauernder, wuchtiger und getragen von einer kräftiger flutenden Germanisationsbewegung durchführen sollte. Aber wie kurz währte diese Zeit fruchtbarer Ruhe für Deutsch- 1) Vergl. neben andern Aufzeichnungen die beiden bald nach Mitte des 12. Jh. verfaßten Biographien der Michelsberger Mönche Ebo und Herbord, Jaffe, Bibl. V. 2) Seine Biographie ist enthalten in Helmolds Slawenchronik.
II. Die Zeit der Staufer. noch wird die Erinnerung an den großen Sachsenkaiser wachgerufen,wenn Lothar auch während der Krönungsfeierlichkeiten in Rom diese östlichen Verhältnisse im Auge behielt, indem damals (1133) nicht nur dem Bremer Erzbischof seine Hoheitsrechte über die nordischen Reiche entgegen den Ansprüchen des neuen schwedischen Erzbistums Lund vom Papste bestätigt wurden, sondern auch der Versuch gemacht ward, die seit den Tagen Ottos III. preisgegebenen Metropolitanrechte über die polnische Kirche für Norbert als Erz- bischof von Magdeburg wiederherzustellen. Solche Versuche mußten freilich hier wie dort bald genug an dem nationalen Widerstande scheitern. Praktisch wertvoller waren die Missionsbestrebungen; auch hier zeigte der Kaiser wohlwollendes Verständnis, und es ge- reicht ihm zum Verdienst, daß er sowohl das menschenfreundliche Werk des aufopferungsvollen und gesundsinnigen Bischofs Otto von Bamberg1) bei den Pommern mit seiner Teilnahme förderte, als auch die auf das östliche Holstein gerichtete Wirksamkeit des Priesters Vicelin2) in ihren vorbereitenden Anfängen tatkräftig unter- stützte. Er selbst mochte bedauern, daß ihm die Pflichten seines kaiserlichen Amtes nicht noch mehr Muße für diese Dinge ließen. Aber reicher, als durch einzelne Eingriffe, wurden sie ja gefördert durch die Steigerung des Ansehens, die Lothar dem Reiche in dem ganzen weiteren Umkreise des Ostens und Nordens gewann. Hatte er gegen Böhmen im Anfang seiner Regierung eine schwere Nieder- lage erlitten (1126), so stellte sich doch bald das alte Abhängig- keitsverhältnis des Herzogs in besonders freundschaftlichen Formen her. Der dänische König, der sich aus längeren Thronwirren emporrang, huldigte dem deutschen Kaiser (1135). Lothar ver- mittelte in einem Kriege zwischen Ungarn und Polen und hatte auf dem Merseburger Tage von 1135 den Triumph, daß der lange widerspänstige polnische Herzog ihm zum Zeichen seiner Abhängig- keit beim Kirchgang persönlich das Schwert vortrug, den seit zwölf Jahren rückständigen Tribut nachzahlte und die Belehnung mit Pommern und Rügen von ihm empfing. Man kann doch sagen, daß Lothar hier in den nordöstlichen Gebieten bereits eine Rolle vorgezeichnet hat, wie sie ein Menschenalter später sein Enkel Heinrich der Löwe dauernder, wuchtiger und getragen von einer kräftiger flutenden Germanisationsbewegung durchführen sollte. Aber wie kurz währte diese Zeit fruchtbarer Ruhe für Deutsch- 1) Vergl. neben andern Aufzeichnungen die beiden bald nach Mitte des 12. Jh. verfaßten Biographien der Michelsberger Mönche Ebo und Herbord, Jaffé, Bibl. V. 2) Seine Biographie ist enthalten in Helmolds Slawenchronik.
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II. Die Zeit der Staufer.
noch wird die Erinnerung an den großen Sachsenkaiser wachgerufen,
wenn Lothar auch während der Krönungsfeierlichkeiten in Rom
diese östlichen Verhältnisse im Auge behielt, indem damals (1133)
nicht nur dem Bremer Erzbischof seine Hoheitsrechte über die
nordischen Reiche entgegen den Ansprüchen des neuen schwedischen
Erzbistums Lund vom Papste bestätigt wurden, sondern auch der
Versuch gemacht ward, die seit den Tagen Ottos III. preisgegebenen
Metropolitanrechte über die polnische Kirche für Norbert als Erz-
bischof von Magdeburg wiederherzustellen. Solche Versuche mußten
freilich hier wie dort bald genug an dem nationalen Widerstande
scheitern. Praktisch wertvoller waren die Missionsbestrebungen;
auch hier zeigte der Kaiser wohlwollendes Verständnis, und es ge-
reicht ihm zum Verdienst, daß er sowohl das menschenfreundliche
Werk des aufopferungsvollen und gesundsinnigen Bischofs Otto von
Bamberg 1) bei den Pommern mit seiner Teilnahme förderte, als
auch die auf das östliche Holstein gerichtete Wirksamkeit des
Priesters Vicelin 2) in ihren vorbereitenden Anfängen tatkräftig unter-
stützte. Er selbst mochte bedauern, daß ihm die Pflichten seines
kaiserlichen Amtes nicht noch mehr Muße für diese Dinge ließen.
Aber reicher, als durch einzelne Eingriffe, wurden sie ja gefördert
durch die Steigerung des Ansehens, die Lothar dem Reiche in dem
ganzen weiteren Umkreise des Ostens und Nordens gewann. Hatte
er gegen Böhmen im Anfang seiner Regierung eine schwere Nieder-
lage erlitten (1126), so stellte sich doch bald das alte Abhängig-
keitsverhältnis des Herzogs in besonders freundschaftlichen Formen
her. Der dänische König, der sich aus längeren Thronwirren
emporrang, huldigte dem deutschen Kaiser (1135). Lothar ver-
mittelte in einem Kriege zwischen Ungarn und Polen und hatte
auf dem Merseburger Tage von 1135 den Triumph, daß der lange
widerspänstige polnische Herzog ihm zum Zeichen seiner Abhängig-
keit beim Kirchgang persönlich das Schwert vortrug, den seit zwölf
Jahren rückständigen Tribut nachzahlte und die Belehnung mit
Pommern und Rügen von ihm empfing. Man kann doch sagen,
daß Lothar hier in den nordöstlichen Gebieten bereits eine Rolle
vorgezeichnet hat, wie sie ein Menschenalter später sein Enkel
Heinrich der Löwe dauernder, wuchtiger und getragen von einer
kräftiger flutenden Germanisationsbewegung durchführen sollte.
Aber wie kurz währte diese Zeit fruchtbarer Ruhe für Deutsch-
land! Eben in Merseburg drängten alle Gegner König Rogers:
1) Vergl. neben andern Aufzeichnungen die beiden bald nach Mitte des
12. Jh. verfaßten Biographien der Michelsberger Mönche Ebo und Herbord,
Jaffé, Bibl. V.
2) Seine Biographie ist enthalten in Helmolds Slawenchronik.
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