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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 8. Lothar von Supplinburg (1125-1137).
hob und der kraftvollen, jeglichen Fremdkörper im Staate ausschließenden
Krongewalt weitgehende Rechte über die junge sizilische Kirche einräumte,
die übrigens an die älteren Verfügungen Urbans II. anknüpften (1130).

Die von Lothar verlangte Rückführung Innozenz' II. nach Rom
konnte ihn also in die gefährlichsten Kämpfe mit Anaklets Freund
und Lehensmann verwickeln. Waren dafür nicht auch Zugeständ-
nisse zu fordern? Bei einer Zusammenkunft in Lüttich (1131),
bei der Lothar kein Bedenken trug, durch die Marschalldienste,
die er Innozenz leistete, die Überordnung des Papsttums symbo-
lisch zum Ausdruck zu bringen, sprach er in der Tat das Ver-
langen nach einer Wiederherstellung des alten Investiturrechtes aus.
Er hatte bisher den redlichsten Willen bekundet, bei den Bistums-
besetzungen den Bedenken der Kirchlichen entgegenzukommen, und
hatte betreffs der königlichen Gegenwart und seiner Entscheidungs-
befugnis bei zwiespältigen Wahlen nicht einmal den vollen Umfang
der ihm konkordatmäßig verbliebenen Rechte zur Geltung gebracht.
Die Einengung des königlichen Machtkreises, die darin lag, empfand
er jetzt, wo er selbst an der Herrschaft war, doch bitter. Allein
wie hätte die Kirche den mühsam errungenen Teilerfolg leichthin
preisgeben sollen! Hätte selbst Innozenz gewollt, man hätte ihm wider-
standen, wie einst dem Papst Paschalis II. Vor dem Widerspruche
seiner eigenen Bischöfe und der Wucht von Bernhards Beredsamkeit
wich Lothar denn auch sogleich zurück. Wenn man, wie er, die
Möglichkeit eines Konfliktes von vornherein ausschloß, so ließ sich
in diesen Fragen schlechterdings nichts erreichen, und er mußte es
sich auch widerwillig gefallen lassen, wenn man sich rücksichtslose
Eingriffe in seine unzweifelhaften Rechte erlaubte, wie das bald
genug bei der Besetzung des Trierer (1131) und Regensburger (1132)
Stuhles geschah, wo beide Male die Erwählten die Weihe vor der
königlichen Investitur empfingen.

Immerhin lag der von ihm erhoffte Romzug, der ihm die
Kaiserkrone bringen sollte, doch auch in seinem eigenen Interesse,
und die Art der Ausführung (1132/33) bewies, daß er keineswegs
gewillt war, nur die fremden Kastanien aus dem Feuer zu holen.
Denn der Kräfteeinsatz war gering, -- solange die staufischen
Gegner aufrecht standen, durfte er Deutschland nicht von Truppen
entblößen; kümmerlich genug denn auch die Art, wie er sich an
den feindlichen Städten vorbeiwand! Aber bedächtig behielt er
das Reichsinteresse im Auge und ließ sich nicht in Abenteuer
locken. Die Kaiserkrönung, die seine Überlegenheit gegenüber den
Staufern besiegelte, ward ausnahmsweise im Lateran vollzogen, weil
die Peterskirche mit dem größten Teile der Stadt im Besitze Ana-
klets verblieb. Ihn daraus zu vertreiben und seinen Papst in Rom

Hampe, Deutsche Kaisergeschichte. 7

§ 8. Lothar von Supplinburg (1125‒1137).
hob und der kraftvollen, jeglichen Fremdkörper im Staate ausschließenden
Krongewalt weitgehende Rechte über die junge sizilische Kirche einräumte,
die übrigens an die älteren Verfügungen Urbans II. anknüpften (1130).

Die von Lothar verlangte Rückführung Innozenz' II. nach Rom
konnte ihn also in die gefährlichsten Kämpfe mit Anaklets Freund
und Lehensmann verwickeln. Waren dafür nicht auch Zugeständ-
nisse zu fordern? Bei einer Zusammenkunft in Lüttich (1131),
bei der Lothar kein Bedenken trug, durch die Marschalldienste,
die er Innozenz leistete, die Überordnung des Papsttums symbo-
lisch zum Ausdruck zu bringen, sprach er in der Tat das Ver-
langen nach einer Wiederherstellung des alten Investiturrechtes aus.
Er hatte bisher den redlichsten Willen bekundet, bei den Bistums-
besetzungen den Bedenken der Kirchlichen entgegenzukommen, und
hatte betreffs der königlichen Gegenwart und seiner Entscheidungs-
befugnis bei zwiespältigen Wahlen nicht einmal den vollen Umfang
der ihm konkordatmäßig verbliebenen Rechte zur Geltung gebracht.
Die Einengung des königlichen Machtkreises, die darin lag, empfand
er jetzt, wo er selbst an der Herrschaft war, doch bitter. Allein
wie hätte die Kirche den mühsam errungenen Teilerfolg leichthin
preisgeben sollen! Hätte selbst Innozenz gewollt, man hätte ihm wider-
standen, wie einst dem Papst Paschalis II. Vor dem Widerspruche
seiner eigenen Bischöfe und der Wucht von Bernhards Beredsamkeit
wich Lothar denn auch sogleich zurück. Wenn man, wie er, die
Möglichkeit eines Konfliktes von vornherein ausschloß, so ließ sich
in diesen Fragen schlechterdings nichts erreichen, und er mußte es
sich auch widerwillig gefallen lassen, wenn man sich rücksichtslose
Eingriffe in seine unzweifelhaften Rechte erlaubte, wie das bald
genug bei der Besetzung des Trierer (1131) und Regensburger (1132)
Stuhles geschah, wo beide Male die Erwählten die Weihe vor der
königlichen Investitur empfingen.

Immerhin lag der von ihm erhoffte Romzug, der ihm die
Kaiserkrone bringen sollte, doch auch in seinem eigenen Interesse,
und die Art der Ausführung (1132/33) bewies, daß er keineswegs
gewillt war, nur die fremden Kastanien aus dem Feuer zu holen.
Denn der Kräfteeinsatz war gering, — solange die staufischen
Gegner aufrecht standen, durfte er Deutschland nicht von Truppen
entblößen; kümmerlich genug denn auch die Art, wie er sich an
den feindlichen Städten vorbeiwand! Aber bedächtig behielt er
das Reichsinteresse im Auge und ließ sich nicht in Abenteuer
locken. Die Kaiserkrönung, die seine Überlegenheit gegenüber den
Staufern besiegelte, ward ausnahmsweise im Lateran vollzogen, weil
die Peterskirche mit dem größten Teile der Stadt im Besitze Ana-
klets verblieb. Ihn daraus zu vertreiben und seinen Papst in Rom

Hampe, Deutsche Kaisergeschichte. 7
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[97/0105] § 8. Lothar von Supplinburg (1125‒1137). hob und der kraftvollen, jeglichen Fremdkörper im Staate ausschließenden Krongewalt weitgehende Rechte über die junge sizilische Kirche einräumte, die übrigens an die älteren Verfügungen Urbans II. anknüpften (1130). Die von Lothar verlangte Rückführung Innozenz' II. nach Rom konnte ihn also in die gefährlichsten Kämpfe mit Anaklets Freund und Lehensmann verwickeln. Waren dafür nicht auch Zugeständ- nisse zu fordern? Bei einer Zusammenkunft in Lüttich (1131), bei der Lothar kein Bedenken trug, durch die Marschalldienste, die er Innozenz leistete, die Überordnung des Papsttums symbo- lisch zum Ausdruck zu bringen, sprach er in der Tat das Ver- langen nach einer Wiederherstellung des alten Investiturrechtes aus. Er hatte bisher den redlichsten Willen bekundet, bei den Bistums- besetzungen den Bedenken der Kirchlichen entgegenzukommen, und hatte betreffs der königlichen Gegenwart und seiner Entscheidungs- befugnis bei zwiespältigen Wahlen nicht einmal den vollen Umfang der ihm konkordatmäßig verbliebenen Rechte zur Geltung gebracht. Die Einengung des königlichen Machtkreises, die darin lag, empfand er jetzt, wo er selbst an der Herrschaft war, doch bitter. Allein wie hätte die Kirche den mühsam errungenen Teilerfolg leichthin preisgeben sollen! Hätte selbst Innozenz gewollt, man hätte ihm wider- standen, wie einst dem Papst Paschalis II. Vor dem Widerspruche seiner eigenen Bischöfe und der Wucht von Bernhards Beredsamkeit wich Lothar denn auch sogleich zurück. Wenn man, wie er, die Möglichkeit eines Konfliktes von vornherein ausschloß, so ließ sich in diesen Fragen schlechterdings nichts erreichen, und er mußte es sich auch widerwillig gefallen lassen, wenn man sich rücksichtslose Eingriffe in seine unzweifelhaften Rechte erlaubte, wie das bald genug bei der Besetzung des Trierer (1131) und Regensburger (1132) Stuhles geschah, wo beide Male die Erwählten die Weihe vor der königlichen Investitur empfingen. Immerhin lag der von ihm erhoffte Romzug, der ihm die Kaiserkrone bringen sollte, doch auch in seinem eigenen Interesse, und die Art der Ausführung (1132/33) bewies, daß er keineswegs gewillt war, nur die fremden Kastanien aus dem Feuer zu holen. Denn der Kräfteeinsatz war gering, — solange die staufischen Gegner aufrecht standen, durfte er Deutschland nicht von Truppen entblößen; kümmerlich genug denn auch die Art, wie er sich an den feindlichen Städten vorbeiwand! Aber bedächtig behielt er das Reichsinteresse im Auge und ließ sich nicht in Abenteuer locken. Die Kaiserkrönung, die seine Überlegenheit gegenüber den Staufern besiegelte, ward ausnahmsweise im Lateran vollzogen, weil die Peterskirche mit dem größten Teile der Stadt im Besitze Ana- klets verblieb. Ihn daraus zu vertreiben und seinen Papst in Rom Hampe, Deutsche Kaisergeschichte. 7

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/105>, abgerufen am 24.11.2024.