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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
Reichersberg (1093-1169)1), der damals seine reiche und tief-
gehende publizistische Tätigkeit begann, voll mönchischen Eifers,
aber auch voll scharfer und eigenständiger Kritik an der verwelt-
lichten Papstkirche.

Gegen den mächtigen Strom dieser ganzen Bewegung anzu-
schwimmen, wurde für den Einzelnen von Jahr zu Jahr untunlicher;
aber mit ihr war für den Staat ein friedliches Auskommen auch
immerhin eher möglich, als mit den alten, stürmischen Gregorianern.
So begreift es sich, daß Lothar, der überdies der Richtung persön-
lich zugetan war, auf sie die weitestgehende Rücksicht genommen
hat, und daß neben ihr als Machtfaktor das Papsttum zeitweilig
fast zurücktrat. --

Zunächst galt es, für das neue sächsische Königtum, die Be-
deutung eines gesamtdeutschen zu erlangen. Durch die schicksals-
schwere Verbindung mit den Welfen erstreckte es seinen Einfluß
bereits auf Bayern und die schwäbischen Besitzungen jenes Hauses.
Selbständig in Deutschland Fuß zu fassen versuchte es durch seine
Maßnahmen gegen die Staufer. Ihnen als den Privaterben der
Salier konnte deren Hausgut nicht bestritten werden, aber was
sich daneben noch offenkundig als Reichsbesitz dartun ließ, wie
etwa die Stadt Nürnberg, das sprach alsbald ein Fürstengericht
in Regensburg (Nov. 1125) dem neuen Herrscher als Rechtsnach-
folger der Salier zu. Beide Bestandteile waren indes in den da-
maligen Vorstellungen und der damaligen Verwaltung nicht streng
geschieden. Die Staufer betrachteten die Forderung auf Heraus-
gabe jenes Reichsgutes als einen Eingriff in ihre Rechte, und die
Erfolge ihres bewaffneten Widerstandes, der außer ihrem eigenen
schwäbisch-fränkischen Machtbezirk auch in Österreich, Nieder-
lothringen und bei einer Anzahl von Reichsstädten Anklang fand,
ermutigten sie bald zur förmlichen Aufstellung eines Gegenkönigs
in der Person Konrads III., der den fränkischen Herzogtitel führte
und noch nicht, wie sein älterer Bruder Friedrich dem neuen Herrn
gehuldigt hatte (Ende 1127). Auch im nächsten Jahre behauptete
sich dieser trotz päpstlicher Bannung so glücklich, daß er eine Ab-
schwenkung nach Italien wagen konnte. Dort zog er eine Zeit-
lang aus dem Streite Mailands mit der römischen Kurie Gewinn
und empfing vom Erzbischof die italienische Königskrone, aber
sein eigentliches Ziel, auch für das reiche mathildische Gut entgegen
den Ansprüchen des Papsttums das Erbe Heinrichs V. anzutreten,
vermochte er mit seinen geringen Mitteln nicht zu erreichen, die

1) Eine Auswahl seiner für die Beziehungen von Staat u. Kirche höchst
bedeutsamen Schriften M. G. Libelli de lite III.

II. Die Zeit der Staufer.
Reichersberg (1093‒1169)1), der damals seine reiche und tief-
gehende publizistische Tätigkeit begann, voll mönchischen Eifers,
aber auch voll scharfer und eigenständiger Kritik an der verwelt-
lichten Papstkirche.

Gegen den mächtigen Strom dieser ganzen Bewegung anzu-
schwimmen, wurde für den Einzelnen von Jahr zu Jahr untunlicher;
aber mit ihr war für den Staat ein friedliches Auskommen auch
immerhin eher möglich, als mit den alten, stürmischen Gregorianern.
So begreift es sich, daß Lothar, der überdies der Richtung persön-
lich zugetan war, auf sie die weitestgehende Rücksicht genommen
hat, und daß neben ihr als Machtfaktor das Papsttum zeitweilig
fast zurücktrat. —

Zunächst galt es, für das neue sächsische Königtum, die Be-
deutung eines gesamtdeutschen zu erlangen. Durch die schicksals-
schwere Verbindung mit den Welfen erstreckte es seinen Einfluß
bereits auf Bayern und die schwäbischen Besitzungen jenes Hauses.
Selbständig in Deutschland Fuß zu fassen versuchte es durch seine
Maßnahmen gegen die Staufer. Ihnen als den Privaterben der
Salier konnte deren Hausgut nicht bestritten werden, aber was
sich daneben noch offenkundig als Reichsbesitz dartun ließ, wie
etwa die Stadt Nürnberg, das sprach alsbald ein Fürstengericht
in Regensburg (Nov. 1125) dem neuen Herrscher als Rechtsnach-
folger der Salier zu. Beide Bestandteile waren indes in den da-
maligen Vorstellungen und der damaligen Verwaltung nicht streng
geschieden. Die Staufer betrachteten die Forderung auf Heraus-
gabe jenes Reichsgutes als einen Eingriff in ihre Rechte, und die
Erfolge ihres bewaffneten Widerstandes, der außer ihrem eigenen
schwäbisch-fränkischen Machtbezirk auch in Österreich, Nieder-
lothringen und bei einer Anzahl von Reichsstädten Anklang fand,
ermutigten sie bald zur förmlichen Aufstellung eines Gegenkönigs
in der Person Konrads III., der den fränkischen Herzogtitel führte
und noch nicht, wie sein älterer Bruder Friedrich dem neuen Herrn
gehuldigt hatte (Ende 1127). Auch im nächsten Jahre behauptete
sich dieser trotz päpstlicher Bannung so glücklich, daß er eine Ab-
schwenkung nach Italien wagen konnte. Dort zog er eine Zeit-
lang aus dem Streite Mailands mit der römischen Kurie Gewinn
und empfing vom Erzbischof die italienische Königskrone, aber
sein eigentliches Ziel, auch für das reiche mathildische Gut entgegen
den Ansprüchen des Papsttums das Erbe Heinrichs V. anzutreten,
vermochte er mit seinen geringen Mitteln nicht zu erreichen, die

1) Eine Auswahl seiner für die Beziehungen von Staat u. Kirche höchst
bedeutsamen Schriften M. G. Libelli de lite III.
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[94/0102] II. Die Zeit der Staufer. Reichersberg (1093‒1169) 1), der damals seine reiche und tief- gehende publizistische Tätigkeit begann, voll mönchischen Eifers, aber auch voll scharfer und eigenständiger Kritik an der verwelt- lichten Papstkirche. Gegen den mächtigen Strom dieser ganzen Bewegung anzu- schwimmen, wurde für den Einzelnen von Jahr zu Jahr untunlicher; aber mit ihr war für den Staat ein friedliches Auskommen auch immerhin eher möglich, als mit den alten, stürmischen Gregorianern. So begreift es sich, daß Lothar, der überdies der Richtung persön- lich zugetan war, auf sie die weitestgehende Rücksicht genommen hat, und daß neben ihr als Machtfaktor das Papsttum zeitweilig fast zurücktrat. — Zunächst galt es, für das neue sächsische Königtum, die Be- deutung eines gesamtdeutschen zu erlangen. Durch die schicksals- schwere Verbindung mit den Welfen erstreckte es seinen Einfluß bereits auf Bayern und die schwäbischen Besitzungen jenes Hauses. Selbständig in Deutschland Fuß zu fassen versuchte es durch seine Maßnahmen gegen die Staufer. Ihnen als den Privaterben der Salier konnte deren Hausgut nicht bestritten werden, aber was sich daneben noch offenkundig als Reichsbesitz dartun ließ, wie etwa die Stadt Nürnberg, das sprach alsbald ein Fürstengericht in Regensburg (Nov. 1125) dem neuen Herrscher als Rechtsnach- folger der Salier zu. Beide Bestandteile waren indes in den da- maligen Vorstellungen und der damaligen Verwaltung nicht streng geschieden. Die Staufer betrachteten die Forderung auf Heraus- gabe jenes Reichsgutes als einen Eingriff in ihre Rechte, und die Erfolge ihres bewaffneten Widerstandes, der außer ihrem eigenen schwäbisch-fränkischen Machtbezirk auch in Österreich, Nieder- lothringen und bei einer Anzahl von Reichsstädten Anklang fand, ermutigten sie bald zur förmlichen Aufstellung eines Gegenkönigs in der Person Konrads III., der den fränkischen Herzogtitel führte und noch nicht, wie sein älterer Bruder Friedrich dem neuen Herrn gehuldigt hatte (Ende 1127). Auch im nächsten Jahre behauptete sich dieser trotz päpstlicher Bannung so glücklich, daß er eine Ab- schwenkung nach Italien wagen konnte. Dort zog er eine Zeit- lang aus dem Streite Mailands mit der römischen Kurie Gewinn und empfing vom Erzbischof die italienische Königskrone, aber sein eigentliches Ziel, auch für das reiche mathildische Gut entgegen den Ansprüchen des Papsttums das Erbe Heinrichs V. anzutreten, vermochte er mit seinen geringen Mitteln nicht zu erreichen, die 1) Eine Auswahl seiner für die Beziehungen von Staat u. Kirche höchst bedeutsamen Schriften M. G. Libelli de lite III.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/102>, abgerufen am 24.11.2024.