[Hamann, Johann Georg]: Sokratische Denkwürdigkeiten. Amsterdam [i. e. Königsberg], 1759.lauter Lehnsätze und Zweifel: so gewinnt Die Beziehung und Uebereinstimmung der Die
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lauter Lehnſaͤtze und Zweifel: ſo gewinnt
und verliert der Glaube gleich viel bey dem
geſchickteſten Rabuliſten und ehrlichſten Sach-
walter. Der Glaube iſt kein Werk der Ver-
nunft und kann daher auch keinem Angrif
derſelben unterliegen; weil Glauben ſo we-
nig durch Gruͤnde geſchieht als Schmecken
und Sehen.
Die Beziehung und Uebereinſtimmung der
Begriffe iſt eben daſſelbe in einer Demonſtra-
tion, was Verhaͤltnis und Symmetrie der
Linien, Schallwuͤrbel und Farben in der
muſikaliſchen Compoſition und Malerey iſt.
Der Philoſoph iſt dem Geſetz der Nachah-
mung ſo gut unterworfen als der Poet. Fuͤr
dieſen iſt ſeine Muſe und ihr Hieroglyphi-
ſches Schattenſpiel ſo wahr als die Vernunft
und das Lehrgebaͤude derſelben fuͤr jenen.
Das Schickſal ſetze den groͤſten Weltweiſen
und Dichter in Umſtaͤnde, wo ſie ſich beyde
ſelbſt fuͤhlen; ſo verleugnet der eine ſeine Ver-
nunft und entdeckt uns, daß er keine beſte Welt
glaubt, ſo gut er ſie auch beweiſen kann, und
der andere ſieht ſich ſeiner Muſe und Schutz-
engel beraubt, bey dem Tode ſeiner Meta.
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Zitationshilfe: | [Hamann, Johann Georg]: Sokratische Denkwürdigkeiten. Amsterdam [i. e. Königsberg], 1759, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hamann_denkwuerdigkeiten_1759/54>, abgerufen am 15.08.2024. |