Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und fleißig bestens recommandirt: aber Er selbst wird einsehen, daß Er nicht bleiben kann. Morgen reise ich nach Ofen, und darum muß Er noch heute, diese Stunde fort! Hört Er? -- Ferencz lallte einige unverständliche Worte, während Horvath der Thüre zuschritt, die Klinke in der Hand aber noch einmal sich umwandte und sagte: Daß Er sich aber nicht einbilde, Er könne sich in der Gegend herumtreiben und um mein Haus herumlungern! Das verbitte ich mir und werde Ihm auch das Handwerk zu legen wissen! Er muß fort, gleich und ganz fort! Und damit Gott befohlen! Mit diesen Worten öffnete er die Thüre und verließ, froh, das ihm peinliche Geschäft kurz und entschieden abgethan zu haben, raschen Schrittes das Gemach. So lange noch der Schall von Horvaths Schritten auf Gang und Treppe zu hören war, verharrte Ferencz in zerschmetterter Haltung, die ihm in seiner Gegenwart so gute Dienste geleistet hatte; dann aber schnellte er aus der gebückten Stellung empor; das kaum noch tiefgesenkte Auge funkelte, sich wieder erhebend, von Selbstbewußtsein, das farblos blasse Antlitz glühte vor Freude, und ein häßliches Lächeln hämischen Spottes zuckte um die noch schreckensbleichen Lippen. -- Nichts, gar nichts wissen sie, rief er, raschen, schwungkräftigen Schritts die Stube auf- und niedermessend, nur dumme Selbstquälerei war es, die mich heute Nacht halb verrückt machte! Aber nun ist Alles gut, selbst daß er mir den Abschied gegeben! Zur Entscheidung muß es doch einmal kommen, und fleißig bestens recommandirt: aber Er selbst wird einsehen, daß Er nicht bleiben kann. Morgen reise ich nach Ofen, und darum muß Er noch heute, diese Stunde fort! Hört Er? — Ferencz lallte einige unverständliche Worte, während Horváth der Thüre zuschritt, die Klinke in der Hand aber noch einmal sich umwandte und sagte: Daß Er sich aber nicht einbilde, Er könne sich in der Gegend herumtreiben und um mein Haus herumlungern! Das verbitte ich mir und werde Ihm auch das Handwerk zu legen wissen! Er muß fort, gleich und ganz fort! Und damit Gott befohlen! Mit diesen Worten öffnete er die Thüre und verließ, froh, das ihm peinliche Geschäft kurz und entschieden abgethan zu haben, raschen Schrittes das Gemach. So lange noch der Schall von Horváths Schritten auf Gang und Treppe zu hören war, verharrte Ferencz in zerschmetterter Haltung, die ihm in seiner Gegenwart so gute Dienste geleistet hatte; dann aber schnellte er aus der gebückten Stellung empor; das kaum noch tiefgesenkte Auge funkelte, sich wieder erhebend, von Selbstbewußtsein, das farblos blasse Antlitz glühte vor Freude, und ein häßliches Lächeln hämischen Spottes zuckte um die noch schreckensbleichen Lippen. — Nichts, gar nichts wissen sie, rief er, raschen, schwungkräftigen Schritts die Stube auf- und niedermessend, nur dumme Selbstquälerei war es, die mich heute Nacht halb verrückt machte! Aber nun ist Alles gut, selbst daß er mir den Abschied gegeben! Zur Entscheidung muß es doch einmal kommen, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0050"/> und fleißig bestens recommandirt: aber Er selbst wird einsehen, daß Er nicht bleiben kann. Morgen reise ich nach Ofen, und darum muß Er noch heute, diese Stunde fort! Hört Er? — Ferencz lallte einige unverständliche Worte, während Horváth der Thüre zuschritt, die Klinke in der Hand aber noch einmal sich umwandte und sagte: Daß Er sich aber nicht einbilde, Er könne sich in der Gegend herumtreiben und um mein Haus herumlungern! Das verbitte ich mir und werde Ihm auch das Handwerk zu legen wissen! Er muß fort, gleich und ganz fort! Und damit Gott befohlen! Mit diesen Worten öffnete er die Thüre und verließ, froh, das ihm peinliche Geschäft kurz und entschieden abgethan zu haben, raschen Schrittes das Gemach.</p><lb/> <p>So lange noch der Schall von Horváths Schritten auf Gang und Treppe zu hören war, verharrte Ferencz in zerschmetterter Haltung, die ihm in seiner Gegenwart so gute Dienste geleistet hatte; dann aber schnellte er aus der gebückten Stellung empor; das kaum noch tiefgesenkte Auge funkelte, sich wieder erhebend, von Selbstbewußtsein, das farblos blasse Antlitz glühte vor Freude, und ein häßliches Lächeln hämischen Spottes zuckte um die noch schreckensbleichen Lippen. — Nichts, gar nichts wissen sie, rief er, raschen, schwungkräftigen Schritts die Stube auf- und niedermessend, nur dumme Selbstquälerei war es, die mich heute Nacht halb verrückt machte! Aber nun ist Alles gut, selbst daß er mir den Abschied gegeben! Zur Entscheidung muß es doch einmal kommen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
und fleißig bestens recommandirt: aber Er selbst wird einsehen, daß Er nicht bleiben kann. Morgen reise ich nach Ofen, und darum muß Er noch heute, diese Stunde fort! Hört Er? — Ferencz lallte einige unverständliche Worte, während Horváth der Thüre zuschritt, die Klinke in der Hand aber noch einmal sich umwandte und sagte: Daß Er sich aber nicht einbilde, Er könne sich in der Gegend herumtreiben und um mein Haus herumlungern! Das verbitte ich mir und werde Ihm auch das Handwerk zu legen wissen! Er muß fort, gleich und ganz fort! Und damit Gott befohlen! Mit diesen Worten öffnete er die Thüre und verließ, froh, das ihm peinliche Geschäft kurz und entschieden abgethan zu haben, raschen Schrittes das Gemach.
So lange noch der Schall von Horváths Schritten auf Gang und Treppe zu hören war, verharrte Ferencz in zerschmetterter Haltung, die ihm in seiner Gegenwart so gute Dienste geleistet hatte; dann aber schnellte er aus der gebückten Stellung empor; das kaum noch tiefgesenkte Auge funkelte, sich wieder erhebend, von Selbstbewußtsein, das farblos blasse Antlitz glühte vor Freude, und ein häßliches Lächeln hämischen Spottes zuckte um die noch schreckensbleichen Lippen. — Nichts, gar nichts wissen sie, rief er, raschen, schwungkräftigen Schritts die Stube auf- und niedermessend, nur dumme Selbstquälerei war es, die mich heute Nacht halb verrückt machte! Aber nun ist Alles gut, selbst daß er mir den Abschied gegeben! Zur Entscheidung muß es doch einmal kommen,
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Zitationshilfe: | Halm, Friedrich [d. i. Eligius Franz Joseph von Münch Bellinghausen]: Die Marzipan-Lise. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–70. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/halm_lise_1910/50>, abgerufen am 16.02.2025. |